Viele Frauen hatten dem früheren US-Fernsehstar Bill Cosby in der Vergangenheit sexuelle Belästigung vorgeworfen. Nun ist er in einem Zivilprozess schuldig gesprochen worden, vor mehr als 45 Jahren eine Jugendliche sexuell missbraucht zu haben.
Die heute 64-jährige Judy Huth hatte Cosby vorgeworfen, sich 1975 an ihr vergangen zu haben, als sie 16 Jahre alt war. Der Angriff trug sich demnach in der berühmten Playboy Mansion zu, der Villa von "Playboy"-Gründer Hugh Hefner in Los Angeles.
Die Geschworenen im kalifornischen Santa Monica verurteilten den 84-Jährigen am Dienstag zu 500.000 Dollar (rund 475.000 Euro) Schadenersatz an die Klägerin Judy Huth. Es ist Cosbys erste Verurteilung in einem Zivilprozess wegen Missbrauchsvorwürfen.
Laut Huths Anwalt Nathan Goldberg hatte Cosby die Jugendliche zunächst betrunken gemacht und sie anschließend in die Playboy Mansion mitgenommen. In einem Schlafzimmer habe er sich auf sie "gestürzt" und versucht, "seine Hände in ihre Hose zu stecken". Als sie ihm sagte, dass sie ihre Periode habe, habe Cosby sie gezwungen, ihn zu masturbieren, sagte der Anwalt während des zweiwöchigen Prozesses.
Der mit der Sitcom "Die Bill Cosby Show" weltberühmt gewordene Schauspieler, der dem Prozess ferngeblieben war, bestreitet jeglichen Übergriff. Seine Anwälte stellten Huths Beschreibung der Ereignisse in Frage, unter anderem, weil die Klägerin die Datierung der Tat von 1974 auf 1975 geändert hatte.
Huth hatte ihre Klage erst 2014 eingereicht, das Verfahren lag später jahrelang auf Eis. Strafrechtlich gesehen sind die Vorwürfe verjährt. Das kalifornische Recht erlaubt aber auch nach der üblichen Verjährungsfrist Zivilklagen von Erwachsenen, die als Minderjährige Opfer sexueller Gewalt wurden.
Nach Angaben ihres Anwalts hatte Huth den Vorfall jahrelang verdrängt. Die Erinnerung wurde demnach wieder wach, als andere Frauen Vorwürfe der sexuellen Gewalt gegen Cosby öffentlich machten. "Es war wie ein Korken, der aus einer Flasche knallt", sagte Anwalt Goldberg während des Prozesses. "Erinnerungen sind an die Oberfläche gekommen."
Mehr als 60 Frauen haben Cosby des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, allerdings sind die meisten Fälle verjährt. In einem Prozess im Bundesstaat Pennsylvania wurde der einstige Schauspiel-Star 2018 schuldig gesprochen, im Jahr 2004 eine Frau sexuell missbraucht zu haben. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Cosby sein Opfer in seinem Haus in der Ostküsten-Metropole Philadelphia unter Drogen gesetzt und sich an der Frau vergangen hatte.
Cosby wurde zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Juni 2021 wurde er dann aber aus der Haft entlassen, nachdem der Oberste Gerichtshof von Pennsylvania das Urteil aus formalen Gründen gekippt hatte.
Der Schauspieler wurde in den USA jahrzehntelang als "America's Dad" verehrt. In der Rolle als liebenswürdiger Arzt und gutmütiger Familienvater in der "Bill Cosby Show" war er einer der beliebtesten TV-Stars des Landes, bevor er wegen der Missbrauchsvorwürfe zum Geächteten wurde. Cosbys Verurteilung 2018 war der erste Schuldspruch gegen einen Prominenten nach Beginn der #MeToo-Bewegung. Die Aufhebung seiner Verurteilung war ein schwerer Rückschlag für die Bewegung.
(ast / afp)