Der ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz steht schwer unter Druck.Bild: dpa / Georg Hochmuth
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Trotz des wachsenden Drucks auch seitens des Koalitionspartners lehnt Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen Rücktritt weiterhin ab. Seine Partei werde es "selbstverständlich akzeptieren, wenn es andere Mehrheiten im Parlament" gibt, sagte Kurz am Freitagabend in Wien. Zugleich betonte er, "dass wir als Team der Volkspartei in der Regierung handlungsfähig und vor allem auch handlungswillig sind". Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte die Handlungsfähigkeit der Regierung angesichts der derzeitigen Krise kurz zuvor in Zweifel gezogen.
Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien "schlicht und ergreifend falsch", sagte Kurz, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung ermittelt. Er freue sich darauf, die Anschuldigungen in einem Verfahren zu widerlegen.
Die Opposition wird einen Misstrauenantrag gegen Kurz stellen
Am kommenden Dienstag kommt das Parlament in Wien zu einer Sondersitzung zusammen, in der die Opposition einen Misstrauensantrag gegen Kurz einbringen will. Ob die Grünen sich dem Antrag gegen ihren Koalitionspartner anschließen, ließen sie bislang offen. Sie erhöhten am Freitag aber den Druck auf die ÖVP.
Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler rief Kurz' Partei auf, einen anderen Bundeskanzler zu nominieren. "Der jetzige Kanzler ist nicht mehr amtsfähig", sagte Kogler nach Angaben der Nachrichtenagentur APA. Die ÖVP müsse nun jemanden vorschlagen, "der untadelig ist".
Van der Bellen kritisierte den politischen Umgang
Bundespräsident Van der Bellen erinnerte die Parteien am Freitag an ihre staatspolitische Verantwortung. "In dieser Phase ist es wichtig, dass alle handelnden Personen zuallererst an das Wohl Österreichs denken", sagte Van der Bellen in einer Fernsehansprache. "Parteiinteressen müssen hintangestellt werden."
Für alle Verdächtigen gelte die Unschuldsvermutung, sagte der Präsident mit Blick auf die Ermittlungen gegen Kurz und andere Verdächtige. Zugleich sprach er von einem "Sittenbild, das der Demokratie nicht gut tut". Er beklagte einen "Ton der Respektlosigkeit" gegenüber Einzelpersonen und staatlichen Institutionen. "Ich habe andere Erwartungen an das Verhalten von politisch Verantwortlichen", betonte Van der Bellen.
Er werde als Bundespräsident keine Ratschläge erteilen, aber mit "Argusaugen darüber wachen, dass die Handlungsfähigkeit und Integrität aller Institutionen unserer Republik gewährleistest ist".
(lfr/afp)
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