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Die Enthüllungen des Recherchezentrums "Correctiv" über ein Geheim-Treffen mit AfD-Mitgliedern und namhaften Personen aus der rechtsextremen Szene haben die deutsche Politlandschaft aufgewirbelt. Hunderttausende gingen seitdem auf die Straße, um gegen rechtsextremistisches Gedankengut zu demonstrieren und sich für die Demokratie starkzumachen.
In zahlreichen Großstädten, aber auch in kleineren Orten schlossen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammen. In München gingen am Wochenende sogar so viele Menschen auf die Straße, dass die Demonstration von der Polizei abgebrochen werden musste. Aber auch in Frankfurt, Hannover, Köln, Bremen und Leipzig protestierten Zehntausende. Sogar in kleineren Städten und Orten verleihen Menschen mit geballter Kraft ihrem Unmut Ausdruck.
Es sind starke Bilder, die durch die zahlreichen Demonstrationen erzeugt wurden. Bilder, die der AfD und rechtsextremen Kreisen ein Dorn im Auge sein dürften. Es gab Versuche, diese als Fake darzustellen. So behaupteten etwa Anhänger:innen rechter Kreise, dass Bilder sowie Teilnehmerzahlen gefälscht wurden oder Menschen für die Teilnahme an den Demonstrationen bezahlt wurden. All diese Vorwürfe konnten widerlegt werden. Doch nun ist tatsächlich ein Fake-Video viral gegangen – diesmal hatte die AfD allerdings nichts damit zu tun.
Konkret geht es um ein Video von einer Anti-AfD-Demo am Sonntag in Berlin. Darin zu sehen ist, wie Zehntausende Menschen vor dem Reichstag stehen und ein Lichtermeer im Dunkeln bilden. Sie singen anscheinend die Melodie von "Hejo, spann den Wagen an". Die Zeilen: "Wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus hier im Land." Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat dieses Video gepostet, mit gewaltiger Reichweite. Bis Donnerstagmorgen sammelte das Video über 200.000 Likes, wurde 31.000 Mal geteilt und fast 9 Millionen Mal angesehen.
Doch das Video, so wie es hier zu sehen und hören ist, ist Fake.
Denn aufgenommen wurde das Video nicht von dem Zentrum für Politische Schönheit. Der Gesang stammt auch nicht von den Teilnehmenden der Demonstration in Berlin. Gepostet wurde der Clip im Original auf Tiktok von der Bundestagsfraktion der SPD, wie diese gegenüber "ZDFheute" bestätigte.
Demnach habe sie es selbst bei der Demonstration in Berlin am Sonntag aufgenommen. Die Tonspur aber stamme nicht von dieser Demo, sondern von jener in Leipzig. Der Sprechchor "Wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus hier im Land" kommt aus einem anderen Video von Tiktok vom Account "@afd.keine.alternative" vom 15. Januar, wie der Account-Betreiber bestätigte. Ein Video der Leipziger Zeitung zeigt, dass diese Zeilen im Sprechchor dort tatsächlich so gesungen wurden.
Auch auf Tiktok ging das SPD-Video mit über 3,4 Millionen Aufrufen viral. Dort aber war man transparenter. So gibt es dort einen Hinweis in den Kommentaren, der laut SPD-Fraktion "unmittelbar nach Veröffentlichung" ergänzt wurde, wie "ZDF heute" berichtet. In den Kommentaren steht: "Transparenzhinweis: Wir benutzen ein Trending Audio. Es ist nicht der Originalsound der Demo in Berlin."
Zudem rechtfertigt sich die SPD-Fraktion, die es nicht grundsätzlich falsch finde, eine andere Tonspur unter Videos zu legen: "Der Song, der in dem Video zu hören ist, wurde im Übrigen auch auf der Demonstration in Berlin gesungen." Die Vorgehensweise sei deshalb korrekt sowie inhaltlich stimmig.
Zwar wird beim Originalvideo transparent mit der falschen Tonspur umgegangen, nicht aber beim Post auf der Seite des Zentrums für Politische Schönheit. Dazu heißt es aus der SPD-Fraktion: "Das Zentrum für politische Schönheit hat unser Video (…) ohne Absprache oder jeden Hinweis inklusive des Sounds verwendet."
Auf eine Anfrage antwortete das ZPS bis dato nicht.
Das Problem: Genau so, wie das Video dargestellt wurde, hat sich die Szene in dem Moment der Aufnahme nicht zugetragen. Doch wer das Video sieht, glaubt an die Echtheit. In den Kommentaren gibt es deshalb heftige Kritik. Das wiederum könnte der AfD in die Hände spielen. Ausgerechnet der Partei, gegen die die Menschen im Video protestierten.
Dieser Meinung ist jedenfalls Jakob Guhl, Extremismusforscher vom Institute for Strategic Dialogue London, wie er gegenüber "ZDF heute" sagt: "So ein Beispiel ist ein gefundenes Fressen für Akteure, die Falschinformationen verbreiten." Man gebe damit auch der AfD Munition, um Zweifel an den Protesten zu säen:
"Wenn man sagt: Es gibt da ein Element, das manipuliert wurde, heißt es als nächstes: Wer weiß, ob die Menschenmenge dann wirklich echt ist." Und tatsächlich sagte der Sprecher der AfD-Politikerin Alice Weidel, Daniel Tapp, das Zentrum für Politische Schönheit habe das Video "gefakt".
