Die Bürger in Deutschland müssen sich in der Corona-Krise auf strengere Kontaktbeschränkungen einstellen - dafür sollen sie Weihnachten im engeren Familien- und Freundeskreis feiern dürfen. Ob Lockerungen auch für Silvester gelten, ist vor neuen Beratungen der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Mittwoch aber noch offen. Für Firmen, die auch im Dezember dicht bleiben sollen, plant der Bund weitere Milliardenhilfen.
Die Ministerpräsidenten der Länder einigten sich auf eine Linie, mit der sie in die Beratungen mit Merkel gehen. Ziel ist es, die weiter hohe Zahl von Corona-Neuinfektionen deutlich zu senken. Allerdings forderten einige Regierungschefs kurz nach den Verhandlungen im Länderkreis bereits Nachschärfungen – Markus Söder zum Beispiel.
Merkel begrüßte die Vorschläge der Ministerpräsidenten, kündigte aber zugleich eigene Vorschläge zur Kontaktreduzierung an. In einigen Bereichen seien gegebenenfalls nochmals spezifische Maßnahmen notwendig, sagte Merkel am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in einer virtuellen Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag.
Die Länder hatten sich auf am Montagabend auf ein gemeinsames Papier geeinigt. Demnach sollen Kontaktbeschränkungen ab Anfang Dezember verschärft werden. Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar aber soll es zu Lockerungen kommen, wie aus einem Beschlussentwurf der Länder für die Beratungen mit Merkel hervorgeht. Er lag der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vor.
Doch welche Pläne haben die Ministerpräsidenten der Länder genau? Ein Überblick.
Ja!
Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown mit der Schließung von Kneipen und Restaurants sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen soll bis mindestes 20. Dezember verlängert werden. Alle nicht notwendigen Kontakte und alle nicht notwendigen Reisen sollen weiter vermieden werden. Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet - allerdings soll die Maskenpflicht nun auch vor Geschäften und auf Parkplätzen gelten. Bei einer Inzidenz von "deutlich" unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen und wenn weitere Bedingungen erfüllt sind, sollen Länder die Möglichkeit bekommen, hiervon abzuweichen. Für extreme Corona-Hotspots sollen Länder wie bisher regionale Verschärfungen beschließen können.
Ja!
Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene Firmen und Einrichtungen sollen im Dezember fortgeführt werden. Der Bund plant Finanzhilfen für betroffene Unternehmen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden Euro, wie die dpa am Dienstag aus Regierungskreisen erfuhr. Details dazu sind bisher unklar. Die Verhandlungen liefen auf Hochtouren.
Geplant ist es. Kontaktbeschränkungen sollen verschärft werden. "Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal fünf Personen zu beschränken", heißt es in dem Länder-Papier, wobei Kinder bis 14 Jahre ausgenommen sein sollen. Für Weihnachten und Silvester soll es aber eine Sonderregelung geben.
Schleswig-Holstein will die strengeren Kontaktbeschränkungen wegen der im Ländervergleich niedrigen Corona-Infektionszahlen nicht mittragen. Private Zusammenkünfte sollen im Norden weiter mit bis zu zehn Personen möglich sein.
Im Zeitraum vom 23. Dezember bis 1. Januar sollen nach dem Willen der Länder Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Menschen bis zu einer Obergrenze von zehn Personen ermöglicht werden. Kinder bis 14 Jahren sollen ausgenommen sein. Damit sollten "Feste im Kreise von Familie und Freunden, wenn auch im kleineren Rahmen, möglich sein", heißt es: "Denn diese Tage sind für den familiären und gesellschaftlichen Zusammenhalt besonders wichtig."
Die Ministerpräsidenten rufen aber dazu auf, sich vor den Weihnachtsfeiertagen in eine möglichst mehrtägige häusliche Selbstquarantäne zu gehen. "Dies kann durch ggf. vorzuziehende Weihnachtsschulferien ab dem 19.12.2020 unterstützt werden", heißt es in dem aktuellen Beschlussentwurf der Länder.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert allerdings eine weitere Verschärfung der bisherigen Länder-Vorschläge. Unter anderem will er noch einmal diskutieren, ob die für Weihnachten angestrebte Lockerung der Kontaktbeschränkungen tatsächlich auch über Silvester gelten soll oder ob der Zeitraum nicht noch verkürzt wird. Auch der baden-württembergische Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hält den Zeitraum der vorgeschlagenen Lockerungen vom 23. Dezember bis zum 1. Januar für zu lang.
Bundesweit soll eine Maskenpflicht gelten "in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind". Und auch in Innenstädten und anderen Orten unter freiem Himmel, "an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten", soll verpflichtend eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden müssen. Die genauen Orte und Zeiten sollen die örtlichen Behörden festlegen. Auch am Arbeitsplatz soll eine Maskenpflicht gelten - außer am Platz, wenn ein 1.5-Meter-Abstand zu weiteren Personen eingehalten wird.
Silvesterfeuerwerk auf belebten öffentlichen Plätzen und Straßen wollen die Ministerpräsidenten untersagen, um größere Gruppenbildungen zu vermeiden. "Die örtlich zuständigen Behörden bestimmen die betroffenen Plätze und Straßen", heißt es im Papier. Grundsätzlich wird "empfohlen", zum Jahreswechsel auf Feuerwerk zu verzichten - ein von SPD-Ländern ins Spiel gebrachte Verkaufsverbot ist aber nicht vorgesehen.
Arbeitgeber sollen nach dem Willen der Länder prüfen, ob Betriebsstätten entweder durch Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 23. Dezember bis 1. Januar geschlossen werden können. Damit solle der Grundsatz "Stay at Home" umgesetzt werden. Bei Wirtschaftsverbänden stießen die Vorschläge auf Kritik.
Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen sollen geöffnet bleiben. Ein flächendeckender Wechselunterricht ist nicht geplant. In Regionen mit deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen soll nach dem Willen der Länder aber künftig ab Klasse sieben grundsätzlich eine Maskenpflicht auch im Unterricht gelten.
Für Grundschüler, Fünft- und Sechstklässler soll eine solche Verpflichtung ebenfalls eingeführt werden können. In "besonderen Infektionshotspots" soll es in älteren Jahrgängen außer Abschlussklassen schulspezifisch "weitergehende Maßnahmen für die Unterrichtsgestaltung" wie Hybridunterricht geben. Um Infektionsketten aufzudecken, sollen in den Schulen außerdem verstärkt Antigen-Schnelltests eingesetzt werden.
Die Ministerpräsidenten schlagen vor, dass Bund und Länder sich einigen, das Zeitintervall der häuslichen Quarantäne grundsätzlich einheitlich auf im Regelfall zehn Tage festzulegen. Das sei mit den zur Verfügung stehenden Antigen-Schnelltests möglich. Merkel sagte in der Unionsfraktion, man versuche, Corona-Schnelltests vor Weihnachten in großem Maße zur Verfügung zu stellen.
Die Ministerpräsidenten wollen den Schutz von Risikogruppen wie Pflegebedürftigen verbessern. So sollen im Rahmen der Corona-Teststrategie je Pflegebedürftigem 20 Schnelltests pro Woche vorgesehen werden. Der Bund soll für die Risikogruppen ab Anfang Dezember gegen eine geringe Eigenbeteiligung die Abgabe von insgesamt 15 FFP2-Masken ermöglichen - also eine pro Winterwoche.
Einen Automatismus zur Verlängerung bestimmter Maßnahmen enthält der Länder-Vorschlag nicht. Dort heißt es aber: "Bund und Länder werden sich bis zum 15. Dezember über das weitere Vorgehen abstimmen." Die Länder gehen demnach "davon aus, dass wegen des hohen Infektionsgeschehens umfassende Beschränkungen auch über den Jahreswechsel hinaus erforderlich sein werden". Merkel kündigte in der Unionsfraktion an, sie werde sich am 14. oder 15. Dezember nochmals mit den Ministerpräsidenten zusammenschalten.
(hau/dpa)