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Robert Habeck: Das steckt hinter den Vetternwirtschaft-Vorwürfen

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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) steht wegen der Besetzung von Posten in seinem Ministerium in der Kritik. Bild: IMAGO/Frank Ossenbrink
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Vetternwirtschaft: Was die Vorwürfe gegen Habeck bedeuten – und warum er nicht allein ist

04.05.2023, 11:57
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Die Union fordert die "lückenlose Aufklärung", die Linke spricht von "moralischen Überfliegern", die weitermachen wie die Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Gemeint ist das Ministerium von Robert Habeck (Grüne). Denn im Wirtschaftsministerium, so lautet der Vorwurf, herrschen Vetternwirtschaft und "Clan-Strukturen".

Ursprung der Kritik: Die freundschaftlichen und familiären Verflechtungen im Ministerium Habecks. Und zwischen seinen Staatssekretär:innen und den Leiter:innen von Instituten, die für das Ministerium Gutachten anfertigen. Klingt nach einem schönen Gemauschel.

Aber mal einen Schritt zurück: Was ist überhaupt passiert? Wie geht es jetzt weiter? Und ist Habeck der einzige, der sich solchen Vorwürfen stellen muss?

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Habeck und die Graichens: Familienprojekt Wirtschaftsministerium

Eigentlich ist die Geschichte, dass Habeck zwei seiner Staatssekretäre im engsten Umfeld gefunden hat, nicht neu. Die "taz" berichtete bereits im Winter 2021 von Habecks Netz im Wirtschaftsministerium. Konkret geht es um Staatssekretär Patrick Graichen und den Parlamentarischen Staatssekretär Michael Kellner.

Beide wurden von Habeck wohl ohne Ausschreibung auf ihre Posten beordert. Eine solche Ausschreibung gehört eigentlich zur Besetzung von öffentlichen Stellen dazu. Damit aber nicht genug: Graichen und Kellner sind verschwägert. Kellner ist nämlich mit Patrick Graichens Schwester Verena verheiratet.

Verena Graichen wiederum ist nicht nur die Schwester beziehungsweise Frau der beiden Staatssekretäre, sie ist auch Wissenschaftlerin beim Öko-Institut – und dieses Institut erarbeitet immer wieder bezahlte Gutachten für die Bundesregierung. Auch für das Wirtschaftsministerium. Teil des Teams beim Öko-Institut ist auch ein weiterer Graichen: Bruder Jakob.

Die "Bild" berichtete daraufhin von einem "Kumpel"-Netzwerk, CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach sogar von einem "Grünen Klüngel-Clan". "Die Wahrnehmung der Funktion erfordert ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Minister", wird die Antwort des Ministeriums zitiert.

Irgendwelchen Klüngeleien wollte das Ministerium wohl von Anfang an vorbeugen. Es werde sichergestellt, "dass keine Interessenkonflikte bei der Vergabe von Studien oder Aufträgen entstehen", zitierte die "taz" das Ministerium schon 2021. Und weiter: Die "hierfür notwendigen Schritte und Strukturen" würden "rechtssicher eingerichtet und umgesetzt".

So weit, so gut? Nicht ganz: In einem Gespräch mit dem "WDR" erklärt der Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann, dass bei einer solchen Berufung die engen Beziehungen von Anfang an offengelegt werden müssten. Und dass natürlich dann sichergestellt werden müsste, verflochtene Personalien von Entscheidungsprozessen fernzuhalten. Meint: Werden Aufträge vom Wirtschaftsministerium ans Öko-Institut vergeben, dürfen weder Kellner noch Graichen etwas damit zu tun haben.

Etwas Ähnliches ist aber passiert: Patrick Graichen war an der Auswahl für den Posten an der Spitze der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena) beteiligt. Besetzt wurde diese Stelle schließlich mit Graichens Trauzeugen Michael Schäfer.

Sowohl Habeck als auch Graichen sprechen inzwischen von einem Fehler, die Dena dürfte das Verfahren neu aufrollen. An Graichen hält Habeck fest. Im Gesprächsformat "RND vor Ort" verteidigte er ihn als den Mann, "der Deutschland vor einer schweren Energiekrise bewahrt hat".

Robert Habecks Reputation ist angekratzt

Doch auch wenn Habeck jetzt um Schadensbegrenzung bemüht ist, wird wohl ein Beigeschmack bleiben. CDU-Generalsekretär Mario Czaja beispielsweise hat Zweifel an Habecks Amtsführung bei Welt-TV geäußert.

Habeck habe in seinem Apparat ein Küchenkabinett aufgebaut, 18 Referatsleiter-Positionen ohne Ausschreibung besetzt und regiere "gegen den Sachverstand des Ministeriums", sagte Czaja.

Press Conference About Official Election Of CDU Chairman
BERLIN, GERMANY - JANUARY 31: Mario Czaja, General Secretary of the CDU (Christian Democratic Union), is pictured during the press conference a ...
Mario Czaja (CDU) stellt die Integrität Habecks infrage.Bild: Photothek via Getty Images / Florian Gaertner

Die Folge sei "der ganze Mist", den er bei der Gaspreisbremse, beim Heizungsgesetz oder in der Energiepolitik mit dem Atomausstieg gebaut habe, kritisierte der CDU-Generalsekretär. "Das ist kein guter ökologischer Umbau. Und er kann dieses Amt auch nicht mehr neutral ausüben." Gegenüber der "Bild" fordert Czaja außerdem, dass sich Habeck von Graichen trennt.

Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, Czajas Vorwurf zur Vergabe von Referatsleiter-Positionen sei falsch, was auch aus einer kleinen Anfrage hervorgehe, die der CDU-Fraktion vorliege. Seit Dezember 2021 seien in neun Fällen Referatsleiterpositionen ohne vorherige Ausschreibung besetzt worden. Der Grund: Die Wahrnehmung der Funktion erforderte ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Minister.

Darüber hinaus seien im Rahmen der üblichen Rotation weitere Positionen durch statusgleiche Verschiebungen besetzt worden, wofür keine Ausschreibung nötig ist.

Vorwürfe: Es geht nicht nur um Posten

Mit dem oben angesprochenen ganzen "Mist" meint Czaja diverse Anlässe zur Kritik an Gesetzentwürfen des Habeck-Ministeriums. Jüngst beispielsweise das vermeintliche Desaster mit den Heizungen, die angeblich getauscht werden müssten, auch wenn sie neu sind. Ein falsches Framing, das natürlich verfängt. Eine Erzählung, die beispielsweise CSU-Chef Markus Söder oft wiederholt hat.

Tatsächlich steht in dem Gesetzentwurf nämlich, dass ab 2024 neue Heizungen auf erneuerbare Energien setzen müssen. Ausnahmen seien möglich. Bestehende Heizungen dürften weiterbetrieben, kaputte repariert werden. Und auch mit dem Atomausstieg, auf den Czaja zu sprechen kommt, hat Habeck eigentlich nicht so viel zu tun. Dieser Schritt wurde bereits 2011 unter Alt-Kanzlerin Merkel beschlossen.

Dieses Muster ist bei der aktuellen Kritik aus einigen Ecken erkennbar: Es geht den Kritisierenden längst nicht mehr nur um vergebene Posten, sondern auch um Habecks Politik.

Differenzierter äußerte sich der Verein Lobbycontrol, der von Habeck auch Konsequenzen fordert. Dass der Top-Posten bei der Dena neu ausgeschrieben würde, sei ein Anfang, erklärt Timo Lange in einem Statement der Initiative. Damit sei es aber nicht getan. Er fordert:

"Habecks Haus und die Bundesregierung insgesamt müssen nun klar aufzeigen, welche Konsequenzen sie ziehen wollen, damit sich ein derart unzulänglicher Umgang mit Interessenkonflikten nicht wiederholt."

Lange stellt klar: Es geht ihm ausschließlich um die Berufung des Dena-Chefs Schäfer. Denn die familiären Verflechtungen der Graichens und von Kellner seien transparent gemacht worden. Bislang gebe es aus Sicht von Lobbycontrol keine Hinweise auf eine familiäre Bevorteilung. Vergleiche mit Clan-Strukturen seien aus der Luft gegriffen.

Verpasste Ausschreibungen auch in anderen Ministerien

Habeck ist mit seinen Staatsminister:innen, die ohne Ausschreibung auf den Posten gehoben wurden, nicht allein.

FDP-Verkehrsminister Volker Wissing soll in seinem Ministerium laut Informationen der "Bild" 18 Stellen ohne Ausschreibung vergeben haben. Und auch Justizminister Marco Buschmann (FDP) muss sich diesen Vorwürfen stellen. Er soll sogar 19 Stellen ohne Ausschreibung vergeben haben.

Robert Habeck und die Lautstärke der Kritik

Außer Frage steht: Habecks Ministerium hat die Berufung des Dena-Chefs verbockt. Allerdings hinterlässt auch der laute Vorwurf der Klüngelei und Vetternwirtschaft einen faden Beigeschmack.

Auffällig ist: Bei keinem der beiden anderen Ministerien wird so laut, auch in einigen Medien, darüber diskutiert, wie es beim Ministerium Habecks wurde, bevor die Affäre um den Dena-Chef bekannt wurde.

Und so hat die berechtigte Kritik an Habeck und dessen Führungsstil auch einen Beigeschmack. Ein Geschmäckle, das auch schon bei dem Zerriss des Heizungs-Gesetzentwurfes oder der Kritik am Ende der Atomkraft laut wurde. Es wirkt eben auch so, als würden jene besonders laut poltern, die möglicherweise die Grünen fallen sehen wollen.

(Mit Material der dpa)

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