Maskenpflicht in der stark frequentierten Fußgängerzone Ostenhellweg in Dortmund.Bild: www.imago-images.de / Olaf Döring
watson antwortet
Mitten im harten Corona-Winter sollen die
Weihnachtstage ein wenig Entspannung bringen: Ab dem 23. Dezember und
höchstens bis zum 1. Januar sollen zehn Personen im Familien- und
Freundeskreis zusammenkommen können, Kinder bis 14 Jahre nicht
mitgezählt. Doch davor stehen weitere Einschränkungen an. "Wir
brauchen noch einmal eine Kraftanstrengung", betonte Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) am Mittwochabend nach mehrstündigen Beratungen mit den
Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder. "Geduld,
Solidarität, Disziplin werden noch einmal auf eine harte Probe
gestellt."
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller appellierte an
das Verantwortungsbewusstsein der Menschen. "Dinge zu ermöglichen
heißt ja nicht, dass alles genutzt werden muss, was möglich ist",
sagte der SPD-Politiker. Noch sei das Ende der Pandemie nicht
gekommen. "Wir sind in einer Situation, wo es wirklich auch in vielen
Bereichen um Leben und Tod geht." Merkel sagte, man sei sehr davon
abhängig, dass die Bürger auch weiterhin "vernünftig und solidarisch"
seien. "Es ist überhaupt kein Signal der Entwarnung zu geben, sondern
im Gegenteil."
Bild: watson
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) rief ebenfalls zu
Zurückhaltung an den Festtagen und Silvester auf. "Jeder kann helfen,
wirklich jeder", sagte er. Vor Weihnachten wollen Bund und Länder die
Lage erneut bewerten. Zunächst sollen folgende Maßnahmen gelten:
Teil-Lockdown
Kneipen, Restaurants, Kultur- und
Freizeiteinrichtungen sollen bis mindestes 20. Dezember geschlossen
bleiben. Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet, allerdings mit
Maskenpflicht nun auch vor Einzelhandelsgeschäften und auf
Parkplätzen. In Geschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800
Quadratmetern soll sich höchstens eine Person je 10 Quadratmeter
Verkaufsfläche aufhalten. Bei Geschäften, die größer sind, darf auf
die zusätzliche Fläche dann höchstens eine Person pro 20 Quadratmeter
Verkaufsfläche kommen.
Kontaktbeschränkungen
Private Zusammenkünfte mit Freunden,
Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren
Haushalt und in jedem Fall auf fünf Personen zu beschränken, Kinder
bis 14 ausgenommen. Schleswig-Holstein hält an seinen eigenen Regeln
fest.
Mund-Nase-Schutz
In geschlossenen Räumen, die öffentlich
zugänglich sind, hat jeder eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Das
gilt auch für öffentliche Verkehrsmittel und belebte öffentliche Orte – welche das sind, legen die lokalen Behörden fest.
Feuerwerk
Silvesterfeuerwerk auf belebten Plätzen und Straßen
wird untersagt. Grundsätzlich wird "empfohlen", zum Jahreswechsel auf
Feuerwerk zu verzichten. Sachsen appelliert an die eigenen Bürger,
beim Silvesterfeuerwerk besonders auf Mindestabstände zu achten.
Betriebsferien
Arbeitgeber werden "dringend gebeten" zu prüfen,
ob Betriebsstätten durch Betriebsferien oder großzügige
Homeoffice-Lösungen vom 23. Dezember bis 1. Januar schließen können.
Schulen und Kitas
Kinderbetreuung und Schulen sollen offen
bleiben. Vereinbart wurde eine Maskenpflicht im Unterricht ab der 7.
Klasse, abhängig von den regionalen Corona-Zahlen. Als unscharfe
Grenze werden hier im Papier "deutlich mehr" als 50 Neuinfektionen
pro 100 000 Einwohner genannt. Positiv getestete Schüler und ihre
Mitschüler sollen sofort in eine fünftägige Quarantäne. Wer dann
negativ getestet wird, darf die Quarantäne beenden.
Schutz von Risikogruppen und Schnelltests
Der Schutz von
Risikogruppen soll verbessert werden. Für Pflegebedürftige in
Einrichtungen soll es ab dem 1. Dezember mindestens 30 Schnelltests
pro Monat geben.
Bahnverkehr
Um den Reiseverkehr sicherer zu machen, soll die
"Sitzplatzkapazität" deutlich erhöht werden, um noch mehr Abstand
zwischen den Reisenden zu ermöglichen. Die Reservierbarkeit der
Sitzplätze soll parallel dazu beschränkt werden. Die
"Maskenkontrollen" sollen weiter verstärkt werden, so dass täglich
mehr Fernzüge kontrolliert werden.
Finanzhilfen
Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene
Firmen und Einrichtungen sollen im Dezember fortgeführt werden. Der
Bund plant Finanzhilfen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden
Euro, wie die dpa erfuhr.
Städtetagspräsident Burkhard Jung zeigte Verständnis für die
Maßnahmen. "Es schmerzt, dass der Teil-Lockdown fortgesetzt werden
muss. Jetzt die Kontakte noch weiter zu reduzieren, verlangt uns viel
ab", sagte er den Zeitungen der "Funke Mediengruppe". "Aber die
Corona-Lage lässt derzeit nichts anderes zu. Je stärker wir jetzt die
Regeln einhalten, desto besser kommen wir hoffentlich durch den
Winter." Er hoffe auf Lockerungen, wenn Impfstoffe verfügbar seien.
Lauterbach: Lockerungen sind riskant
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte den
"Funke"-Zeitungen, die Lockerungen für Weihnachten und Silvester
seien riskant. Er hoffe, dass daraus kein "Kickstarter für die
Pandemie" entstehe. "Aber die Befürchtung ist, dass schärfere Regeln
für diese Zeit von der Bevölkerung auch nicht akzeptiert würden." Er
räumte ein: "De facto haben wir keine Möglichkeit, die Erhaltung der
Vorschriften wirksam zu kontrollieren. Daher müssen wir an die
Bevölkerung appellieren – und schauen, ob es funktioniert oder
nicht."
Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne
Johna, unterstützte den Appell zum Verzicht auf das
Silvesterfeuerwerk. Die Kliniken seien in der Pandemie ohnehin schon
sehr belastet. "Die Ärztinnen und Ärzte in den Notaufnahmen werden es
allen danken, die keine Raketen zünden und erst recht auf Chinaböller
verzichten. An Silvester müssen jedes Mal schwerste Verletzungen an
Händen und Augen behandelt werden, auch Knalltraumata sind häufige
Folgen", sagte sie den "Funke"-Zeitungen.
Hinzu komme die Belastung von Umwelt und Gesundheit durch
Feinstaub. "Das alles sollten wir uns diesmal bitte sparen." In den
Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschlands verlangte Johna, Bund
und Länder müssten endlich dafür sorgen, dass ausreichend
Schnelltests für Klinikpersonal zur Verfügung stünden.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (GEW),
Marlis Tepe, nannte die Beschlüsse für den Schulbereich "enttäuschend
und riskant". Sie sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, sie hätte
sich stärkere Entscheidungen für den Wechselunterricht gewünscht,
also die Aufteilung von Klassen in Schülergruppen, die dann
abwechselnd zu Hause und in der Schule unterrichtet werden.
(lau/dpa)