Mit der Aufschrift "Friedensfahrzeug" fährt dieser Transporter am Rand des Katastrophengebiets in den Weinbergen entlang.Bild: dpa / Thomas Frey
Deutschland
23.07.2021, 08:4929.07.2021, 06:41
Im Hochwassergebiet in Westdeutschland mischen sich aktuell Menschen unter die Rettungskräfte, die offenbar nicht wirklich den Betroffenen helfen wollen. Am Dienstag gab die Polizei Koblenz auf Twitter bekannt, dass sich Rechtsextremisten vor Ort als "Kümmerer" ausgäben und Falschmeldungen verbreiteten.
In einer Pressemitteilung des örtlichen Polizeipräsidiums heißt es: "Es liegen uns Informationen vor, wonach Fahrzeuge mit Lautsprecher unterwegs sind, die Ähnlichkeiten mit polizeilichen Einsatzfahrzeugen haben. Über die Lautsprecher wird wahrheitswidrig verbreitet, dass die Polizei, Hilfs- und Rettungskräfte die Anzahl der Einsatzkräfte reduziert. Das ist eine Falschmeldung!!! Die Polizei reduziert die Anzahl der Einsatzkräfte nicht und befindet sich weiterhin ohne Unterbrechung im Katastrophengebiet."
Unter dem Hashtag #Katastrophenterroristen finden sich auf Twitter Erfahrungsberichte zu den Umständen vor Ort. So scheinen die vermeintlichen Helfenden nicht wirklich anzupacken, sondern lediglich Videos vor den Trümmern zu drehen und dabei die Aufräumarbeiten der Behörden zu behindern.
Akteure sind keine Unbekannten
Der SWR berichtet, dass namhafte Personen aus der Querdenker-Szene die Krisensituation für ihre ideologische Agenda nutzen möchten. Darunter sei der bereits wegen Volksverhetzung verurteilte HNO-Arzt Bodo Schiffmann, der aus dem Ausland agiert, und der rechtsextreme Nikolai Nerling, der wegen Holocaustleugnung verurteilt wurde und öffentlich Corona angezweifelt hat, schreibt der Sender weiter. "Nach eigenen Angaben hat er [Nerling] ein Quartier an einer Grundschule in Bad Neuenahr-Ahrweiler bezogen und postet seitdem Videos aus dem Katastrophengebiet in seinem Social-Media-Kanal bei "Telegram", der mehr als 30.000 Abonnenten hat", so der SWR.
"Wenn Personen aus diesem Spektrum sich da öffentlich darstellen, geht das an uns nicht vorbei. Wir bewerten das polizeilich."
Polizeisprecher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im rheinland-pfälzischen Landtag Christian Baldauf zeigte sich gegenüber dem Deutschlandfunk schockiert angesichts der Situation: Die betreffenden Personen seien "nicht bei Trost" und das Ausnutzen der derzeitigen Lage sei "schändlich".
Aktivitäten von Polizei beobachtet
Gegenüber der deutschen Presseagentur sagte ein Sprecher der Polizei, dass sie über die Anwesenheit der sogenannten Querdenker-Szene aus den sozialen Medien wisse und diese im Blick habe.
Es sei bekannt, dass sich in dem besonders stark getroffenen Ahrweiler ein polizeiähnlicher Wagen mit der Aufschrift "Friedensfahrzeug" bewege. "Eine solche Lackierung ist nicht verboten, solange nicht Polizei draufsteht, es kein Blaulicht trägt oder ein hoheitliches Polizeiwappen", erklärte der Sprecher weiter.
Der dpa beschrieb der Politikwissenschaftler Josef Holnburger dieses Vorgehen als Strategie, um "Misstrauen gegen den Staat zu säen." Die Rechten in Ahrweiler überraschten ihn nicht, da sie "sich gerne selbst als Anpacker darstellen." Neu auf dem Terrain seien allerdings die Querdenker: "Das ist jetzt ein gänzlicher Schulterschluss geworden", fügte Holnburger hinzu.