Julia Schwarzenböck beziet seit elf Jahren Hartz IV. Die 33-Jährige hat die Arbeitslosigkeit satt und sucht nach einem Job. Ein Team der ARD begleitete Schwarzenböck für die Reportage "Lange Hartz IV – endlich Arbeit".
Die TV-Sendung zeigt, warum die Frau aus Hessen es bei der Arbeitssuche so schwer hat – und was die Arbeitslosigkeit mit ihr macht.
Langzeitarbeitslosigkeit ist ein hartnäckiges Problem in Deutschland. Im Schnitt beziehen rund sechs Millionen Menschen Hartz IV. Viele von ihnen haben einen Job. 2018 waren im Schnitt 2,3 Millionen Menschen arbeitslos. Jeder Dritte davon war langfristig ohne Job.
Und wer einmal in der Arbeitslosigkeit gefangen ist, hat es schwer, sich daraus wieder zu befreien, wie der Fall von Julia Schwarzenböck zeigt.
Da wären einmal ihre Qualifikationen: Einen Beruf hat Julia Schwarzenböck nicht gelernt. Sie hat einen Hauptschulabschluss. Seit ihre Tochter vor elf Jahren geboren wurde, sei sie ohne Job. Sie arbeitete als Gebäudereinigerin und im Baumarkt im Lager. Mittlerweile findet sie aber einfach keine Arbeit mehr.
"Entweder kommt gar keine Antwort oder es kommt die Resonanz: 'Du bist ein Mädchen. Ob du Stapler fahren kannst?'" Ihr Gefühl sei es, von den Arbeitgebern nicht gewollt zu sein. "Ich weiß nicht, ob es an der Optik liegt", sagt sie. Schwarzenböck trägt mehrere Piercings im Gesicht. Aber auch, wenn sie die vor Bewerbungsgesprächen entfernte, wurde es offenbar nicht besser.
Das Jobcenter schickt Schwarzenböck in der Sendung in eine Maßnahme: Sie muss am sogenannten "Aktivierungscenter" teilnehmen. Dort lernen Hartz-IV-Empfänger etwa, Bewerbungsschreiben aufzusetzen. Wer fehlt, wird sanktioniert, bekommt also weniger Geld. Über ein Praktikum soll Schwarzenböck nach den Plänen ihres Betreuers beim Jobcenter wieder Berufserfahrung bekommen.
Das Reporter-Team filmt Schwarzenböck für die am Sonntag ausgestrahlte Sendung auch zuhause mit ihrer Tochter. Dort berichtet die 33-Jährige, was sie in ihrer Freizeit macht.
"Ich mache wahrscheinlich das, was jeder normale Mensch macht", sagt sie. Waschen, Putzen, Einkaufen. Morgens ist sie mit ihrer Tochter beschäftigt. An Wochenenden würden sie zu Musik-Festivals fahren.
Die 33-Jährige unterhält sich aber auch mit zwei Hobbys. Diese sollen helfen gegen ein Problem, das viele Hartz-IV-Empfänger kennen: die mangelnde Beschäftigung, die gezwungene Freizeit, die irgendwie gefüllt werden muss, ohne dafür wirklich finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben.
Und so steckt Schwarzenböck in ihrer Freizeit aus Bügelperlen Bilder von sich und ihrer Familie zusammen. "Natürlich gleich groß, denn ich habe ja Zeit", sagt sie über die lebensgroßen Werke.
Außerdem häkelt Schwarzenböck gerne. Dank einer App häkelt sie nun ein Foto ihrer Tochter als Decke. "So zwischendrin 'ne Beschäftigung, das muss sein", sagt sie. "Sonst krieg ich echt die Krise."
Mit ihrem Schicksal ist Julia nicht allein. Schon eine Studie aus dem Jahr 1933 hat sich mit dem Alltag von Arbeitslosen befasst und dabei herausgefunden, dass die viele Freizeit ein tragisches Geschenk darstellt: Das Nichtstun beherrscht den Alltag, und das ist für niemanden schön. Bei einem Großteil der Teilnehmer der Studie waren Resignation und Aktivitätsverlust zu beobachten – auch in der Freizeit. Erst mit dem festen Rhythmus einer Beschäftigung wird auch Aktivität in anderen Bereichen wie der Freizeit gefördert.
Einen Job oder einen Praktikumsplatz hat Schwarzenböck am Ende der Sendung nicht gefunden. Aber die Routine durch die Jobcenter-Maßnahme im "Aktivierungszentrum" gefällt ihr. "Vorher war es dieser Trott: aufstehen, Haushalt, fertig", sagt sie. Jetzt habe sie noch eine Beschäftigung und sei ausgeglichener.
(ll)