Nach dem schweren Missbrauch einer 13-Jährigen in Velbert nahe Wuppertal haben sich zwei der Tatverdächtigen mitsamt ihren Familien abgesetzt. Die Ermittler halten es für möglich, dass die beiden Jugendlichen mit ihren Eltern im Ausland sind, wie ein Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft am Donnerstag sagte.
Sie stammen wie die bereits in U-Haft sitzenden weiteren sechs Tatverdächtigen aus Bulgarien.
Das Verbrechen in Velbert wurde erst jetzt, Monate später öffentlich, weil Polizei und Staatsanwaltschaft lange versucht hatten, das schwer traumatisierte Opfer zu schützen.
Sexualdelikte, in denen gleich mehrere Männer über Frauen herfallen, beschäftigen Polizei und Staatsanwaltschaft in Deutschland laut Polizeilicher Kriminalstatistik seit Jahren auf stets ähnlichem Niveau. So ermittelten die Behörden 2017 gegen 467 Tatverdächtige, die an Gruppenvergewaltigungen beteiligt gewesen sein sollen – mehr als ein Drittel von ihnen sind Jugendliche oder Heranwachsende unter 21 Jahren, in aller Regel männlich.
Auch weil in Zeiten von Smartphones die Dokumentation des eigenen Verbrechens so leicht geworden sei. Hinzu komme in manchen Fällen auch der Reiz, vor breitem Publikum zu protzen – etwa dann, wenn Täter gefilmte Gewaltszenen ins Internet stellten. "Durch Filmen kann man auch den Tatrausch verlängern, wenn man die Tat nachher noch mal anschaut", ergänzt der Psychotherapeut und Experte für Täterverhalten, Christian Lüdke.
"Moderne Handys und Internet erleichtern die Tatgelegenheit, schaffen sie aber nicht", betont Egg. Sexualstraftäter würden häufig ihre Taten aufzeichnen, fotografieren, festhalten – auch wenn sie sich damit dem Risiko, überführt zu werden, aussetzten.
"Es kann ihnen auch um eine besondere Demütigung des Opfers gehen. Filme ich die Vergewaltigung, setze ich die Frau der Bedrohung aus, dass auch andere diese Demütigung zu sehen bekommen, das schreckliche Geschehen also nicht mehr endet", erklärt er.
Die Fachleute sehen bei Gruppenvergewaltigungen eine gefährliche Kombination von Sexualität, Machtdemonstration und Gruppendynamik am Werk: Es gebe Anführer, die andere anstecken, Mitläufer, die zu feige seien, einzuschreiten, und Mittäter, die ihre Position in der Gruppe aufwerten wollen, erklärt Egg.
Ähnlich sieht es Lüdke:
Der einzelne bekomme das Gefühl, die Taten der anderen seien schlimmer, oder er warte vergeblich auf das Einschreiten der anderen. Stattdessen steigere sich der gemeinsame Tatrausch immer weiter. "Es kann sogar sein, dass sich – typisch männlich – ein Wettkampf entwickelt, in dem jeder der härteste sein will."
(hd/dpa)