Das Bild eines weißen Ballons über dem US-Bundesstaat Montana ging seit Freitag um die Welt. Offenbar handelte es sich dabei um ein Spionage-Instrument. Die USA sind sich sicher, dass der Ballon aus China gekommen war – und schossen den Flugkörper ab.
Solche Sichtungen – übrigens nicht nur über den USA, sondern auch über Kanada und Kolumbien – werfen Fragen auf: Was wollte China herausfinden?
China beharrt darauf, dass der Ballon nicht zur Spionage, sondern zur Untersuchung von Wetterereignissen eingesetzt worden sei. Dieser habe sich aus Versehen in den US-Luftraum verirrt, die Entscheidung der US-Luftwaffe, ihn abzuschießen, sei völlig übertrieben.
Fest steht: Dieser neue Streit hat die ohnehin sehr schwierige Beziehung zwischen China und den USA immens verschlechtert. "Die Beziehungen zwischen China und den USA sind in eine seit 50 Jahren beispiellose Krise geraten", sagt der unabhängige chinesische Politikwissenschaftler und ehemalige Uni-Dozent Wu Qiang.
Wie aber sieht es in Deutschland aus? Müssen wir hierzulande auch mit etwaigen Attacken dieser Art rechnen?
Das Innenministerium hält sich zunächst bedeckt. "Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat die in Rede stehende Berichterstattung zur Kenntnis genommen", heißt es auf watson-Anfrage. "Derzeit arbeiten die zuständigen Behörden an der Klärung des Sachverhalts. Auf Grundlage der bisher vorliegenden Erkenntnisse wären Bewertungen, auch hinsichtlich etwaiger Schutzmaßnahmen, verfrüht und spekulativ."
Gefragt hatte watson zudem, inwieweit Deutschland für ähnliche Attacken gerüstet sei – eine Antwort blieb hier aus.
Die Beziehung zwischen den USA und China – die sich eigentlich mit der Zeit zumindest ein wenig zu entspannen schienen – ist indes wieder vereist. US-Außenminister Antony Blinken hat seinen geplanten Besuch in Peking aufgrund des Ballons verschoben.
Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer sagt dazu, chinesische Medien hätten schon zuvor verkündet, dass Peking vom Besuch des US-Außenministers keinen positiven Beitrag für die bilateralen Beziehungen erwarte. "Im Klartext heißt das: Peking ist nicht zu relevanten Fortschritten bereit. Mit Nadelstich-Provokationen bringt die chinesische Führung ihre feindselige Haltung zum Ausdruck", erklärt Bütikofer auf watson-Anfrage.
Und was ist mit der Beziehung der EU zu Peking?
"Für die EU ist der Vorgang sicher lehrreich", meint der Grünen-Außenpolitiker. Und:
In den vergangenen Tagen hatte China seine Kritik an den USA für den Ballon-Abschuss noch verschärft. Aus Protest bestellte das Außenministerium den Geschäftsträger der US-Botschaft in Peking ein. Vizeaußenminister Xie Feng geht davon aus, die USA hätten damit die Bemühungen und Fortschritte auf beiden Seiten, die Beziehungen zu stabilisieren, "ernsthaft beeinträchtigt und beschädigt".
Das Eindringen des Ballons sei nur ein "Unfall" gewesen, der durch "höhere Gewalt" passiert sei. "Die Fakten sind klar und können nicht verdreht werden." Trotzdem hätten sich die USA "taub gestellt" und darauf bestanden, "Gewalt gegen ein ziviles Luftschiff zu missbrauchen, das dabei war, den Luftraum der USA zu verlassen".
Dass der Ballon am Freitag über Montana gesichtet wurde, gibt Beobachter:innen Anlass zu Spekulationen: Man geht davon aus, dass vermutlich die Malmstrom Air Force Base nahe der Stadt Great Falls ausgespäht werden sollte – sie ist einer von drei Standorten, an denen die US-Streitkräfte Interkontinentalraketen vom Typ Minuteman-III stationiert haben.
Das sind sogenannte strategische Atomwaffen, die mit zwei weiteren nuklearen Systemen den Kern der amerikanischen Abschreckung bilden.
(Mit Material von dpa)