Als dritter Kandidat stellte sich am Mittwochabend Armin Laschet der "ARD-Wahlarena".Bild: dpa / Axel Heimken
Analyse
"Haben Sie schon einmal gekifft?", das war die erste Frage, mit der sich Armin Laschet (CDU) an diesem Mittwochabend in der "ARD-Wahlarena" konfrontiert sah. Sie kam von einer 17-jährigen Schülerin, die außerdem Redakteurin einer Schülerzeitung ist.
"Nein", lautete die klare Antwort des Unions-Kanzlerkandidaten. Aber erst, nachdem er erzählt hatte, dass auch er früher Redakteur einer Schülerzeitung gewesen sei. Auch von der Legalisierung sei er nicht überzeugt. Und zwar, weil er Menschen in seinem Umfeld habe, die durch das Rauchen von Hasch drogensüchtig geworden seien.
Laschet machte an diesem Mittwoch das Trio komplett: Seine Kontrahenten Annalena Baerbock und Olaf Scholz haben sich bereits in der Vorwoche den Fragen der Bürgerinnen und Bürger gestellt. Das ist das Konzept der "ARD-Wahlarena", die live aus dem Lübecker Hafen von Andreas Cichowicz und Ellen Ehni moderiert wurde.
Den Start in den Abend hatte sich der Kanzlerkandidat wahrscheinlich anders vorgestellt. Nicht nur die Frage nach den Drogen. Auch Klimaaktivisten, die sich vor der Ankunft Laschets am Veranstaltungszentrum mit Kunstblut übergossen hatten. Mit der Aktion hätten sie darauf aufmerksam machen wollen, dass sich sechs Aktivisten in Berlin seit zwei Wochen im Hungerstreik befänden. Die Forderung: ein öffentliches Gespräch mit den Kandidaten und die Einsetzung eines Bürgerrats zum Klimaschutz, das berichtete die Zeitung "Stern".
Aktivisten versuchten mit einer Aktion Aufmerksamkeit zu bekommen.Bild: dpa / Axel Heimken
Falls Laschet dadurch irritiert gewesen sein sollte, ließ er sich nichts anmerken. Er erzählte Geschichten von früher. Holte weit aus, um Fragen zu beantworten. Vor allem dann, wenn konkrete Pläne in der nahen Zukunft von Interesse gewesen wären. Wie beispielsweise bei der Frage einer 15-jährigen Klimaaktivistin: "Welche Sofortmaßnahmen wollen sie in den ersten 100 Tagen im Amt durchsetzen?"
Laschet erzählt von Al Gore, den er in den 90ern schon gelesen habe. Er wolle sich im nächsten Jahrzehnt für ein klimaneutrales Deutschland einsetzen. Und auf Nachfrage lieferte er nach: damit müsse auch in den ersten hundert Tagen nach der Wahl schon begonnen werden – durch beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren.
"Was halten Sie von der Idee, die Menschen am 26. September wählen zu lassen, statt jeder Stimmung nachzugeben?"
Armin Laschet in der "ARD-Wahlarena"
Die Fragen, die dem Unions-Kandidaten um die Ohren geknallt wurden, deckten alle erdenklichen Themen ab: Mieten, Langzeitarbeitslosigkeit, Kohleausstieg in der Lausitz, Fluthilfen im Ahrtal, Entwicklungshilfe, Hans-Georg Maaßen, Rassismus oder die Diskriminierung von Behinderten.
Was will Armin Laschet, wenn er Kanzler wird?
- Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens anheben
- Die 450-Euro-Jobs auf 550-Euro-Jobs aufstocken
- Neue Wohnungen bauen
- Rassismus überwinden (möglicherweise durch eine verstärkte Antidiskriminierungsstelle)
- Eine vielfältige und diverse Bundesregierung bilden
- Das 1,5-Grad-Ziel erreichen (durch einen Strukturwandel)
- Meinungsfreiheit stärken
- Planungssicherheit für die Landwirtschaft schaffen
- Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen
Nicht nur die Einstiegsfrage nach dem eigenen Drogenkonsum schien den Unions-Kandidaten zu überrumpeln. Sondern auch die Frage eines Mannes aus dem Ruhrgebiet: "Die Umfragen zeigen, die Menschen wollen Sie nicht als Unions-Kandidaten. Wenn es Ihnen wirklich um die Menschen geht, warum treten Sie nicht zurück?" Da musste Laschet erst einmal schlucken, seine Fassung wiederfinden.
Die ersten Worte seiner Antwort wirkten noch schnippisch, dann aber hatte sich der Christdemokrat wieder im Griff: "Was halten Sie von der Idee, die Menschen am 26. September wählen zu lassen, statt jeder Stimmung nachzugeben?" Am Ende müsse jeder der Kanzlerkandidaten das Ergebnis ohnehin akzeptieren.
Das Moderatoren-Duo hielt sich mit eigenen Fragen zurück: es ging um die Bürgerinnen und Bürger.Bild: dpa / Axel Heimken
Auffällig war: Erzählten die Bürgerinnen und Bürger von persönlichem Leid, wurde der Kanzlerkandidat weich, bot direkte Hilfe an. Beispielsweise berichtete eine Langzeitarbeitslose, keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und das trotz guter Qualifikation – Laschet lies sich ihre Nummer geben, damit er sie gegebenenfalls vermitteln könnte.
Er nahm ausdrücklich eine junge Frau in Schutz, die sich nicht ins Studio getraut hatte, weil sie nicht geimpft sei. In einer Audio-Nachricht berichtete sie, sich nicht mehr zu trauen, ihre Meinung zu äußern. Weil sie weder zu den Impfgegnern, noch zu den Befürwortern zähle, sondern unsicher sei. "Nach allem, was wir heute wissen, ist der Impfstoff sicher. Deshalb empfehle ich Ihnen, lassen Sie sich impfen", sagte er. Und an den rest der Republik gerichtet: "Fallt nicht über jemanden her, weil er eine andere Meinung hat."
Vom Landesvater zum Bundesvater?
Bei vielen Fragen verwies Laschet darauf, wie er es bereits in Nordrhein-Westfalen (NRW) handhabe. Möglicherweise, um klarzustellen: Ich kann das, vertraut mir. So zum Beispiel beim Thema Antirassismus. Eine junge Frau fragte, ob er für oder gegen ein bundesweites Antidiskriminierungsgesetz sei. In NRW werde schon darauf geachtet, erklärte Laschet. Und wenn er in Berlin verantwortlich wäre? Für ihn ganz klar:
"Ich möchte mehr Diversität in der Bundesregierung widerspiegeln. Ich werde ein Bundeskanzler sein, der sich mit jedem anlegt, der rassistisch handelt."
Auch beim Thema Wohnungsbau und Klimawende hob er NRW als Vorzeigebundesland hervor. Als ein Betroffener aus Ahrtal berichtete, dass er bei der Flut im Sommer alles verloren hatte, verwies Laschet auf die Soforthilfe – er kenne sich mit dem Thema aus, schließlich sei auch sein Bundesland betroffen. Und so erklärte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen ganz staatsmännisch einem Rheinland-Pfälzer, welche Unterstützungen er beantragen könne und wie das Procedere abzulaufen habe.
Am Ende haben nicht Abtreibungen, der Klimawandel oder die Außenpolitik die US-Präsidentschaftswahl entschieden. Wichtigstes Thema waren die Inflation und die Preise. Für 34 Prozent der republikanischen Wähler:innen war es laut einer Umfrage von YouGov ausschlaggebend für die Wahlentscheidung.