Bei der "Global Money Week" geht es um die Bedeutung von finanzieller Bildung für junge Menschen.Bild: dpa / Frank Rumpenhorst
Gastbeitrag
23.03.2023, 14:3024.03.2023, 08:20
Ria Schröder und Anja Schulz
Diese Woche ist "Global Money Week". Eine Woche, in der die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) weltweit auf die Bedeutung von finanzieller Bildung für junge Menschen aufmerksam macht.
Nicht mitbekommen? Nie davon gehört? Das geht vielen so. Dabei jährt sich die GMW zum elften Mal.
Der geringe Bekanntheitsgrad der OECD-Initiative ist letztlich symptomatisch für die Bedeutung von Finanzwissen und ökonomischer Bildung in Deutschland: Beides ist nach wie vor Nebensache. Wir meinen: Das muss sich ändern! Denn ökonomische Bildung leistet einen großen Beitrag für Chancengleichheit, die Sicherung unseres Wohlstands und die Gleichberechtigung der Geschlechter.
Die Autorinnen
Ria Schröder und Anja Schulz sind Abgeordnete der FDP im Bundestag. Schröder ist die bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, Schulz ist Mitglied im Finanzausschuss und im Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Finanz-Wissen ist unterschiedlich ausgeprägt
In einer Studie des Bankenverbands wussten 86 Prozent der Befragten zwischen 14 bis 24 Jahren nicht einmal annähernd, wie hoch die derzeitige Inflationsrate in Deutschland ist. Laut DIW konnten 44 Prozent den Zinssatz ihres Konsumkredites nicht benennen und nach Angaben der Stiftung Finanztip wusste Ende 2021 jeder Zweite nicht, ab wann Dispozinsen anfallen. Quer durchs Land mangelt es den Menschen an fundamentalsten Kenntnissen zu Wirtschaft und Finanzen.
Ria Schröder ist bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.Bild: imago images/Hanno Bode
Allerdings fällt schnell auf, dass das Finanzwissen innerhalb der Bevölkerung sehr unterschiedlich ausgeprägt ist: Die größten Defizite zeigen sich bei Frauen, älteren Menschen und Personen mit geringem Einkommen.
Warum ist dieses Thema so wichtig? Wissenschaftliche Studien zeigen: Menschen mit höherem Finanzwissen setzen sich gründlicher mit ihrer Altersvorsorge auseinander, partizipieren eher am Kapitalmarkt und bauen im Laufe ihres Lebens ein größeres Vermögen auf.
Anders gesagt: Ökonomische Bildung macht Menschen finanziell unabhängig. Gibt ihnen die Möglichkeit, sich ihre materiellen Träume zu erfüllen und reduziert das Risiko von Altersarmut. Sie leistet damit einen entscheidenden Beitrag zum persönlichen Wohlstand des einzelnen – in der Gegenwart und in der Zukunft – und ist damit ein Garant für eine stabile soziale Marktwirtschaft.
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Finanzwissen ist zu wichtig, um allein auf Erkenntnissen aus dem familiären Umfeld und eigenen Alltagserfahrungen zu beruhen. Deswegen braucht Deutschland eine Nationale Finanzbildungsstrategie, eine zentrale Finanzbildungsplattform sowie eine starke institutionelle ökonomische Bildung.
Auf Bundesebene haben wir die Zeichen der Zeit erkannt. Daher werden Finanzminister Lindner und Bildungsministerin Stark-Watzinger diese zentralen Punkte in den kommenden Monaten angehen.
Deutschland hat Nachholbedarf
Im internationalen Vergleich haben wir Nachholbedarf: Als eines der wenigen OECD-Länder hat Deutschland bislang keine nationale Finanzbildungsstrategie entwickelt – obwohl die Europäische Kommission und die OECD das seit Langem empfehlen.
Anja Schulz sitzt für die FDP im Finanzausschuss und im Ausschuss für Arbeit und Soziales.Bild: fdp
Damit einhergehend fehlt es auch an aussagekräftigen Untersuchungen zum aktuellen Status quo. Wo stehen wir? Wo gibt es Lücken? Welche Herausforderungen und Bedarfe zeichnen sich (heute und künftig) ab? Auf Basis dieser Antworten sollten Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Förderung von finanzieller Bildung ergriffen werden. Dabei müssen aus Bildung, Finanzen und Verbraucherschutz alle relevanten Stakeholder sinnvoll eingebunden werden.
Während eine Finanzstrategie also aufzeigt, wo Lücken bestehen bzw. wie es um den aktuellen Lernstand im Land steht, müssen wir uns auch der Frage stellen, wo (sprich an welchem Lernort) und wann (sprich zu welchem Zeitpunkt im Leben) finanzielle Bildung vermittelt werden soll.
Finanzthemen gehören in den Unterricht
Und damit wären wir wieder beim Thema Schule. Indem wir das Wissen über unser Finanz- und Wirtschaftssystem in den Schulunterricht integrieren, machen wir es für alle Menschen zugänglich. Auch für jene Kinder, deren Eltern mangels eigener Kenntnisse nicht weiterhelfen können. Denn dieses Wissen steht allen zu. Dafür brauchen wir geschulte Lehrkräfte, Unterstützung gemeinnütziger außerschulischer Akteure und eine angemessene Einbindung in den Schulalltag.
Aus Sicht von Schröder und Schulz gehört das Thema Finanzen in den Unterricht.Bild: dpa / Jens Büttner
Finanzbildung ist aber nicht auf einen Lebensabschnitt beschränkt. Es ist ein lebenslanger Prozess. Denn oft werden finanziell relevante Entscheidungen zu Beginn des Berufslebens oder in der Mitte des Lebens getroffen, etwa wenn über die Absicherung der Berufsunfähigkeit nachgedacht wird, wenn der Erwerb eines Eigenheims in Planung ist oder ein Ehevertrag geschlossen werden soll.
Man spricht hier von sogenannten "teachable moments". Für diese können wir in der Schule nur schwer auf Vorrat lernen. Daher braucht es eine zentrale Finanzplattform, die Finanzbildungsangebote bündelt und für die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzerinnen und Nutzer in adressatengerechten Formaten bereitstellt.
Weil die Qualitätssicherung bei allen künftigen bildungspolitischen Maßnahmen von wesentlicher Bedeutung ist, wollen wir die Kommission und OECD in die nationalen Planungen einbinden und die Forschung zum Thema stärken. Denn nur so verbessern wir die Datengrundlage. Nur so können wir sicherstellen, dass die Maßnahmen evidenzbasiert, inhaltlich korrekt, transparent und ausgewogen sind.
Menschen treffen Finanz-Entscheidungen oft unbewusst
Neben diesen bewussten Finanzentscheidungen treffen viele Menschen Entscheidungen, die sich unbewusst, aber massiv auf ihre finanzielle Situation auswirken. Dazu gehören etwa die Wahl eines Ausbildungsberufs oder Studienfachs, sowie die Geburt eines Kindes. In diesen Situationen muss die Aufklärung über finanzielle Auswirkungen, etwa durch Elternzeit und Kinderbetreuung, institutionalisiert werden und fester Bestandteil der Bildungsstrategie sein, denkbar wären etwa Informationen durch den Arbeitgeber oder bei der Geburtsvorbereitung.
Mit diesen Maßnahmen schaffen wir endlich eine elementare Grundlage für finanzielle Unabhängigkeit und mündige Finanzentscheidungen. So schaffen wir individuelle Freiheit und erhöhen den allgemeinen Wohlstand der Gesellschaft. Außerdem machen wir "Elitenwissen" endlich zu dem, was es sein soll: Wissen für alle.
Wer weiß, vielleicht ist dem einen oder anderen dann künftig auch die erwähnte Initative "Global Money Week" ein Begriff.
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