Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) muss seine Coronapolitik immer wieder rechtfertigen. Er erhält tägliche Morddrohungen gegen sich und seine Familie und kann abends nicht allein das Haus verlassen. Aber auch Kritik und Vorwürfen seiner Politik-Kollegen:innen muss er standhalten.
So wie jetzt – gegen den CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz, der ihm "Alarmismus" vorwirft.
Wenn es nach Merz ginge, sollte Corona im Frühjahr 2023 offiziell für beendet erklärt werden. "Zu einer freiheitlichen Gesellschaft gehört auch die Verantwortung der Menschen im Umgang mit Corona", schreibt der CDU-Politiker auf Twitter. Er teile den "Alarmismus" von Gesundheitsminister Lauterbach nicht.
Für diesen Post erntet Merz Kritik und Hohn in den sozialen Netzwerken.
Die "heute-show" im ZDF stichelt, ob Merz jetzt auch "sämtlichen anderen Krankheiten endlich ein Ende setzen" kann. Ein Nutzer kommentiert: "Als nächstes erklärt Merz die Klimaerwärmung für beendet. Es kann so einfach sein." Eine Pandemie könne man nicht einfach "für beendet erklären", sind sich die Stimmen unter dem Post von Merz einig.
Auch Lauterbach kann die Aussage wohl nicht unkommentiert auf sich sitzen lassen.
"Im Moment gibt es keinen Grund für Alarm", schreibt der Gesundheitsminister auf Twitter. Alles sei für den Winter vorbereitet, dass es auch so bleibe. Denn vor allem "alte und kranke Menschen" müssen ihm zufolge im Winter geschützt werden. "Für eine christliche Partei müsste das selbstverständlich sein", meint Lauterbach.
Die Herbstferien machen den Anschein, als hätten sie der Corona-Welle einen Dämpfer verpasst: In Daten bis zur vergangenen Woche sieht das Robert Koch-Institut (RKI) weiter einen abnehmenden Trend. Doch wie wird das im Winter aussehen?
Eine Omikron-Sublinie ist derzeit im Aufwind.
Die Verbreitung der relativ neuen Omikron-Sublinie BQ.1.1 in Deutschland hat merklich zugenommen. Der Anteil dieses Erregers in einer Stichprobe habe vorvergangene Woche bei über acht Prozent gelegen, "was einer Vervierfachung des Anteils in den letzten vier Wochen entspricht", schreibt das RKI in seinem Covid-19-Wochenbericht von Donnerstagabend.
Ersten Erkenntnissen zufolge können diese Erreger der Immunantwort von Menschen, die geimpft und/oder genesen sind, besser entgehen als ihre Vorgänger. Bisher gibt es Fachleuten zufolge jedoch keine Anzeichen, dass der etwa in sozialen Medien gebrauchte Spitzname von BQ.1.1 – "Höllenhund" – Programm ist. Eine erhöhte Krankheitslast wird bisher nicht beobachtet.
"Ein abnehmender Trend" habe sich auch in der vergangenen Woche fortgesetzt, schreibt das RKI darüber hinaus zur Entwicklung der gemeldeten Corona-Fälle in Deutschland. Die RKI-Daten zu schweren Krankheitsverläufen deuten ebenfalls auf eine derzeit rückläufige Entwicklung hin: Die Zahl der Krankenhausbehandlungen wegen Covid-19 sei leicht zurückgegangen, hieß es. Auch auf den Intensivstationen im Land wurden weniger Schwerkranke als zuvor mit dem Virus behandelt.
(Mit Material von dpa)