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Waffenruhe in Gaza: Expertin zeichnet düsteres Bild für Kinder

Palestinians continue returning north on second day of Gaza ceasefire GAZA CITY, GAZA - OCTOBER 11: Palestinians walk along al-Rashid Street, which connects the southern and northern parts of the Gaza ...
Viele Familien kehrten am Freitag bereits in ihre alten Siedlungen zurück. Bild: imago images / Anadolu Agency/ Hassan Jedi
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Gaza: Expertin warnt vor Folgen des Kriegs für den Wiederaufbau

Aktuell schweigen die Waffen in Gaza, die Hoffnung auf einen langfristigen Frieden ist groß. Doch gerade bei den Kindern in dem Küstengebiet hat der Krieg bleibende Spuren hinterlassen.
11.10.2025, 12:1611.10.2025, 12:16

Triggerwarnung: Im folgenden Text werden Gewalthandlungen geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.

Nach Monaten ununterbrochener Gewalt keimt im Gazastreifen vorsichtige Hoffnung auf: Am Freitagmittag war eine Waffenruhe in Kraft getreten, nachdem Israel und die Hamas einem ersten Teil des von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Friedensplans zugestimmt hatten.

An den Grenzübergängen stehen laut Welternährungsprogramm 60.000 Tonnen Nahrungsmittel zur Einfahrt bereit, weitere 100.000 Tonnen seien in der Region im Zulauf. Erste Familien kehrten am Wochenende zu den Trümmern ihrer Häuser in Gaza zurück.

Doch die Lage bleibt dramatisch – die humanitäre Versorgung ist zusammengebrochen, viele Regionen sind unbewohnbar, und der Wiederaufbau dürfte nicht nur Jahre dauern, sondern auch Milliarden kosten. Hinzu kommt eine Bevölkerung, die von den Erlebnissen der vergangenen Jahre gezeichnet und zum Teil heftig traumatisiert ist.

Psychologin warnt vor Traumata der Kinder in Gaza

"Sehr viele Kinder haben tote oder schwer verletzte Menschen gesehen, sie haben das Blut gerochen und die Schreie gehört", erklärt die Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk gegenüber der "Frankfurter Rundschau". Sie hat mehrere Monate für "Ärzte ohne Grenzen" im Gazastreifen gearbeitet und berichtet, wie prägend der Krieg und die zugehörigen Erlebnisse nun für eine ganze Generation ist.

"Meine Kinder fragen mich immer wieder, ob es wirklich vorbei ist – ob sie wieder zur Schule gehen können, ob wir nach Hause gehen und schlafen können, ohne Explosionen zu hören", berichtet etwa ein Vater aus dem Gazastreifen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Er erklärt, dass vielen Menschen ein Vertrauen in eine langfristige Waffenruhe aktuell noch sehr schwerfällt.

Gerade für die Kinder in dem Küstengebiet ist es laut Katrin Glatz Brubakk aber wichtiger als alles andere, dass die Vereinbarungen zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel eingehalten werden. Für die junge Generation fehlt es demnach ohnehin an stützenden Konstanten.

"In Gaza ist alles zerstört. Die gesamte Infrastruktur ist weg, es gibt keine Häuser, keine Schulen, keinen sicheren Schulweg, keine Spielplätze", erklärt die Psychologin. "Und die Erwachsenen, die früheren Lehrer, die Eltern, Tanten, Onkel, alle, die ein Kind unterstützen sollen, sind selbst traumatisiert."

Gaza: Wiederaufbau bringt Probleme mit sich

Die Traumata bei den Kindern teilen sich demnach in zwei Kategorien: Viele Kinder würden aggressiv und unruhig, könnten sich nicht mehr konzentrieren. Die andere Hälfte zieht sich komplett zurück, hört auf zu sprechen und will nicht mehr an der Gemeinschaft teilhaben. Glatz Brubakk spricht hier von "kognitiven Kriegsschäden": Durch die passive Haltung der Kinder entwickele sich langfristig bei vielen auch das Gehirn langsamer.

"Alles, was sie für den Alltag brauchen, wird ihnen schwerer fallen", beschreibt die Expertin. Diese Entwicklung sieht sie als besonders kritisch, weil die junge Generation in Gaza für den Wiederaufbau des Kriegsgebiets benötigt werden wird.

"Wir brauchen alle schlauen Köpfe, die es nur gibt in diesem Land. Aber es wird schwierig wegen dieser Schäden, die sie zugefügt bekommen haben", sagt die Psychologin im Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau".

Konkrete Pläne für den Wiederaufbau von Gaza gibt es bisher nicht. Im Anschluss an den Friedensdeal für Gaza kündigten jedoch mehrere internationale Vertreter:innen Unterstützung für den Wiederaufbau an.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) etwa sagte, die Bundesregierung werde für humanitäre Soforthilfe zunächst 29 Millionen Euro bereitstellen. Deutschland will zudem gemeinsam mit Ägypten zu einer internationalen Wiederaufbaukonferenz für den Gazastreifen einladen.

(mit Material der dpa)

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