Nach mehreren Wochen wurden die Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern erstmals gelockert. Seit Montag gelten neue Regeln.
Kleinere Geschäfte dürfen wieder öffnen, auch der Schulbetrieb läuft langsam wieder an. Doch es gibt vieles zu beachten. Und auch in anderen Bereichen ändern sich einige Dinge. Wir haben für euch alle wichtigen Fragen und Antworten zusammengestellt.
Nach dem Beschluss von Bund und Ländern dürfen alle Geschäfte mit einer Ladenfläche von bis zu 800 Quadratmetern wieder aufmachen. Ausgenommen von dieser Einschränkung sind Kfz- und Fahrradhändler und Buchhandlungen – sie dürfen unabhängig von ihrer Größe die Türen öffnen.
Ausgestalten müssen das die Länder jeweils selbst, deshalb gibt es Ausnahmen. Kritiker sprechen aufgrund der unterschiedlichen Regelungen von einem Flickenteppich, der Handelsverband Deutschland warnt bereits vor Wettbewerbsverzerrungen.
Nein. Denn die Bundesländer können entscheiden, wie sie den gemeinsamen Beschluss mit der Bundesregierung vom Mittwoch umsetzen. In einigen Bundesländern müssen sich die Verbraucher daher noch gedulden. In Berlin und Brandenburg etwa öffnen die Geschäfte erst am Mittwoch wieder, in Thüringen gehen die Gitter am 27. April wieder hoch.
Besonderheiten gibt es auch in Bayern: Dort dürfen am Montag Gärtnereien, Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen, die kleineren Läden sowie alle Auto-, Fahrrad- und Buchhändler folgen eine Woche später. Andere Länder wie Nordrhein-Westfalen sind deutlich forscher: Die Landesregierung will bereits im ersten Schritt zusätzlich Möbelhäuser und Babyfachmärkte öffnen lassen. Der Möbelriese Ikea lässt die Türen aber zunächst trotzdem zu.
In Rheinland-Pfalz und dem Saarland zum Beispiel dürfen auch größere Läden aufmachen, wenn sie die Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter begrenzen. Ebenso in Hessen – weil sich laut Landesregierung die Mehrzahl der Nachbarländer für diesen Weg entschieden habe.
Solche Einzelhändler müssten die Abtrennung aber "unmissverständlich" durchsetzen. In Brandenburg und Niedersachsen dürfen auch Geschäfte mit bis zu 800 Quadratmetern öffnen, die in Einkaufszentren liegen.
Shopper werden sich auf einige Änderungen einstellen müssen, die sie aber schon vom Lebensmittelhandel kennen. Dazu zählen etwa Beschränkungen, wie viele Kunden gleichzeitig sich im Laden aufhalten dürfen. An den Eingängen könnten dafür private Sicherheitsdienste kontrollieren. Schließlich gelten die Kontaktbeschränkungen, die etwa einen Abstand von mindestens 1,50 Metern empfehlen, nach dem Beschluss von Bund und Ländern mindestens bis zum 3. Mai weiter.
Zu erwarten ist deshalb, dass Läden mit Klebestreifen auf dem Boden Abstandsmarkierungen anbringen. Da Bund und Länder zudem "dringend" empfohlen haben, in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen eine Alltagsmaske zu tragen, dürften im Straßenbild und in Geschäften vermehrt Masken auftauchen. Teils wird das sogar zur Pflicht – auch hier gehen Länder und sogar Kommunen unterschiedlich vor.
In Sachsen gilt ab Montag eine Tragepflicht in Bussen, Bahnen und Geschäften. Mecklenburg-Vorpommern schreibt einen Mund-Nasen-Schutz ab 27. April in öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis vor.
Beide Länder weisen darauf hin, dass es nicht um medizinische Masken geht, sondern um einfache Gesichtsbedeckungen. Es reiche auch ein Tuch. Im thüringischen Jena gilt schon seit Anfang April eine Tragepflicht. Die Stadt war damit bundesweit Vorreiter.
Sulz am Neckar in Baden-Württemberg hat am Freitag wegen gestiegener Corona-Zahlen eine Pflicht eingeführt. Wolfsburg kündigte am Samstag an, angesichts der vorsichtigen Öffnung von Geschäften ab Montag das Tragen einer Gesichtsbedeckung vorzuschreiben.
Die Zahl ist vor allem ein Kompromiss. So war zunächst auch eine Öffnung von Geschäften bis zu 400 Quadratmetern im Gespräch, diese Fläche hielten aber einige Ministerpräsidenten für zu gering. Letztlich geht es auch um den Weg zum Laden.
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) betont dabei die Rolle großer Geschäfte: Sie wirkten oft als Publikumsmagnete. Doch wegen der geltenden Kontaktbeschränkungen dürfe es in den Innenstädten insgesamt nicht zu voll werden. Die 800 Quadratmeter sind letztlich gar nicht so willkürlich gewählt – denn darüber gelten Geschäfte laut Baurecht als Sonderbauten.
Autohäuser sind kaum mit Modeboutiquen zu vergleichen. Die Laufkundschaft ist in der Regel überschaubar, die ausgestellten Fahrzeuge zudem recht groß - so sind die Abstandsregelungen einfacher zu befolgen. Eine Rolle spielt auch die Bedeutung der Automobilindustrie in Deutschland. Die Branche betont, dass der Verkauf ein wichtiger Faktor sei, um die Produktion anzukurbeln: "Es gibt keine Fertigung ohne Vertrieb", sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Branchenverbandes VDA.
Zahlreiche Einzelhändler und Ketten begrüßen den Schritt und zeigen sich bereit für den Start. Doch es gibt auch Kritik, vor allem an der frei gegebenen Ladengröße. Gerade in großen Geschäften sei es viel einfacher, die Abstandsregelungen umzusetzen, lautet das Argument. Teils wurden Gerichte wegen der Vorgaben eingeschaltet.
Zoos dürfen wieder öffnen, in manchen Regionen schon ab Montag. Die ersten Schüler kommen in Sachsen für Prüfungsvorbereitungen in die Schulen zurück. Berlin und Brandenburg beginnen mit den Prüfungen, als erste hatten bereits Hessen und Rheinland-Pfalz begonnen.
Krankschreibungen per Telefon bei Erkältungssymptomen sind ab Montag nicht mehr möglich. Wer ein Attest braucht, muss zum Arzt.
Sachsen erlaubt auch Gottesdienste wieder, die anderswo noch verboten bleiben. Teilnehmen dürfen maximal 15 Gläubige.
Spitzenverbände der Wirtschaft fordern einen klaren Fahrplan für weitere Lockerungen. Vor allem für Branchen wie Hotels, Gaststätten und Tourismus fehle eine Perspektive, wie es weitergehen solle. Die Industrie gibt sich zuversichtlich, dass die nötigen Schutzmaßnahmen etwa bei der Arbeitskleidung oder Gesichtsmasken umgesetzt werden können. Vermutlich wird eine Entscheidung aber noch etwas dauern: Ende April wollen Bundesregierung und Ministerpräsidenten sich erneut zusammenschalten und beraten, wie es weitergeht.
(vdv/mit Material von dpa und afxp)