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Cannabis-Legalisierung: Fachstellen fordern von Lauterbach mehr Prävention

Fachstellen haben aktuell noch viele Fragen, was den Bereich Prävention bei der geplanten Cannabis-Legalisierung der Ampel angeht
Für den Konsum von Cannabis gibt es viele Gründe. Das kann etwa die Experimentierfreudigkeit der Jugend sein.Bild: pexels / pavel danilyuk
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Cannabis-Legalisierung: Fachstellen fordern mehr Geld für Prävention

26.08.2023, 14:33
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"Wann Bubatz legal", war wohl die regelmäßigste Frage, die die Bundesregierung in den vergangenen beiden Jahren gehört hat. Dicht gefolgt von Fragen zu Ampel-Streitereien oder dem russischen Angriffskrieg. Zumindest auf die Frage nach der Cannabis-Legalisierung gibt es mittlerweile eine klare Antwort: Sie kommt. Wenn auch anders, als gedacht.

12.04.2023, Berlin: Cem Özdemir (Bündnis90/Die Grünen,l), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, und Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, stellen bei einer Pressekonferenz d ...
Die Eckpunkte des Gesetzentwurfes haben die Ministerien von Özdemir (l.) und Lauterbach gemeinsam erarbeitet.Bild: dpa / Britta Pedersen

Aus dem Eckpunktepapier, das Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Frühjahr vorgestellt haben, ist mittlerweile ein vom Kabinett beschlossener Gesetzentwurf geworden. Konkret bedeutet das:

  • Der Konsum von Cannabis wird erlaubt
  • Menschen können Mitglieder in Cannabis-Vereinen werden und dort angebautes Gras zum Selbstkostenpreis erwerben – und zwar bis zu 50 Gramm im Monat
  • Konsumierende können das Grünzeug aber auch daheim selbst anbauen – erlaubt werden drei Pflanzen pro Person
  • Für 18- bis 21-Jährige soll es zudem eine THC-Obergrenze von 10 Prozent geben – THC, also Tetrahydrocannabinol, ist der Stoff, der für die berauschende Wirkung der Pflanze verantwortlich ist
  • In einem zweiten Schritt sollen später Modellregionen erlaubt werden, in denen Gras kommerziell erhältlich sein soll – wann das kommt, ist noch offen
Eine Frau liegt kiffend auf einem Bett. In Deutschland könnte dieses Bild bald Normalität werden, denn die Ampelkoalition aus FDP, Grünen und SPD möchte den Verkauf von Cannabis legalisieren.
Cannabis-Konsumierende haben nun Klarheit: Die Freigabe kommt.Bild: pexels / rodnae productions

Begründet wird der Vorstoß von Lauterbach auch mit Kinder- und Jugendschutz, sowie Gesundheitsschutz. Denn: Kaufen Konsumierende ihr Weed auf dem Schwarzmarkt, wissen sie nicht, was alles drinsteckt.

Teil-Legalisierung senkt Risiko beim Konsum

Immer häufiger fallen beispielsweise Blüten auf, die einen extrem hohen THC-Gehalt aufweisen – oder auch welche, die mit sogenannten synthetischen Cannabinoiden gestreckt werden.

Ein Problem, wie Janis Schneider von der Berliner Präventionsstelle gegenüber watson klarstellt. Er sagt:

"Die Gefahren, die von synthetischen Cannabinoiden ausgehen, sind bisher wenig erforscht, weil es ein verhältnismäßig neues Phänomen ist. Die Wirkung ist aufgrund zum Teil unbekannter Inhaltsstoffe und schwankender Dosierung schwer zu kalkulieren und es gibt kaum Erkenntnisse zu langfristigen Folgeschäden. Dadurch ist der Konsum sehr riskant."

In der Suchtprävention geht es genauso wie bei der akzeptierenden Drogenarbeit um sogenannte "Harm Reduction", also Schadensbegrenzung. Denn wie Schneider erklärt: Konsum ist immer riskant, es gibt aber Möglichkeiten, das Risiko zu minimieren.

Dazu gehört auch Konsumkompetenz. Also das Wissen darüber, was die Substanzen im eigenen Körper anstellen, wie sie wirken, welche Folgen sie haben können. Bei einem Produkt, bei dem klar ist, was drinsteckt, ist das natürlich einfacher nachzuvollziehen, als bei Blüten vom Schwarzmarkt.

Bisher bekommen Konsument:innen Grasblüten nur auf dem Schwarzmarkt – oder in Ausnahmefällen in der Apotheke.
Die Legalisierung stellt einen großen Fortschritt für Konsumkompetenz dar.Bild: pexels / kindel media

Experten befürworten Paradigmenwechsel

Was aus Sicht des Suchtexperten aber auch klar ist: Für Konsum und Rausch gibt es Gründe. Das kann zum Beispiel die Experimentierfreudigkeit der Jugend sein. Worum es nun also gehe, sei mögliche Gesundheitsschäden zu verringern. Auch deshalb ist Schneider im Großen und Ganzen zufrieden mit dem Gesetzentwurf. Er sagt:

"Den Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik hin zu einer Drogenpolitik, die auf wissenschaftlicher Erkenntnis basiert und nicht auf ideologischen Debatten oder populistischen Aussagen, begrüßen wir sehr."

Was es aber aus Sicht Schneiders zwingend brauche, sei ein schlüssiges Gesamtkonzept. Es dürfe nicht nur um die Freigabe des Cannabis gehen, sondern all das müsse in eine große Kampagne eingebettet werden. Genau das plant auch der Gesundheitsminister.

Mit kecken Sprüchen macht das Gesundheitsministerium etwa auf Instagram auf mögliche Folgen von Cannabis-Konsum für junge Menschen aufmerksam. Aus Sicht von Schneider zunächst einmal ein guter Ansatzpunkt, wie wirksam die Kampagne ist, müsse überprüft werden. Allein darauf zu setzen, reiche aber bei weitem nicht aus.

Fragen im Jugendschutz bleiben offen

Vielmehr müsse die Aufklärung auch dort stattfinden, wo sich Jugendliche aufhalten: in den Schulen, in den Jugendklubs. Das passiere auch heute schon. Schneider berichtet, dass er und sein Team fast täglich Kurse an Berliner Schulen geben. Dass das neue Gesetz auch den Jugendschutz in den Fokus nehmen möchte, findet der Experte deshalb gut. Was es aber brauche, um das auch großflächig bewerkstelligen zu können, sei Geld.

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Ein Punkt, der auch Katharina Tietz, Geschäftsführerin von Chill Out – eine Fachstelle für Konsumkompetenz in Potsdam – wichtig ist. Prävention und deren Finanzierung, meint sie, müssten wichtigerer Punkte innerhalb der Drogenpolitik werden.

Cannabis ist eine Droge, die besonders bei jungen Menschen beliebt ist.
Cannabis wird vor allem unter jungen Menschen gerne konsumiert.Bild: pexels / Pavel Danilyuk

Was aus ihrer Sicht außerdem nicht klar wird: Wie soll mit minderjährigen Konsument:innen umgegangen werden? Cannabiskonsum startet oftmals nicht erst ab 18 Jahren. Im schlimmsten Fall würde der Konsum von Schwarzmarkt-Cannabis also nur auf jüngere Menschen verschoben.

Aus Sicht des Deutschen Hanfverbandes könnte der Schwarzmarkt nur ausgetrocknet werden, wenn es tatsächlich zu einem frei regulierten Markt käme – so wie es die Ampel zu Beginn geplant hatte. Die Problematik hierbei: Ein solcher Vorstoß verstößt aktuell noch gegen geltendes EU-Recht.

"Legaler Eigenanbau und die Anbauvereine sind zwar auch Meilensteine auf dem Weg zu einer modernen Cannabispolitik, aber sie werden allein die Nachfrage nicht decken können", erklärt ein Sprecher des Vereins auf watson-Anfrage.

Aus Sicht von Tietz wäre es wichtig, dass die Gesellschaft insgesamt einen Blick darauf hat. Alles in allem begrüßt aber auch Tietz den Vorstoß der Regierung. Denn: "Es wird die Lebensrealität vieler Menschen anerkannt. Konsum findet überall statt."

Gerade mit Blick auf die Risikominimierung sei natürlich Gras, das aus eigenem Anbau stammt oder aus einem Cannabisklub, um Längen besser als das von der Straße. Denn dann wüssten Konsumierende, was wirklich drinsteckt.

Was für Tietz aber noch zu schwammig formuliert ist, sind die Obergrenzen. Denn sie verstehe nicht, warum Menschen drei Pflanzen besitzen dürften – von denen bei einem grünen Daumen mehr als 50 Gramm abfielen – aber nicht so viel erwerben dürfen.

Bis zu drei Cannabis -Pflanzen sollen Menschen in Zukunft zu Hause haben dürfen.
Bis zu drei Cannabis-Pflanzen sollen Menschen bald zu Hause haben dürfen.Bild: pexels / Kindel media

Aus Sicht von Janis Schneider von der Berliner Stelle für Suchtprävention ergibt sich aus dem Gesetzentwurf zudem noch keine finale Erklärung, inwiefern Jugend- und Gesundheitsschutz, sowie Prävention in den Cannabis-Vereinen umgesetzt werden sollen. Plan des Gesetzgebers ist es, dass Personen für diese Posten ernannt werden. Er merkt an:

"Wir wissen bis heute nicht, wie qualifiziert diese Präventionsbeauftragten sein werden. Wie werden sie geschult? Wie wird die Qualität der Arbeit sichergestellt? Es ist wichtig, dass dort Schulungen von Fachpersonal durchgeführt werden, Youtube-Videos reichen da nicht."

Als Nächstes würde sich Tietz von der Konsumkompetenzstelle wünschen, dass auch bei anderen illegalen Substanzen die Realität des Konsums stärker in den Fokus gerate. Ihr geht es nicht darum, dass alle harten Drogen legalisiert werden, stellt sie klar. Wichtig sei allerdings eine ideologiefreie Debatte. Und eine Entstigmatisierung, denn nur so könnten Prävention und Konsumkompetenz vorangetrieben werden.

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