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Russland: Notfall-Verhütungsmittel kaum erhältlich – Putins Werk

RUSSIA, SOCHI - MAY 16, 2025: People walk by the Black Sea. Dmitry Feoktistov/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY 80696652
Besonders betroffen sind zwei gängige Notfall-Verhütungsmittel.Bild: imago images / ITAR-TASS
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Russland: Notfall-Verhütungsmittel kaum erhältlich – was dahinter steckt

Seit Herbst 2024 sind in Russland Medikamente mit dem Wirkstoff auf dem Gebiet der Notfallverhütung oder medikamentöser Schwangerschaftsabbrüche kaum noch erhältlich. Das trifft vor allem junge Frauen und passt ins demografische Kalkül des Kremls.
03.07.2025, 17:0703.07.2025, 17:07
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Der Zugang zu Verhütung und sicherem Schwangerschaftsabbruch wird in Russland zunehmend schwierig. Gleichzeitig braucht das Land dringend mehr Geburten.

Die Bevölkerung schrumpft rapide, und Präsident Putin sieht darin eine ernste Bedrohung für die wirtschaftliche und geopolitische Zukunft des Landes. Hinzu kommt, dass der Krieg viele Menschenleben und Wirtschaftskraft kostet.

Seit Herbst 2024 ist es fast unmöglich, einen der wichtigsten Wirkstoffe auf dem Gebiet der Notfallverhütung oder medikamentöser Schwangerschaftsabbrüche zu bekommen. Was ist passiert?

Russland: neue Vorschriften, leere Regale

Seit September 2024 gilt in Russland eine deutlich strengere Regelung für Medikamente, die den Wirkstoff Mifepriston enthalten. Laut einer Recherche der Investigativ-Plattform "Vyorstka" wurde dieser auf die sogenannte Liste regulierter Substanzen gesetzt, wie die "Moscow Times" berichtet. Damit steht er jetzt in einer Reihe mit stark wirkenden Hormonpräparaten und Psychopharmaka.

Wer das Medikament trotzdem bekommen will, braucht nun ein spezielles Rezeptformular, wie es sonst nur bei streng kontrollierten Substanzen verlangt wird. Gleichzeitig sind Apotheken verpflichtet, jede einzelne Abgabe an die staatliche Gesundheitsaufsicht Roszdravnadzor zu melden.

RUSSIA, MOSCOW - MAY 29, 2025: Women work at a Rigla chain pharmacy. Yevgeny Messman/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY 81204945
Frauen arbeiten in einer Apotheke in Russland.Bild: imago images / tass

Beliebte Präparate vom russischen Markt verschwunden

Besonders betroffen sind zwei gängige Notfall-Verhütungsmittel: Jenale und Ginepriston. Beide basieren auf Mifepriston und sind laut "Vyorstka" mittlerweile vollständig aus den Apotheken verschwunden. Ein Blick in die Online-Kataloge großer russischer Apothekenketten wie Gorzdrav, Eapteka und Apteki.ru zeigt: nichts mehr da.

Auch bei der landesweit verbreiteten Kette Rigla tauchen die Medikamente laut "Moscow Times" zwar noch auf, aber nur mit dem Vermerk "nicht verfügbar". Gegenüber "Vyorstka" bestätigten sechs große Apothekenfirmen, dass Mifepriston derzeit landesweit nicht erhältlich sei. Einen Grund dafür oder Angaben zu künftigen Lieferterminen konnten sie jedoch nicht nennen.

Notfall-Verhütung: Wirkstoff hat weitere Funktion

Mifepriston ist ein zentraler Bestandteil in der reproduktiven Medizin. In niedriger Dosierung, meist zehn Milligramm, wird es zur Notfallverhütung eingesetzt. In höherer Dosierung, 200 Milligramm, kommt es bei medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen zum Einsatz.

Letztere sind in Russland zwar erlaubt, aber nur in Kliniken und unter ärztlicher Aufsicht. Durch die neue Regulierung trifft der Engpass also gleich zwei medizinische Anwendungsbereiche. Viele Patient:innen, die auf sichere und rechtlich zugelassene Optionen angewiesen wären, sind davon betroffen.

Auch russische Krankenhäuser haben mit Lieferproblemen zu kämpfen. Wie die Wirtschaftszeitung "Kommersant" bereits im März berichtete, sind die Liefermengen von Mifepriston und Misoprostol deutlich zurückgegangen.

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Konkret wurden im Jahr 2024 nur noch 636.300 Packungen an medizinische Einrichtungen ausgeliefert, im Jahr zuvor waren es noch 938.000. Das zeigt eine Auswertung von RNC Pharma, auf die sich "Kommersant" beruft. Analyst:innen sprechen von einem historischen Tiefstand beim Verbrauch dieser Präparate.

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