Unter dem Motto "So geht Zukunft!" hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt zur diesjährigen "Woche der Umwelt" geladen. Es geht um gesellschaftliche Veränderung, Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz statt.
Zu Gast bei Steinmeier waren am Donnerstag auch junge Menschen, mit denen der Bundespräsident über "Erwartungen an eine nachhaltige Gesellschaft" sprach.
Mit dabei waren:
"Die Klimakrise hat in der Pandemie keine Pause gemacht", sagte Steinmeier zu Beginn der Diskussion. Es sei eine riesige Aufgabe, die eine Transformation in gesellschaftlicher Hinsicht, eine neue Form der Zusammenarbeit auf internationaler Ebenen erfordere. Doch er habe den Eindruck, dass die Menschen durch die Corona-Pandemie in den letzten Monaten ermüdet seien und an eine Art Belastungsgrenze gelangt seien.
Deshalb wollte er als erstes von dem Diskussionsteilnehmenden wissen, was sich während der Corona-Pandemie verändert habe und ob es schwieriger gewesen sei, Menschen zu überzeugen. "Ich glaube, den Leuten ist sehr stark bewusst geworden, was diese fundamentale Krise für unser Leben bedeutet und wo man Prioritäten setzen muss", sagt Fridays-for-Future-Aktivistin Carla Reemtsma. Aber die politische Antwort auf die Klimakrise sei bisher eher zurückhaltend ausgefallen, fast schon rückschrittig.
Mit Blick auf Volkswagen und die gewerkschaftliche Ebene, sagte der junge Gewerkschafter Koray Korkmaz, habe er den Eindruck, dass die Klimakrise nur als ein Thema von vielen behandelt werde. "Das kann so nicht sein, da sehen wir uns gezwungen, noch mehr zu machen."
Kathrin Muus, die Bundesvorsitzende der Landjugend, berichtete, dass das Thema viel Beachtung im ländlichen Raum gefunden habe. Sie meinte aber auch: "Es muss jeder etwas tun." Es könne nicht sein, dass das Land dies alleine stemme, die Stadt müsse auch mitziehen. Eine CO2-Besteuerung der Benzinpreise sehe sie beispielsweise kritisch. Sie meinte: "Junge Menschen im ländlichen Raum müssen auch Mittel haben, die Stadt zu erreichen."
BUNDjugend-Vorstandsmitglied Myriam Rapior sieht Stadt und Land weniger als getrennte Einheiten. "Ich glaube, dass das zu pauschal gesehen wird. Es gibt viele Pendler und durch Corona-Pandemie haben viele Städter den ländlichen Raum wieder für sich entdeckt."
Für Rapior stellt sich die Frage der Generationengerechtigkeit:
Auch der junge Familienunternehmer Julius Kramer findet es wichtig den Generationengedanken wieder mehr in den Vordergrund zu stellen. „Mein Sohn ist ein Jahr alt und wenn er so alt ist wie ich, soll er einen Lebensraum vorfinden, der lebenswert ist.“
Anknüpfend daran stellte Steinmeier die Frage, wie man persönlich Einfluss nehmen könne. Müsse sich jeder Einzelne die Frage stellen, ob er in den Urlaub fahre oder fliege, fragte der Bundespräsident in die Runde.
"Wir müssen uns von der Illusion verabschieden, dass die Einzelnen die Klimakrise lösen können", sagt FFF-Sprecherin Reemtsma. Einhundert Konzerne seien für 71 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich. "Wir dürfen nicht an der Einzelperson ansetzen und sagen, 'Du musst klimaneutral werden‘'", sagt Reemtsma. Nicht jeder könne sich Bio-Produkte oder nachhaltige Kleidung leisten, auf dem Land seien viele Menschen auf ein Auto angewiesen. Deshalb können aus Reemtsmas Sicht die individuellen Konsumentinnen und Konsumenten die Klimakrise nicht allein lösen. Stattdessen müsse man die Politik und die Wirtschaft in die Verantwortung ziehen.
Die Landjugend-Bundesvorsitzende Muus sieht hingegen auch Einzelpersonen in der Verantwortung: "Ich bin schon der Meinung, dass jedes Individuum bei sich selbst anfangen muss." Ihr sei bewusst, dass bestimmte Einkommensklassen verschiedene Produkte bevorzuge, aber am Ende müsse die beste nachhaltige Lösung für alle erreichbar sein.
"Ein Punkt, der wichtig ist: Die Regionalität muss gestärkt werden", sagt Muus. Während der Corona-Pandemie habe man gemerkt, dass unter den Verbraucherinnen und Verbraucher regionale Produkte gefragt waren. Wenn beispielsweise Landwirten sähen, dass es für bestimmte Produkte größere Absatzmärkte gebe, schlügen diese womöglich nachhaltigere Produktionswege ein. Wenn aber zu viele Forderungen auf einmal auf sie einprasseln würden, gäbe es eine Abwehrhaltung wie bei den Bauernprotesten vor rund einem Jahr.
Und wie sieht es in der Automobilindustrie aus? VW-Jugendvertreter Korkmaz sagt, dass bis 2030 der Anteil der E-Autos in Deutschland deutlich ansteigen solle. Aber im Ausland gebe es immer noch eine Nachfrage für Verbrennungsmotoren. Wenn man nur den CO2-Preis in Deutschland erhöhe, löse man nicht das Problem.
"Es ist richtig, dass wir in der Mobilität CO2-neutral unterwegs sind", sagt Familienunternehmer Kramer. Die Entscheidung, ob das mit Elektromotor, Wasserstroffantrieb oder einer anderen Form geschehe, würde er nicht in die Hände der Politik geben, sondern in die der Wissenschaft. "Weil da sitzen die Know-How-Träger", sagt Kramer. Er sei ein großer Verfechter nicht nur die Mobilität, sondern auch alle anderen Themen "Technologie-offen" zu diskutieren.
An dieser Stelle erwidert FFF-Sprecherin Reemtsma jedoch, dass man nicht unendlich viel Zeit habe "Technologie-offen" zu diskutieren, weil man jetzt Entscheidungen mit Pfadabhängigkeit treffe:
Zum Abschluss fragt Steinmeier, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Diskussionsrunde, ob sie denn mit Blick auf die Klimakrise optimistisch in die Zukunft blicken können.
Rapior von BUNDjugend hat darauf eine klare Antwort: "Wir jungen Menschen haben ja keine Wahl, wir müssen optimistisch in die Zukunft schauen." Auf die junge Generation werden Naturkatastrophen zukommen ebenso wie bewaffnete Konflikte wegen Ressourcenknappheit. "Aber wenn wir nicht optimistisch an die Sache herangehen, müssen wir gleich resignieren", so Rapior.
In der Corona-Pandemie habe man gemerkt, das jedes Individuum einen Unterschied machen kann: Maske aufsetzen, Kontakte reduzieren und Hygieneregeln einhalten. "Dieses Bewusstsein wünsche ich mir auch für die ökologische Frage."