Um die Hafenstadt Mariupol gibt es seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine heftige Kämpfe. Die Stadt ist umzingelt, Fluchtkorridore für Zivilistinnen und Zivilisten scheitern immer wieder. Die humanitäre Lage in der Stadt ist katastrophal.
Zu Beginn der Woche stellte das russische Militär der Ukraine ein Ultimatum zu Mariupol. Die ukrainischen Streitkräfte sollten die Stadt am Montagvormittag verlassen und die Waffen niederlegen. Die Ukraine lehnte das ab. "Es wird keine Kapitulation, kein Niederlegen der Waffen geben", sagte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk der Zeitung "Ukrajinska Prawda" am frühen Montagmorgen. Sie forderte Russland auf, die Öffnung eines Fluchtkorridors zu ermöglichen.
In diese Kämpfe und Verhandlungen ist auch eine kleine, besonders umstrittene Gruppe involviert: das sogenannte Asow-Regiment. Wer sind die Kämpfer, die als rechtsextrem gelten – und die für die russische Propaganda eine große Rolle spielen?
Das Asow-Regiment ist ein freiwilliges Verteidigungsbataillon, das im Krieg gegen die Ukraine momentan das ukrainische Militär dabei unterstützt, die Hafenstadt Mariupol zu verteidigen.
"Asow" steht für das Asowsche Meer, an dessen Ufer das Regiment gegründet wurde – genauer gesagt in der Stadt Berdjansk.
Das Freiwilligenbataillon hatte zunächst keinen offiziellen Staus. Es war aber dem von der ukrainischen Regierung aufgebauten "Antiterroreinsatz" gegen die prorussischen Separatisten unterstellt.
Noch 2014, im Jahr der Gründung, wurde das Regiment Asow unter dem damaligen Innenminister Arsen Awakow in die ukrainische Nationalgarde aufgenommen. Damit ist es seither dem Innenministerium der Ukraine unterstellt.
Das Asow-Regiment gibt es seit 2014. Es wurde gegründet, als Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektierte. Es verfolgte damals vor allem das Ziel, das ukrainische Militär im Kampf gegen prorussische Separatisten zu unterstützen.
Die Kämpfer gelten als ultranationalistisch bis rechtsextrem. Einige der Gründer stammen aus dem sogenannten "Rechten Sektor". Dabei handelt es sich um eine kleine, aber aktive Gruppe ukrainischer Rechtsextremer, berichtet die "Deutsche Welle". Unter den Gründern war auch Andrej Biletzki. Er ist seit Jahren in rechtsextremen Kreisen unterwegs und Anführer neonazistischer Organisationen.
Unter den Kämpfern im Asow-Regiment waren zum Beispiel Ultras aus der Fußballszene, oder auch Leute, die in nationalistischen Kreisen unterwegs waren. "Es waren Gruppen, die man in Deutschland als freie Kameradschaften beschreiben würde", erzählt Andreas Umland, Experte am Stockholmer Zentrum für Osteuropa-Studien, gegenüber der "Deutschen Welle".
Ihr Erkennungszeichen ist die Wolfsangel: Blau auf gelbem Hintergrund. Ein Symbol, das auch von der SS im nationalsozialistischen Deutschland verwendet wurde.
Tatsächlich ist es so, dass das Regiment politisch keinen großen Einfluss hat. Die Partei "Swoboda", die als politischer 'Arm' mehrerer kleiner ultranationalistischer Bewegungen galt, bekam bei der letzten Wahl 2019 lediglich 2,2 Prozent.
In der Ukraine gibt es für den Einzug ins Parlament eine Fünf-Prozent-Hürde, die rechtsradikale Partei verpasste somit den Sprung in die Werchowna Rada, das Parlament in der Ukraine.
Auch Andrij Bilezkyj, einer der Mitgründer von "Asow", hat seit der Wahl 2019 kein Direktmandat mehr.
Die Zahl der Asow-Kämpfer liegt im unteren vierstelligen Bereich. Laut Medienberichten soll das Regiment im ersten Kriegsjahr 2014 von wenigen Hundert auf etwa 1000 Männer gewachsen sein. Inzwischen soll das Regiment ungefähr 2000 Kämpfer umfassen.
Zum Vergleich: Die ukrainischen Streitkräfte umfassen aktuell 200.000 aktive Soldaten. Mit restlichem Personal kommt das Militär auf knapp 500.000 Soldaten
Die Asow-Miliz ist sehr gut in rechtsextreme Kreise in ganz Europa vernetzt, auch nach Deutschland – zum Beispiel zur Kleinpartei "Der III. Weg" oder zur "Identitären Bewegung".
Vor allem in ihren Anfangszeiten hat das Asowsche Regiment viel Rekrutierung betrieben. Auch in Deutschland schlossen sich zum Beispiel einige Neonazis und Hooligans an. Heute werbe das Regiment zwar weiter um Kämpfer, aber zahlenmäßig spiele das keine große Rolle mehr. Das erklärt Extremismusforscher Alexander Ritzmann im Gespräch mit dem "Deutschlandfunk". Denn im Krieg gegen die Ukraine rekrutiert die ukrainische Regierung selbst offiziell Freiwillige aus dem Ausland.
Die Uno-Menschenrechtsorganisation OHCHR wirft dem Regiment mehrere Menschenrechtsverletzungen vor, darunter Vergewaltigung und Folter.
Laut dem "Spiegel" etwa sollen zehn Asow-Kämpfer 2014 einen geistig behinderten Mann entführt und vergewaltigt haben. 2015 sollen drei Männer des Regimes einen Mann aus Mariupol entführt und mit Stromschlägen gefoltert haben, weil dieser Unterstützung für die Separatisten geäußert habe.
Momentan wird die Hafenstadt Mariupol vom Asow Regiment verteidigt. Wie genau das Bataillon vorgeht, ist nicht bekannt.
Über ihren Telegram-Kanal verbreitete das Regiment in letzter Zeit mehrerer Erfolgsmeldungen, wie "Zeit Online" berichtet. So verkündete es, sechs russische Panzer, zwei Schützenpanzer, ein weiteres Militärfahrzeug und feindliche Infanterieeinheiten vernichtet zu haben. Ob diese Angaben stimmen, kann jedoch nicht überprüft werden.
Der russische Präsident Wladimir Putin verwendet das Asow-Regiment gern als Vorwand für den Krieg gegen die Ukraine.
Immer wieder versucht die russische Regierung, Angriffe in der Ukraine mit dem Regiment zu rechtfertigen. So auch bei einem Angriff auf eine Geburtsklinik in Mariupol. Sergei Lawrow, der russische Außenminister, behauptete am 10. März, es seien keine Schwangeren und kein Personal in der Klinik gewesen, sondern nur Asow-Kämpfer, deren Basis die Geburtsklinik gewesen sei. Auch das ist eine offensichtliche Lüge, die Journalisten der Nachrichtenagentur "Associated Press" durch ihre Berichte aus Mariupol widerlegen.
Im russischen Staatsfernsehen wird das Asow-Regiment immer wieder als Propaganda benutzt. Dort wird mit deren Existenz verbreitet, dass die Ukraine vor allem von Neonazis beherrscht wird.
Putin hat die Invasion der Ukraine unter anderem mit dem Ziel gerechtfertigt, das Land zu "entnazifizieren". Die Ukraine, so geht Putins Propagandaerzählung, werde von "Faschisten" und "Drogenabhängigen" regiert. Das ist eine Lüge: Die ukrainische Regierung um Präsident Wolodymyr Selenskyj ist weder rechtsextrem noch besonders nationalistisch.