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Bahn-Streik: Was Reisende jetzt wissen müssen

dpatopbilder - 02.09.2021, Sachsen, Leipzig: Reisende am Informationsstand der Bahn im Hauptbahnhof. Auf Grund eines Streiks der Gewerkschaft der Lokf
Bei der Deutschen Bahn soll ab heute gestreikt werden.Bild: dpa / Sebastian Willnow
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Streiks bei der Bahn: Das müssen Reisende jetzt wissen

02.09.2021, 13:4308.10.2021, 14:51
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Der Tarifstreit der GDL mit der Deutschen Bahn geht in die nächste Runde: Bahnkunden müssen sich auf Zugausfälle einstellen, denn seit Donnerstag streiken Lok-Führer auch im Personenverkehr. Der Streik für den Personenverkehr ist dieses Mal für fünf Tage geplant und soll erst am Dienstag um 2 Uhr enden. Auch wenn die Deutsche Bahn versucht circa 40 Prozent der geplanten Fahrten stattfinden zu lassen, sieht die Realität natürlich anders aus. Viele Reisende sitzen an Bahnhöfen fest – oder kommen teilweise nicht zurück nach Hause oder an ihren Urlaubsort.

Was der GDL-Streik für Bahnkunden bedeutet und warum die GDL das Angebot der Deutschen Bahn vom Mittwochabend nicht akzeptiert hat, erfährst du hier.

Warum wird gestreikt und was sind die Forderungen?

Die GDL fordert im neuen Streik eine Gehaltserhöhung von 3,2 Prozent in zwei Stufen, bessere Arbeitsbedingungen, eine gesicherte Betriebsrente und einen einmaligen Corona-Bonus für die Lokführer. Außerdem verlangt die Gewerkschaft eine Corona-Beihilfe in Höhe von 600 Euro für das Jahr 2021. "Die Streikbeteiligung ist gut, denn der Frust ist gewaltig", sagte ein GDL-Sprecher in Bayern zur dpa. Nach Weselskys Darstellung verlangt die Bahn, den Geltungsbereich neuer Verhandlungsergebnisse auf den derzeitigen Tarifvertrag zu beschränken. Damit droht nach seiner Ansicht eine Spaltung der Gewerkschaft mit Mitgliedern erster und zweiter Klasse. "Die Zielsetzung des Bahnvorstandes ist die Existenzvernichtung der GDL", sagte Weselsky.

Was bietet die Deutsche Bahn der Gewerkschaft an?

Die Deutsche Bahn hat zwar 3,2 Prozent mehr Geld angeboten, aber die Erhöhungen sollen nach Vorstellungen des Unternehmens erst 2022 und 2023 in zwei Schritten erfolgen. Dies ist deutlich später, als von der GDL gefordert. Derzeit versucht die Deutsche Bahn, die Gewerkschaft mit einem neuen Angebot umzustimmen. Darin kommt sie ihrem Verhandlungsgegner bei der Laufzeit eines neuen Tarifvertrags weiter entgegen und stimmte zu, die von der Gewerkschaft geforderte Corona-Prämie über 600 Euro auszuzahlen.

Trotz dieses Angebots der Deutschen Bahn an die GDL, startete die Gewerkschaft am heutigen Donnerstag ihren Streik im Personenverkehr. Denn bei der Laufzeit eines möglichen neuen Tarifvertrags will die GDL nicht über 28 Monate hinausgehen. Die Deutsche Bahn hingegen hatte erst 40, dann 36 Monate geboten. Weselsky beklagte im ARD-"Morgenmagazin", die neue Offerte sei auch inhaltlich "nicht annehmbar". So enthalte sie für dieses Jahr eine Nullrunde.

Parallel zu den Verhandlungen hat die Deutsche Bahn aber auch das Arbeitsgericht eingeschaltet, um die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL zu brechen. Der Konzern hat vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Arbeitskampf eingelegt, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. "Das Streikrecht ist ein hohes Gut. Allerdings sind Streiks nur dann zulässig, wenn sie sich im Rahmen des geltenden Rechts bewegen. Das ist nach unserer Auffassung bei den Streiks der GDL nicht der Fall", sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler laut Mitteilung.

Ein solches Vorgehen versuchte die Deutsche Bahn bereits im November 2014: Damals siegte die GDL in zwei Instanzen der Arbeitsgerichte in Frankfurt, brach den Streik dann aber überraschend ab. Die Bahn hatte vor sieben Jahren vergeblich argumentiert, dass der Streik unverhältnismäßig hohen Schaden angerichtet habe. Das Arbeitsgericht will noch heute über diesen Antrag entscheiden, die Verhandlung startet um 18 Uhr.

Was wird bestreikt und wann soll gestreikt werden?

Dieses Mal betrifft der Streik der GDL auch das Wochenende. Der Güterverkehr begann die Streikwelle bereits am Mittwoch dieser Woche, am heutigen Donnerstag folgte nachts der Personalverkehr. Dieser Streik gilt ab heutigem Donnerstag, 2 Uhr morgens und soll am Dienstag beendet werden.

Dem Konzern zufolge gilt ein Ersatzfahrplan, mit dem etwa 25 Prozent der Fernzüge fahren sollen. Für den Regionalverkehr besteht demnach das Ziel, 40 Prozent des regulären Angebotes zu fahren. Sobald es Ergebnisse gebe, sei die Gewerkschaft laut GDL-Chef Claus Weselsky bereit, den Streik zu beenden. "Wenn das Management Tarifverträge für alle Eisenbahnerinnen und Eisenbahner abschließt, dann sind wir einen großen Schritt weiter, und erst dann gehen wir in Verhandlungen."

Auch internationale Fernzüge sind vom Streik betroffen. Zwar wird der Zugverkehr mit Belgien, den Niederlanden und Frankreich voraussichtlich planmäßig fahren – Reisende von und nach Dänemark und Polen müssen aber auch diesmal mit einem Totalausfall ihrer Verbindungen rechnen.

Was bedeutet das für Bahnkundinnen und -kunden?

Zunächst einmal sollten Bahnreisende die Nachrichten bezüglich Streiks im Auge behalten, um sich gegebenenfalls darauf vorzubereiten und einen Homeoffice-Tag einzulegen oder alternative Verkehrsmittel zu organisieren. Die Bahn empfiehlt, Reisen zu verschieben. Priorität haben besonders stark genutzte Verbindungen, sowie Anbindungen an wichtige Bahnhöfe und Flughäfen. Der Osten ist von den Streiks jedoch stärker getroffen als der Westen.

Bekomme ich im Falle eines Streiks mein Geld zurück?

Alle, die während des Streiks – vom Donnerstag, den 2. September, bis Dienstag, den 7. September – ihre Reise aufgrund des Streiks verschieben möchten, können ein bereits gebuchtes Ticket bis einschließlich Freitag, den 17. September entweder flexibel nutzen oder kostenfrei stornieren. Auch etwaige Sitzplatzreservierungen können kostenlos umgetauscht werden. Alle gebuchten Fernverkehrstickets für die Zeit des Streiks sollen ihre Gültigkeit behalten. Bei Sparangeboten wird die Zugbindung aufgehoben.

Wenn durch einen Streik eine Verzögerung von mehr als 60 Minuten erwartet werden, können Kunden bereits vor Beginn von der Fahrt zurücktreten und sich die kompletten Kosten erstatten lassen. Wer dennoch in den Zug steigt, bekommt bei mindestens 60 Minuten Verspätung rund 25 Prozent der Kosten erstattet; ab mehr als 120 Minuten 50 Prozent.

Wer ist die GDL?

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) organisiert seit 2002 nicht nur Lokomotivführer, sondern ist seitdem offen für jegliches direktes Personal in Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen in ganz Deutschland. Sie hat nach eigenen Angaben mehr als 37.000 Mitglieder, demnach sind 70 Prozent der Lokführer dort organisiert.

Die Gewerkschaft wurde 1867 gegründet und ist damit die älteste in Deutschland. Zu den Mitgliedern gehören nicht nur Lokomotivführer, sondern auch Beschäftigte aus den Bereichen Fahrzeuginstandhaltung – wie Schlosser, Mechatroniker, Elektriker und andere. Sie ist die zweitgrößte Gewerkschaft für Bahnbeschäftigte hinter der im DGB organisierten Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

(mis/jj/mit Material der dpa)