Staatsanwaltschaft und Polizei haben zum Missbrauchsfall Münster über viele Details informiert. Nach der Festnahme von elf Tatverdächtigen, von denen sieben in Untersuchungshaft sitzen, steht fest, dass es bislang drei Opfer gibt. Weil aber ein großer Teil der sichergestellten Speichermedien noch nicht ausgewertet werden konnten, sind noch viele Fragen offen.
Wir haben die wichtigsten Antworten auf eure Fragen.
Am Montag gab es keinen neuen Ermittlungsstand. Mit Hochdruck arbeiten allein in Münster rund 50 Ermittler bei der Polizei, um weitere Opfer zu identifizieren. Landesweit werden zusätzliche Kräfte und Experten des Landeskriminalamtes bei der Auswertung der sichergestellten Bilder und Videos hinzugezogen.
Davon geht Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt aus. Neben der Gartenlaube in Münster haben die Ermittler ein Auto in Köln aus Tatort erkannt. Auf sichergestellten Fotos weiterer Taten ist das Umfeld noch nicht identifiziert. Die Täter haben sich bei den Aufnahmen große Mühe gegeben, keine Hinweise auf Orte preiszugeben. Hier ist das Umfeld für die Ermittler somit noch ein Rätsel.
Nein. Hier stehen die Kripobeamten noch am Anfang. Allerdings wurden die Ermittlungen durch einen Fehler beim Anbieten von Dateien ausgelöst. Auf den 27-Jährigen aus Münster war ein Verdacht gefallen, weil eine IP-Adresse zu einem landwirtschaftlichen Betrieb in Coesfeld führte, für den der Hauptverdächtige als IT-Experte arbeitete. Diese nicht verwischte Spur hatte der Mann hinterlassen, als er über das Internet kinderpornografisches Material angeboten hatte.
Nein, bis auf einen 35 Jahre alten Mann aus Köln, der gestanden hat, äußern sich die weiteren fünf Männer und die Frau bislang nicht.
Die Erzieherin aus einem Kindergarten in Münster hatte ihrem Sohn die eigene Gartenlaube im Stadtteil Kinderhaus überlassen. Das Häuschen gilt bislang als Haupttatort. Die Ermittler werfen der Frau vor, dass sie mit Vorsatz Beihilfe zu den Missbrauchstaten geleistet hat.
Hier spielt eine Rolle, dass einmal nach Jugend- und einmal nach Erwachsenenstrafrecht geurteilt wurden. Kompliziert wird die Beurteilung der verhängten Strafen, weil die Taten zum zweiten Urteil am 8. Juni 2017 nicht während der Bewährungszeit nach dem ersten Urteil am 13. Januar 2016 passiert sind, sondern davor. Der sich zu seiner pädophilen Neigung bekennende Mann hatte somit nicht gegen Bewährungsauflagen verstoßen. Außerdem hatte er seine Therapie wie auferlegt begonnen. Sein Therapeut äußerte sich vor Gericht positiv über ihn.
Nur ein kleiner Bruchteil. Die Ermittler wollen sich bei dieser Frage nicht festlegen. Etwa 500 Terabyte wurden entdeckt (1 Terabyte sind 1000 Gigabyte). Wobei hier die Spezialisten bei der Kripo auch nur von einem groben Schätzwert ausgehen. Handelsübliche Computer für den Heimgebrauch haben Speicherplatten mit einer Größe von 1 bis 3 Terabyte. Aus diesem Grund sprechen die Ermittler auch beim bisherigen Ergebnis von der Spitze des Eisbergs.
Nach Angaben des Leiters der Ermittlungskommission, Joachim Poll, ist der 35-jährige Beschuldigte aus Hannover zumindest IT-affin. Als Experten hatte der Kripo-Beamte bei der Pressekonferenz am Samstag den Mann nicht bezeichnet.
Nach Informationen der Stadt Münster wurde das Jugendamt im Zuge eines Strafverfahrens vor Jahren informiert. Der heutige Hauptverdächtige lebte zu diesem Zeitpunkt nicht mit der Mutter des späteren mutmaßlichen Opfers zusammen. Das für Familiensachen zuständige Amtsgericht Münster entschied daraufhin Ende 2015, dass kein Eingriff notwendig sei. Das Jugendamt hatte in der Folge weiter Kontakt zur Mutter, zum Kind und zum Tatverdächtigen. Der Fall wurde in einem Expertengremium beraten: Vertreter von Polizei, Gericht, Psychologen, Kinderschutzambulanz und der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) der Stadt.
Dieses Gremium, die Stadt Münster spricht von einer "Clearingstelle", sah keine ausreichende Fakten für mögliche Gefährdungsmomente, um der Mutter das Sorgerecht zu entziehen und das Kind aus der Familie zu holen. Die Stadt blieb aber in Kontakt mit der Frau, die allerdings Hilfe durch das Jugendamt ablehnte. Auch nach 2016 gab es aus Sicht der Stadt keinen Grund, einzugreifen. Aus dem sozialen Umfeld habe es bis heute keinen Hinweis auf eine mögliche Gefährdung oder Auffälligkeiten des Kindes gegeben.
(vdv/dpa)