Vor Parteitag: FDP-Jugend will Offensive für psychische Gesundheit ins Wahlprogramm bringen
Die FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (Julis) fordert ein Maßnahmenpaket für die Stärkung der psychischen Gesundheit gerade junger Menschen. Die Forderungen der Julis zielen zum einen darauf ab, dass das Angebot an Psychotherapie erhöht wird – und zum anderen darauf, dass Menschen mit psychischen Problemen schnellere und bessere Unterstützung und Betreuung erhalten. Die Julis begründen ihre Initiative vor allem mit der psychischen Belastungen junger Menschen in der Corona-Krise.
Die Jungen Liberalen haben dafür einen fünfseitigen Antrag erarbeitet, der watson exklusiv vorliegt. Die Jugendorganisation will erreichen, dass die FDP diese Forderungen in ihr Programm für die Bundestagswahl aufnimmt. Deshalb wollen die Julis nach Angaben einer Sprecherin am FDP-Bundesparteitag am Wochenende einen Antrag stellen, die Maßnahmen ins Wahlprogramm einzubauen.
Damit in Deutschland mehr Psychotherapie-Angebote verfügbar sind, fordern die Julis unter anderem
- eine deutliche Erhöhung der zu vergebenden Kassensitze für Psychotherapeuten
- Psychotherapie per Videochat unbegrenzt möglich zu machen. Bisher ist sie auf 20 Prozent der Therapiesitzungen begrenzt.
- die Vermittlung von Psychotherapie-Plätzen auch über die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zu ermöglichen
- den Übergang von Psychologie-Studierenden in eine Psychotherapie-Ausbildung zu erleichtern
- den Markt für frei werdende Psychotherapie-Kassensitze zu beenden. Heute, beklagen die Julis wie auch etwa die Deutsche Vereinigung für Verhaltenstherapie, zahlen frisch ausgebildete Therapeuten bis zu 100.000 dafür, dass ein in Rente gehender Therapeut sie für seinen frei werdenden Kassensitz empfiehlt.
Um Menschen zu unterstützen, die psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe benötigen, fordern die Jungliberalen darüber hinaus:
- eine Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gegen Stigmata und Tabus rund um psychische Erkrankungen
- bessere Leitlinien zu Nebenwirkungen von Psychopharmaka, bei denen gerade mögliche Nebenwirkungen für Frauen bessere berücksichtigt werden
- verpflichtende staatliche Kontrollen in psychiatrischen Kliniken, die zweimal pro Jahr stattfinden sollen
- deutlich mehr Schulpsychologinnen und -psychologen: Zunächst soll ihre Zahl so weit erhöht werden, dass auf 5000 Schüler mindestens ein Schulpsychologe kommt
- Härtefallregelungen für Schüler, die psychisch erkranken, damit schulischer Druck von ihnen genommen werden kann.
Jens Teutrine, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, erklärt dazu gegenüber watson:
Die gewachsene Aufmerksamkeit reiche aber nicht aus, ergänzte Teutrine. Er begründet die Forderungen der Jungen Liberalen so:
Besonders junge Menschen litten an den sozialen Folgen der Corona-Lockdowns. Teutrine fordert mehr Aufmerksamkeit für sie. Wörtlich meint er:
Neben den konkreten Forderungen stehen im Antrag der Jungen Liberalen auch allgemeinere Ziele für eine bessere Versorgung und Betreuung von Betroffenen: unter anderem eine bessere Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern in Justiz und Verwaltung im Umgang mit psychisch Erkrankten und besonders hohe Hürden für eine zwangsweise Unterbringung von Betroffenen. Daneben setzen sich die Julis für ein besseres "Entlassmanagement" für den Übergang zwischen ambulanter und stationärer Behandlung ein – und für besseren Schutz psychisch Erkrankter vor Diskriminierung in Schule, Ausbildung und am Arbeitsplatz.
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