Sabrina Setlur und TicTacToe sind in Deutschland endlich keine Ausnahmen mehr, Frauen sind im Rapgeschäft angekommen. Die wohl bekannteste von ihnen ist Schwesta Ewa, die in jüngster Zeit allerdings eher mit ihrem Nebenjob als Zuhälterin als mit Musik von sich reden gemacht hat.
Neben der berüchtigten "Schwesta" aus Frankfurt gibt es noch einige andere Rapperinnen im Geschäft.
Aber wie viele Lines droppen diese Künstlerinnen eigentlich zu Themen wie Gleichberechtigung und Frauenrechten ins Mikrofon?
Die gebürtige Münchnerin mit türkischen Wurzeln ist gläubige Alevitin, trägt 90er-Jahre-Klamotten und beginnt ihre Songs gern mal mit dem Wort "Komplexität".
Da können so Themen wie Feminismus und Rassismus natürlich nicht platt abgearbeitet werden.
Deutschrap sollte "experimenteller, queerer und mutiger" sein, sagt die 28-Jährige. Deswegen ist sie jetzt da.
Ebow ist die Avantgarde des aktuellen Feminismus-Verständnis und vereint verschiedene gesellschaftliche Minderheiten, die sie jetzt stolz machen repräsentieren kann.
Sookee hat mal Gender Studies studiert und doziert jetzt in ihren Rap-Songs zu so klangvollen und singbaren Themen wie Heteronormativität.
Die 35-Jährige setzt sich schon seit Jahren unermüdlich gegen Homophobie und Sexismus im Rapgeschäft ein. Manchmal ganz einfach, indem sie aus dem Branchen-internen Spruch "No Homo" einfach den Song "pro Homo" macht.
Manchmal sitzt sie aber auch im Sozialarbeiterinnen-Modus bei Deutschrap-Urgestein und Kalauer-König MC Bogy und versucht, dessen Schenkelklopfer-Witze ("Sex ist gut, Weihnachten ist öfter") zu ignorieren und ihre Lösungen zur Sexismus-Problematik an den Mann zu bringen.
Die 20-Jährige ist noch nicht lange im Rap-Game und hat schon mit regionalen Gangsta-Rap-Größen wie Veysel und Xatar zusammengearbeitet.
Eunique heißt wirklich so, nennt sich manchmal Kobra und ihre Fans das "Kobra Militär". Die Hamburgerin rappt über ihren "Lifestyle einer Bad Bitch" mit "Vogue Zigaretten" und einem "Mindset wie Nutten".
Rassismus, Sexismus, soziale Ungerechtigkeit – wichtige Themen. Eunique kümmert sich erstmal um ihre Finanzen und fragt sich: "Mal schauen, wieviel Para ich bis morgen kriege". Eine Sorge, die wohl unisex sein dürfte. Gibt es eigentlich einen Gender Pay Gap im Deutschrap?
Euniques Finanzen werden sich jedenfalls in kommender Zeit weiter verbessern: Sie soll in der zweiten Staffel der TNT-Serie "4 Blocks" eine Rolle übernehmen.
Jetzt gibt's Stress. Juju und Nura sind keine Freundinnen von leisen Tönen. Dafür von Gras, Jim Beam und feiern gehen.
Die Berlinerinnen sind die "FTZN im Club" und rollen von "Party zu Party". Beim Schlangestehen prangern sie auch gesellschaftliche Missstände an: "Kanacken und Schwarze haben Hip Hop erfunden, aber Türsteher lässt sie nicht rein".
Soziale Ungerechtigkeit, Rassismus, Sexismus: Diese Themen gehen bei SXTN auch beim gegenseitigen Haare halten über der Toilette nicht verloren.
Diese Rapperin heißt nicht nur wie eine einsame Insel, gefühlt lebt sie dort auch. Zu den Themen Gender Equality, Frauenrechte und Feminismus singt Haiyti nicht viel.
Dafür rappt sie fast schon quengelnd darüber, wie ihr Herz für jemanden brennt, sie an jemanden denkt und was sie denn mit allem Gold der Welt soll, wenn dieser jemand nicht da ist. Poesie in verzerrter Autotune-Akustik: Haiyti hat, was Heinrich Heine heute nicht hätte.
Die Hamburger "Trap Queen" macht Musik für die Post-Bravo-Lovestory-Generation die manchmal eher nach Chansons als nach Rap klingt. Aber aufpassen, denn Haiyti's "Onkel war ein Mafioso."
Antifuchs ist seit 2013 in deutschen Battle-Raps unterwegs. Wie sie wirklich heißt, aussieht oder in welcher Stadt sie wohnt: Bis dato unbekannt.
Antifuchs kommt aus dem Battle-Rap und bleibt anti. Wie sehr sie dabei ihr Frau-Sein zelebriert, bleibt unklar. Denn Antifuchs tritt zum Rappen an "nicht wie 'ne Frau, nicht wie 'ne Transe – so wie ein Mann".
Männlichkeit als Skala zur Selbstbehauptung: Sookee würde bei solch Heteronormativität und Ausgrenzung von queeren und Transgender bestimmt die Geduld verlieren. Aber Antifuchs lädt uns alle zur Psychoanalyse und stellt ernüchternd fest: "Deutschrap ist kaputt und hat einen Vaterkomplex".
Ende März diesen Jahres soll ihr erstes Album erscheinen. Dann nimmt Deutschrap mal ein paar ordentliche Therapiestunden bei der Frau mit der Maske.
Dr. Bitch Ray hat im wahren Leben zum Thema "Die Bedeutung des muslimischen Kopftuchs in Deutschland" promoviert. Im Rapgame trägt sie weder Kopftuch noch hochgeschlossene Rollkragenpullover und ist auf den ersten Blick die weibliche Antwort auf Porno-Rapper wie Frauenarzt und Orgi69.
Aber Dr. Bitch Ray ist viel deeper: Sie stellt sich immer wieder offen gegen Rassismus und Islamophobie und versucht nebenher eben Deutschrap zu ficken (also offensivem Umgang mit Sexualität in der Gesellschaft zu promoten).
Seitdem sie 12 Jahre alt ist, rappt die gebürtige Bremerin mit türkischen Wurzeln. Dabei versucht sie mit ihrem "Bitchism" nicht nur persönliche Grenzen, sondern auch die der Gesellschaft zu durchbrechen.
Die Schwesta ist mittlerweile eine bekannte Gangsta-Rap-Größe. Ewa kam aus dem Rotlichtmilieu zum Rap und kann von Zuhälterei, Prostitution und Schwätzern ein Lied singen. Macht sie auch.
Die 36-Jährige ist das weibliche Pendant zu vielen Gangsta-Rapper-Kollegen wie Label-Kollege Xatar, der dort seinen schützenden Mantel über sie legt. Ihre Abneigung gegenüber männlicher Bevormundung ist laut Eigenaussage Ewas "Puffschaden".
Aber die "Schwesta" ist nicht nur ehemalige Prostituierte: Neben dem Rap-Geschäft war sie bis vor kurzem Zuhälterin.
Deutsche Gerichte sehen in dieser Gewerbe-Erwerbstätigkeit der Frankfurterin nicht viel Frauenpower: Ewa wurde im vergangenen Juni wegen Zuhälterei und Menschenhandel zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Gegen das Urteil will sie in Revision gehen.
(Edit: 3 von 5 Fäusten, weil diese Schwester hier ein bisschen Angst vor der "Schwesta" hat.)