Ann-Kathrin Büüsker hat eine Erklärung dafür, warum Anton Hofreiter nicht der neue Agrarminister wird. ZDF/Screenshot
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Journalistin über Ministerien-Streit der Grünen bei "Lanz": "Kein reines weißes Kartoffel-Kabinett"
03.12.2021, 09:46
Deana Mrkaja
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Die erste Stunde drehte sich am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" um die andauernde Pandemie und die vierte Corona-Welle. Während ein Intensivmediziner davor warnte, dass wir in zwei bis drei Wochen in eine Notsituation in Krankenhäusern geraten und er sich deshalb für eine Impfpflicht ausspricht, ist der Virologe Hendrik Streeck nicht davon überzeugt. Doch nicht nur Corona war das Thema an diesem Abend, sondern auch die internen Debatten der Grünen um die zu vergebenden Ministerposten in der neuen Regierung. Die Journalistin Ann-Kathrin Büüsker ist sich sicher, warum Anton Hofreiter leer ausging.
Im Sommer hätte die Regierung "teilweise die Arbeit eingestellt", kritisiert der Grünen-Politiker Omid Nouripour die geschäftsführende Regierung. "Das geht jetzt aber gegen Jens Spahn", wirft Moderator Markus Lanz direkt ein, "das ist ein saftiger Vorwurf." Doch ohne groß darauf einzugehen, sagt Nouripour in Bezug auf die derzeitige vierte Corona-Welle, dass von der Regierung nichts vorbereitet wurde.
"Es ist bereits der zweite Sommer, der zu Ende ging, und wieder sind alle überrascht."
Omid Nouripour
Als Lanz ihm entgegnet, dass sich alle Parteien weggeduckt hätten, antwortet der 46-Jährige, dass Parteien nicht die Arbeit der Regierung machen könnten. Das sogenannte "Blame Game", wie es Lanz beschreibt, würde er sich schon seit Monaten in der Sendung anhören. Doch da springt dem Grünen-Politiker Ann-Kathrin Büüsker zur Hilfe und bestärkt seine Aussagen. Es sei viel zu wenig über die Notwendigkeit einer Booster-Impfung gesprochen worden – das habe die Regierung versäumt. Stattdessen hätten die Impfzentren geschlossen. "Wie wollen Sie das den Leuten erklären?", fragt sie.
Die Gäste bei "Markus Lanz" (v.l.n.r.): Omid Nouripour, Hendrik Streeck, Ann-Kathrin Büüsker und Bernd Böttiger.ZDF/Screenshot
Der Virologe Hendrik Streeck ist der Meinung, dass man von Israel oder auch England hätte lernen können. Dort habe man bereits sehr früh mit einer dritten Impfung begonnen, weil nachgewiesen wurde, dass der Impfschutz mit der Zeit nachlässt. Man habe mehr "Wahlkampf als Impfwerbung" gemacht. Wenig überrascht von der aktuellen Lage ist der Intensivmediziner Bernd Böttiger: "Wir wissen nicht erst seit diesem Sommer, dass der Winter intensiv wird. Mir war das schon letztes Jahr klar. Und bei den Impfquoten war mir auch im Sommer schon klar, dass wir höchst vorsichtig sein müssen." Seiner Meinung nach habe die Politik nicht auf die Warnungen des Robert-Koch-Institutes gehört, das bereits im September vor einem exponentiellen Wachstum der Inzidenzzahlen gewarnt hatte. Sarkastisch formuliert der Arzt:
"Für das Virus war die Wahl super!"
Bernd Böttiger
Virologe spricht sich gegen bundesweiten Lockdown aus
Bernd Böttiger ist enttäuscht von der Politik. ZDF/Screenshot
"Ich fühle mich von der Politik im Stich gelassen", führt der Arzt weiter aus. Er vergleicht die Lage: "Es ist, als würde man mit 100 km/h durch eine Ortschaft rasen und dabei rote Ampeln missachten." Man würde den Tod von Menschen in Kauf nehmen. Der anwesende Virologe ist trotz der dramatischen Lage nicht für einen bundesweiten Lockdown. Streeck sagt, man müsse die Lage "differenzierter betrachten". Im Süden Deutschlands, insbesondere in Bayern, aber auch in Sachsen, gebe es große Probleme. Andere Teile des Landes hätten jedoch nicht so hohe Infektionsraten.
Obwohl die einzelnen Bundesländer in der Lage waren, strengere Maßnahmen einzuführen, tun sie es nicht. Büüsker ist der Meinung, dass sie es nicht wollten. Sonst müssten die einzelnen Ministerpräsidenten den Ärger der Bürger ausbaden. Wenn die Maßnahmen von der Bundesregierung kämen, wäre es nicht ihr Problem.
Nouripour zur Impfpflicht: "Wir werden nicht drumherum kommen"
Böttiger versucht immer wieder in die Debatte einzubringen, dass es Menschenleben seien, über die gerade gesprochen würde. Er sagt, dass sie als Intensivmediziner zwischen 50 Prozent und – wenn es gut läuft – 65 Prozent der Menschen, die auf der Intensivstation landen, auch retten können: "Ein Drittel der Menschen stirbt. Das muss man sich vor Augen führen. Russisches Roulette ist sicherer." Im Gegensatz zu Streeck spricht er sich für bundeseinheitliche Regeln aus, weil sonst niemand mehr verstünde, wo was gilt.
"Die Welt schaut nach Deutschland und wundert sich", sagt der Arzt, der kürzlich in Italien war und davon berichtet, dass dort schon sehr viel länger strengere Regeln gelten. Schnell dreht es sich in dem Gespräch schließlich auch um eine Impfpflicht. "Ich glaube, wir werden nicht drumherum kommen", sagt Nouripour dazu. Der Politiker sagt, es gäbe keine Möglichkeit, den Menschen, die sich nun 1,5 Jahre an alles gehalten haben, zu erklären, warum es einem erneuten Lockdown bedarf. "Wir müssen die Impfquote erhöhen. Ohne eine Pflicht wird es nicht gehen." Auch Böttiger, der bis vor zwei Wochen noch dagegen war, sagt, er habe seine Meinung geändert und sei nun für eine Pflicht. Doch einer ist an diesem Abend nicht davon überzeugt: Hendrik Streeck.
Hendrik Streeck ist von einer Impfpflicht nicht überzeugt. ZDF/Screenshot
"Wir werden diese Welle nicht durch eine Impfpflicht brechen", erklärt der Virologe. Er habe zwei "Seelen in der Brust", da er wissen, dass dies auch perspektivisch gedacht sei. Trotzdem sei die Schutzdauer der Impfung nicht abzusehen: "Wir wissen nicht, wie lange der Booster hält." Er könne noch nicht ausschließen, dass man sich jedes halbe Jahr impfen lassen müsse. Man müsse erst noch Untersuchungen abwarten. Er ist auch der Überzeugung, dass viele der Ungeimpften eher von Ängsten und Sorgen geplagt seien. Er merkt an, dass er nirgendwo Aufklärungsmöglichkeiten für diese Menschen gebe. Er hält eine gute Beratung für sehr wichtig, um die Menschen von einer Impfung zu überzeugen.
Am Ende der Sendung dreht sich alles noch einmal um die Grünen. Dort wurde in den vergangenen Tage viel gestritten – darüber, wer welchen Posten innerhalb des neuen Kabinetts bekommt. Da die Parteispitze mit Ministerien versorgt zu sein scheint, wird auch Posten des Parteichefs frei. "Werden Sie jetzt Parteichef oder nicht?", fragt Lanz direkt bei Nouripour nach. "Das wird der Parteitag entscheiden", antwortet dieser ruhig. "Können Sie es sich denn vorstellen?" "Ich glaube, es gibt wichtigere Themen als diese", versucht der Politiker die Aufmerksamkeit wieder auf Corona zu lenken. Doch nach etwas Hin und Her gibt er zu:
"Ja, ich möchte mich um den Parteivorsitz bewerben."
Omid Nouripour
"Hallelujah!", sagt Büüsker dazu. Endlich habe jemand eine deutlich Ansage gemacht: "Damit kann man doch arbeiten." Und dann wird es fast schon pathetisch: "Meine Stadt, Frankfurt, und diese Partei haben mir alles gegeben. Ich kann nicht ausreichend dankbar sein. Wenn ich ihnen etwas mit dem Parteivorsitz zurückgeben könnte, wäre mir das eine große Freude", sagt Nouripour.
Doch eigentlich ging es auch nicht nur um den Chefposten der Partei, sondern insbesondere um Ministerien. Bitter für die Grünen ist, dass sie das für Klimathemen wichtige Verkehrsamt an die FDP verloren haben. "Das ist super bitter", beschreibt es Büüsker. Der Grünen-Politiker versucht die Situation für seine Partei zu retten und sagt, dass man andere wichtige Ministerien besetze, wie das Außenministerium, das Agrarministerium oder auch das Umweltministerium. Dabei fragt Lanz direkt nach, was denn nun mit Anton Hofreiter sei. Obwohl dieser Biologe sei, habe man nun Cem Özdemir das Amt des Agrarministers geben. Nouripour versucht sich in Sachlichkeit und nennt, dass es nur wenige Ministerien zu besetzen gab, jedoch zu viele Bewerber.
Die Journalistin Büüsker wagt sich an eine andere These heran. Ihrer Meinung nach hätten die Grünen kein "reines weißes Kartoffel-Kabinett" aufstellen können. Da hakt es auch kurz bei Lanz. "Kein was?" Nouripour betont, dass er das so nicht sagen würde. "Deshalb sage ich es ja für Sie", betont Büüsker und bleibt dabei. Die Grünen legen viel Wert auf Diversität und eine bunte Mischung an Menschen. Zudem habe Özdemir "in Stuttgart ein fantastisches Ergebnis geholt".
Was die Journalistin den Grünen jedoch vorwirft, ist, nicht klar kommuniziert zu haben, dass Annalena Baerbock und Robert Habeck miteinander vereinbart hätten, im Falle ihres Verlierens würde er das Vize-Kanzleramt übernehmen. Das sei vielleicht innerhalb der Partei bekannt gewesen, aber nicht für die Wähler.
Am Ende erzählt Moderator Lanz noch von seinem Traum: Er habe sich immer gewünscht, dass Cem Özedmir als Außenminister auf Recep Tayyip Erdogan trifft – diesen Traum müsste nun Baerbock übernehmen, kommentiert Büüsker zum Schluss.
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