Sebastian Kurz (ÖVP), Bundeskanzler von Österreich, kommt, um ein Statement zur Regierungskrise im Bundeskanzleramt abzugeben.Bild: APA / Georg Hochmuth
International
Mit dem Rücktritt von Sebastian Kurz (ÖVP) vom
Amt des Bundeskanzlers ist die Regierungskrise in Österreich beendet.
Die Grünen als Koalitionspartner der konservativen ÖVP erklärten, das
Bündnis nun fortsetzen zu wollen. Sie hatten dem von
Korruptionsvorwürfen schwer belasteten Kanzler mit einem
Misstrauensvotum gedroht. Nachfolger von Kurz wird Außenminister
Alexander Schallenberg.
Der 52-Jährige Schallenberg ist seit Jahren in Spitzenfunktionen
für die Außenpolitik Österreichs mitverantwortlich. Der
mehrsprachige, international erfahrene Diplomat vertritt in Fragen
der Migration einen genauso harten Kurs wie Kurz. Für Sonntag haben
Schallenberg und Kogler ein Vieraugengespräch vereinbart.
Sebastian Kurz wird Fraktionsvorsitzender
Kurz selbst wechselt vom Kanzleramt ins Parlament auf den Sitz
des Fraktionschefs der ÖVP. Außerdem bleibt er ÖVP-Vorsitzender. Die
Opposition ist mit dieser Rochade nicht zufrieden. Damit bleibe der
35-Jährige eine äußerst einflussreiche politische Figur und das
"System Kurz" erhalten, kritisierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
Die Regierungskrise war durch Ermittlungen der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgelöst worden. Enge Mitstreiter des
Kanzlers stehen im Verdacht, wohlmeinende Berichterstattung in einem
Medienunternehmen erkauft zu haben, um Kurz ab 2016 den Weg an die
Parteispitze und in das Bundeskanzleramt zu ebnen. Auch Kurz wird als
Beschuldigter geführt. Er bestreitet die Vorwürfe.
Kurz warnte vor einer Vier-Parteien-Koalition
In einer siebenminütigen Rede betonte der Kanzler erneut seine
Unschuld. Er gebe sein Amt aber aus Verantwortung für das Land ab. Es
drohe nach einem Ende der ÖVP-Grünen-Koalition das Chaos einer
Vier-Parteien-Zusammenarbeit von Grünen, SPÖ, liberalen Neos und
rechter FPÖ. Die mächtigen Länderchefs der ÖVP begrüßten den Schritt.
Tirols Ministerpräsident Günther Platter sagte, Kurz habe gemeinsam
mit den Landeschefs entschieden, "einen Schritt zur Seite zu treten,
bis die gegen ihn erhobenen Vorwürfe geklärt seien."
Auch die Industrie zeigte sich zufrieden. Es sei wichtig, das
Ansehen Österreichs in der Welt und das internationale Vertrauen in
den Standort zu wahren, so die Industriellenvereinigung.
Harte Kritik von der Opposition
Die Grünen hatten in den vergangenen Tagen bereits mit
Oppositionsparteien Gespräche über eine Mehrparteienregierung ohne
ÖVP geführt – für den Fall, dass der Kanzler nicht zurücktritt.
Am Samstagabend werteten alle Oppositionsparteien den Wechsel von
Kurz ins Parlament als juristischen und machtpolitischen Schachzug.
"Sebastian Kurz tritt die Flucht in die parlamentarische Immunität
an", sagte der Chef der rechten FPÖ, Herbert Kickl. Die Chefin der
liberalen Neos, Beate Meinl-Reisinger, meinte, dass Kurz weiter alle
Fäden in der Hand behalten werde. Als ÖVP-Chef hat Kurz weitreichende
Befugnisse: Er kann das Regierungsteam, die Kandidatenlisten bei
Parlamentswahlen sowie die politische Linie der ÖVP allein
bestimmen.
(lfr/dpa)
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