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Britische Regierung gibt grünes Licht für Auslieferung von Assange an die USA

Julian Assange extradition. File photo dated 19/05/17 of Julian Assange, who is being detained in Belmarsh prison in London while the US continues an attempt to extradite him over the activities of Wi ...
Julian Assange soll an die USA ausgeliefert werden.Bild: PA Wire / Dominic Lipinski
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Britische Regierung gibt grünes Licht für Auslieferung von Assange an die USA

17.06.2022, 11:2017.06.2022, 15:25
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Die britische Regierung hat grünes Licht für die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA gegeben. Innenministerin Priti Patel unterzeichnete eine entsprechende Auslieferungsanweisung, wie ihr Ministerium am Freitag mitteilte. Assange hat demnach 14 Tage Zeit, um gegen die Entscheidung der britischen Regierung vorzugehen.

Enthüllungsplattform Wikileaks: "Schwarzer Tag für die Pressefreiheit"

Dem Australier droht in den USA wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan lebenslange Haft. Die Innenministerin müsse gemäß der Gesetzeslage eine Auslieferungsanweisung unterzeichnen, "wenn es keine Gründe gibt, die einer (Auslieferung) entgegenstehen", erklärte das Ministerium. Die britischen Gerichte hätte keine solchen Gründe erkennen können.

Die Internet-Enthüllungsplattform Wikileaks sprach auf Twitter von einem "schwarzen Tag für die Pressefreiheit und die britische Demokratie" und kündigte Widerspruch an.

Bundesregierung will weiteren Rechtsweg und Entscheidung "genau beobachten"

Die Entscheidung Großbritanniens ist nach Kenntnis der Bundesregierung noch anfechtbar. Das erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. Demnach sei das an diesem Freitag ergangene Auslieferungsurteil "noch nicht unanfechtbar, also noch nicht letztinstanzlich", erklärte Hoffmann. "Da ist nach jetzigem Kenntnisstand wohl auch noch ein weiterer Rechtsweg möglich."

Die Bundesregierung würde diesen, wenn er beschritten würde, "sehr genau beobachten", sagte Hoffmann. Darüber hinaus werde die Bundesregierung auch die nun gefällte Entscheidung vor einer detaillierten Bewertung "zunächst einmal anschauen", erklärte sie. Das Urteil sei gerade erst ergangen und müsse noch geprüft werden.

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Sichtbar mitgenommen: Julian Assange bei seiner Ankunft vor dem Westminster Magistrates' Court in London im Jahr 2019.Bild: PA Wire / Victoria Jones

Journalistenverbände bestürzt: Patel habe Assange "ans Messer geliefert"

Auch Journalistenverbände in Deutschland haben sich bestürzt über die Entscheidung der britischen Regierung zur Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA gezeigt. Die britische Innenministerin Priti Patel habe Assange "ans Messer geliefert und damit auch die Pressefreiheit massiv beschädigt", erklärte die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Monique Hofmann, am Freitag. "Das ist eine schwere Niederlage für die Demokratie und eine Schande für den Rechtsstaat."

"Wikileaks hat Kriegsverbrechen der USA in Afghanistan und im Irak aufgedeckt und öffentlich gemacht, über die Opfer, Hinterbliebene und die gesamte Weltöffentlichkeit Klarheit brauchten", erklärte der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall. Er rief die US-Strafverfolgungsbehörden auf, die Anklage gegen Assange fallen zu lassen.

Chronologie der Ereignisse

2010: Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250.000 Dokumente kommen später hinzu. Die Papiere enthalten brisante Informationen über die US-Einsätze in diesen Ländern, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.

Im November erwirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen. Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuß.

2011: Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äußert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte.

2012: Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl.

2016: Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton, die die Wahl letztlich gegen Donald Trump verliert.

2017: Die Staatsanwaltschaft in Schweden stellt die Ermittlungen gegen Assange ein.

2018: Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges "unhaltbare" Situation zu beenden. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge. In den USA taucht ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019: Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl "wiederholt verletzt". Nach sieben Jahren in der Botschaft nimmt die britische Polizei Assange im April fest, nachdem ihm zuvor das Asyl entzogen wurde. Im Mai wird der Australier zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt.

Ende Mai verschärft die US-Justiz ihre Anklage gegen Assange. Dem Wikileaks-Gründer werden nun auch Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze vorgeworfen.

2020: Ende Februar beginnt in London die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren gegen Assange. Im April wird bekannt, dass der Wikileaks-Gründer während seines Asyls in der Botschaft von Ecuador zwei Mal Vater wurde. Das enthüllt die Mutter der beiden kleinen Jungen, Stella Moris. Sie war Mitglied von Assanges Anwaltsteam und ist nach eigenen Angaben seit 2017 mit ihm verlobt.

Anfang September wird das wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Auslieferungsverfahren fortgesetzt. Ein Psychiater bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen.

2021: Das zuständige Londoner Gericht entscheidet am 4. Januar, dass Assange nicht in die USA ausgeliefert werden darf. Wegen der strikten Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten bestehe das "beträchtliche" Risiko, dass sich Assange im Gefängnis das Leben nehmen könnte. Die US-Regierung legt Berufung ein. Im Dezember gibt der High Court in London der US-Seite Recht und hebt das Auslieferungsverbot auf. Kurz darauf gibt Assanges Verlobte Moris bekannt, dass der Wikileaks-Gründer Ende Oktober einen leichten Schlaganfall erlitten habe.

2022: Assange zieht im Januar vor den Supreme Court in London. Am 14. März entscheidet das Oberste Gerichtshof jedoch, sich nicht mit dem Berufungsantrag des Australiers gegen seine Auslieferung zu befassen. Am 23. März heiraten Assange und Moris. Sie geben sich im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons das Ja-Wort.Am 20. April erlässt der Westminster Magistrates Court schließlich einen Auslieferungsbeschluss. Am 17. Juni unterzeichnet Innenministerin Priti Patel die entsprechende Anweisung zur Auslieferung. Assange bleiben 14 Tage, dagegen rechtlich vorzugehen.

(ast/dpa-AFX)

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