ZDF-Mann Markus Lanz mit seinem Gast, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD).Bild: Screenshot ZDF
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Seit Wochen liegt das öffentliche Leben in Deutschland still. Die meisten Läden sind geschlossen, dringende Einkäufe des alltäglichen Bedarfs können noch in Supermärkten und Drogerien getätigt werden. Nur: Wie ist dieser alltägliche Bedarf aufzufassen? Die Regelung zur Öffnung einzelner Geschäftszweige obliegt den Bundesländern. So hatte Niedersachsen seine Baumärkte zunächst geschlossen gehalten, vor knapp einer Woche ruderte man dann aber doch zurück und öffnete sie seit vergangenem Samstag wieder für die Bevölkerung.
Diese Entscheidung erläuterte – und verteidigte – Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Dienstagabend bei "Markus Lanz". Niedersachsen läge sehr zentral in Deutschland, sagte er dem ZDF-Moderator: "Alle unsere Nachbarn hatten einen regelrechten Baumarkt-Tourismus." Anstatt zu Hause zu bleiben, hätten die Niedersachsen ihre Baumarkt-Einkäufe eben in benachbarten Bundesländern getätigt. Weil weiter: "Wir haben den Eindruck, dass man viel erklären muss. Aber es gibt einen sehr präzisen Grund für die Öffnungen."
Eine Bemerkung, bei der Gastgeber Markus Lanz direkt nachhakte und bemängelte: "Wir kriegen vieles im Moment zu wenig geklärt."
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil ließ die Baumärkte wieder öffnen.Bild: Screenshot ZDF
Der Politiker ließ sich von dieser kleinen Spitze aber nicht aus der Ruhe bringen, er erklärte:
"Der triftige Grund ist: Wenn sich viele Leute ins Auto setzen und woanders das erledigen, was sie normalerweise auch in der Nähe erledigen, wird es nicht besser. Dadurch konzentrieren wir viele Menschen auf anderen Plätzen."
So habe er mitbekommen, dass große Supermärkte ihr Gartensortiment erweitert hätten, die Menschenschlangen vor den Eingängen hätten sich dadurch nur noch verlängert. Weil kommentierte: "Wir wollen aber Kontakte vermeiden."
Ministerpräsident erklärt Ladenöffnungen: Lanz bleibt skeptisch
Eine Erklärung, die Lanz nicht recht gelten lassen wollte. Was aber, wollte der ZDF-Moderator von Weil wissen, wenn der Baumarkt nun plötzlich Fahrräder und Spielzeug verkauft, oder Blumen im großen Stil? Blumenläden und Fahrradhändler müssten bekanntlich geschlossen bleiben.
"Darüber ärgere ich mich persönlich", antwortete der Ministerpräsident. Es sei nicht gut, wenn andere Geschäftszweige in diese Massenmärkte drängen würden. Und weiter: "Man sollte sich im Sinne des Gemeinwohls zurückhalten." Er räumte aber ein: "Wir werden nicht alle Ungerechtigkeiten am Ende vermeiden können."
Es sei daher wirklich schwer zu sagen, dass ein bestimmter Supermarkt plötzlich keine Gartenprodukte mehr verkaufen könne, wenn er das vorher auch schon getan hätte. Es gäbe seiner Auffassung nach "zu viele unterschiedliche Fallkonstellationen". Die Prämisse des SPD-Politikers: "Lieber die Zahl der Kontakte verringern und die Leute auseinander halten."
Lanz bringt persönliche Erlebnisse ein
Für Markus Lanz schien diese Begründung noch immer unzureichend – er kam auf eine persönliche Erfahrung aus seiner Hamburger Nachbarschaft zu sprechen: In einer Straße dürfe der Fischhändler öffnen, der benachbarte Spielzeughändler aber nicht. Was sei der Sinn dahinter?
"Wir müssen uns so stark wie möglich eingrenzen auf die Gegenstände des alltäglichen Bedarfs", so Stephan Weil. In der kommenden Woche könnte man überlegen, ob man andere Geschäfte wieder zu diesem alltäglichen Bedarf zählen könnte. Aber, so Weil schon ein wenig schroff:
Abschließend wollte Markus Lanz noch von seinem Gast wissen, wie es generell um das Vertrauen der Menschen in die Politik stünde und wie man dieses im besten Fall erhalten könnte. Weil zeigte sich überraschend offen:
"Wir müssen Schwachstellen offen benennen. Denn wir haben nicht für alles die optimale Lösung. Wir erleben aber aktuell eine große Einsicht in der Bevölkerung."
Er sei sich sicher: Die Menschen würden ihr Verhalten auch weiter ändern. Der Ministerpräsident ist optimistisch: "Ich glaube, dass wir aus dieser Zeit gemeinsam sehr viel mitnehmen werden."
(ab)
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