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Laschet-Demontage: Die CDU zerstört sich selbst – dafür braucht sie nicht Rezo

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Armin Laschet und seine CDU befinden sich in einem historischen Tief. Bild: www.imago-images.de / Ying Tang
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Laschets Demontage: Die Union zerstört sich selbst – dafür braucht sie keinen Rezo

30.09.2021, 09:26
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Armin Laschet hat es verbockt. Ganz klar. Da gibt es nichts schönzureden, nichts zu entschuldigen. Im Wahlkampf hat er sich unfreundlich, zickig, inhaltslos präsentiert. Und das Wichtigste: Er wirkte für das Kanzleramt völlig ungeeignet, weil überhaupt nicht krisenfest.

Die Vorstellung, dieser Mann könnte einmal für die Bundesrepublik mit Schreckgespenstern wie Russlands Präsidenten Wladimir Putin oder dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko verhandeln, bereitete vielen Menschen Sorge. Die Union hielt trotzdem an ihrem Kanzlerkandidaten fest, auch wenn CSU-Chef Markus Söder den Sommer über ständig am Sticheln und Pöbeln war – und damit wahrscheinlich zu der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl beigetragen hat.

Wieder geht das
öffentliche Bashing los

Jetzt steht die Union vor ihrem schlechtesten Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg – und verbockt es weiter und weiter. 68 Prozent der Deutschen sind laut einer neuen YouGov-Umfrage für den Rücktritt Laschets von allen Ämtern. Doch statt sich mit dem Rest der CDU-Spitze zusammenzusetzen, Fehler aufzuarbeiten und sich einzugestehen, dass er weder für die Führung einer Partei, noch für die eines ganzen Landes geeignet ist, will Laschet unbedingt weitermachen. Irgendwie eine Regierungskoalition bilden, damit er bloß nicht von der Bildfläche verschwindet.

CDU- und CSU-Politiker aus sämtlichen Teilen Deutschlands werden laut. Sachsens JU-Landesvorsitzender Marcus Mündlein beispielsweise forderte Laschets Rücktritt, oder auch Ellen Demuth aus Rheinland-Pfalz. Auch der Vorsitzende der Jungen Union Bayern Christian Doleschal teilt kräftig aus. Viele bashen Laschet jetzt öffentlich. Andere, vor allem Politikerinnen und Politiker aus Nordrhein-Westfalen verteidigen ihn und haben Mitleid mit dem (noch) NRW-Ministerpräsidenten.

Und so entsteht schon wieder ein Lagerkampf in der Union, der viele Deutsche womöglich wieder monatelang Nerven kosten könnte. Mit so einem Verhalten braucht es keinen Rezo mehr, der mit Youtube-Videos die Zerstörung der CDU heraufbeschwört: Das macht die Partei schon selbst. Ganz allein. Ohne Hilfe von Außen. Zerstörung 3.0.

Seit Merkels Abgang hat die CDU-Spitze die Partei nicht mehr im Griff

Die CDU schießt seit Merkels Rücktritt von der Parteispitze im Dezember 2018 einen Bock nach dem anderen. Erst der Machtkampf zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz. Dann das Bashing gegen AKK, die sich im Vergleich zu Laschet in ihrer Amtszeit deutlich weniger Patzer geleistet hatte, als der jetzige Parteichef.

Bei AKK ging es um einen einzigen Skandal, den nicht einmal sie persönlich herbeigeführt hatte. Der Thüringer FDP-Politiker Thomas Kemmerich hatte sich im Herbst 2020 auch mit den Stimmen von CDU und AfD kurzzeitig zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Kramp-Karrenbauer hatte es damals nicht geschafft, sich gegen den Landesverband durchzusetzen, der immer näher Richtung AfD gerückt war. Am Ende hatte Merkel ein Machtwort sprechen müssen. Und das Geschrei einzelner Unionspolitiker und -politikerinnen war riesig. Das ging so weit, dass AKK am 10. Februar nach nur 14 Monaten im Amt ihren Rückzug bekannt gab.

Danach kam ein neuer öffentlich ausgetragener, nerviger Machtkampf um den Chefsessel der Union. Wieder war Merz beteiligt – im Kampf gegen Armin Laschet und Norbert Röttgen.

Die CDU verliert mehr und mehr an Profil. Weil sie nur noch Negativschlagzeilen produziert, nicht mehr für ihre Inhalte kämpft, sondern nur noch gegen sich selbst. Viel zu wenige Menschen wissen noch, wofür die Partei steht.

Der Partei fehlt es an vertrauenswürdigen Figuren

Mitleid braucht man definitiv keines mit Laschet zu haben. Er führte einen teils verdammt schmutzigen Wahlkampf, war in den vergangenen Monaten zu oft zu patzig, um jetzt auf Mitgefühl zu hoffen. Wer austeilt muss auch einstecken können, so viel steht fest. Mitleid gilt hier vor allem der CDU-Basis. Den Menschen, die dieser Partei vor Jahren beigetreten sind, weil sie ihre Werte vertrat und sie glauben machte, sie in eine sichere Zukunft zu führen.

Mitleid gilt auch den Wählerinnen und Wählern dieser selbstzerstörerischen Union, die genau die gleichen Hoffnungen in die Partei setzte und Tag für Tag mit Ärger und innerparteilicher Hetze konfrontiert werden.

Will die Union wieder zu ihrer ehemaligen Größe aufsteigen, dann braucht sie Figuren, die diese Größe auch verkörpern. Ein Erbe von Angela Merkel, zumindest was die charakterliche Stärke angeht, muss gefunden werden. Die Partei braucht Figuren, die ehrlich sind, authentisch. Sie braucht Menschen, denen man vertrauen kann, die man für fähig hält, Entscheidungen für das Volk zu treffen. Auch, wenn sie manchmal nicht den eigenen Wünschen entsprechen.

Solche Entscheidungen traf Merkel mehrmals innerhalb ihrer Karriere als Bundeskanzlerin. Ein Beispiel: Sie sprach sich jahrelang gegen die Ehe für alle aus. Irgendwann merkte sie aber, dass sie mit dieser Meinung keine Mehrheiten in Deutschland mehr finden würde. Laschet traut man solche Entscheidungen nicht zu.

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