Am Sonntag schien sich das Coronavirus in Berlin mal eine Pause zu gönnen – zumindest in den Augen einiger Fans der Rave-Kultur. Der Urbanhafen in Kreuzberg sah aus, als hätte es Corona nie gegeben.
Grund dafür war ein Rave der besonderen Art, zur Erhaltung der Berliner Club-Kultur. Unter dem Hashtag #savetherave versammelten sich hunderte Schlauchboote im Urbanhafen. Am Ufer war ebenfalls ein großes Publikum.
Aus dem Internet gab es viel Kritik für die Aktion, den Teilnehmern wurde Fahrlässigkeit und Provokation vorgeworfen. Das Coronavirus sorgt immer noch weltweit für Leid und Tod. Dazu kommt, dass die Party in der Nähe eines Krankenhauses stattfand.
Intensivpfleger Ricardo Lange macht im "Tagesspiegel" seinen Unmut über die Aktion und mangelnde Wertschätzung seiner Arbeit deutlich. Die sorglos-feiernde Bootsparty kommt ihm wie Hohn vor.
Schon vor Wochen, als die Menschen auf ihren Balkonen den Pflegern applaudierten, habe er befürchtet, dass daraus keine Taten folgen würden, sagt er. "Schade, dass ich recht hatte."
"Die Videos der Feiernden im Urbanhafen vom Pfingstsonntag haben mich ganz schön mitgenommen", so Lange weiter. Er verstehe ja, dass die jungen Leute Nachholbedarf hätten. Er verstehe auch, dass Clubbetreiber Unternehmer seien, die um ihre Existenz bangten.
Er macht deutlich, warum eine Techno-Party vor einem Krankenhaus schon ohne Corona eine würdelose Idee ist: "Darin kämpfen Patienten und ihre Pfleger und Pflegerinnen um Leben. Die Leute brauchen Ruhe. Kann man unsere Arbeit noch deutlicher verhöhnen?"
Doch nicht nur gedankenlose Feierei vor einem Krankenhaus erzürnt Lange. Die Politik, die die Pflege mit Abklingen der Pandemie wieder aus den Augen verliert, enttäuscht ihn.
Bundes-Gesundheitsminister Spahn hatte die Pfleger, die an vorderster Front gegen die Ausbreitung des Coronavirus kämpfen als "Alltagshelden" bezeichnet, die eine besondere Wertschätzung verdienen. Er versprach einen "Corona-Bonus" für jeden Pfleger. Bei ihm sei der allerdings nicht angekommen, so Lange.
"Weil wir in Deutschland die Pandemie – glücklicherweise – ganz gut im Griff haben, wird in den Talkshows nicht mehr über Pflege debattiert", bedauert er.
Anhand einer Zahl macht er außerdem deutlich, wie dringend das Problem ist. In Deutschland arbeiteten elf Prozent aller Infizierten im Gesundheitsbereich, so Lange. Pfleger gingen in ihrem Beruf also jeden Tag ein großes Risiko ein.
(vdv)