Mehr als 180.000 Abonnent:innen auf Youtube, einzelne Videos sehen bis zu einer halben Million Menschen, 31.000 Bewertungen auf Spotify und 144 Folgen derzeit: der Podcast "Hoss und Hopf". Nach eigenen Angaben ist es einer der erfolgreichsten Podcasts Deutschlands. In den Podcast-Charts von Spotify oder Apple belegt er tatsächlich immer wieder die ersten Plätze.
"Monatlich aktuell zirka zwei Millionen individuelle Hörer", schreibt Podcastmacher Philip Hopf auf Anfrage des "Stern". Darunter zahlreiche Jugendliche.
Und genau das ist offenbar sehr problematisch. Denn eigentlich sind die beiden Podcast-Hosts Philip Hopf und Kiarash Hossainpour in der Finanzbranche tätig, geben sich als Krypto-Gurus. Der eine (Hopf) soll laut "Stern"-Recherche geschäftsführender Gesellschafter einer Investment-Beratung sein. Der andere (Hossainour) laut eigener Aussage Selfmade-Millionär mit iranischen Wurzeln, das "Handelsblatt" betitelte ihn mal als "Bitcoin-Experte".
Doch unbemerkt verbreiten die beiden in ihrem Podcast wohl AfD-Parolen unter Jugendlichen.
Darüber schreibt eine Autorin des "Stern", denn sie hat den Einfluss von "Hoss und Hopf" selbst erfahren müssen – am Beispiel ihres eigenen Sohnes. Er sei 14 Jahre alt, "smarter Typ, beliebt", schreibt sie. Und: "Mein Sohn würde die AfD wählen."
Es hätte harmlos angefangen. Immer wieder mal habe ihr Sohn Äußerungen wie "Die sollen sich mal mehr um die Deutschen kümmern, unsere Politiker" oder "Wie kann es sein, dass mit den Steuern deutscher Bürger die Flüchtlingsschiffe bezahlt werden, die die Flüchtlinge an der Küste in Afrika abholen, in größere Boote setzen und nach Italien bringen? Das geht überhaupt nicht" gemacht.
Sie wurde stutzig – ihr Sohn erzählte ihr beim Abendessen von dem Podcast. Im Mietauto im Urlaub fingen sie und ihr Mann dann an, sich gemeinsam mit ihrem Sohn eine der Podcastfolgen anzuhören – und sich den Mund regelrecht fusselig zu reden, wie die Autorin beim "Stern" berichtet.
So hieß es beispielsweise in "Hoss und Hopf":
Solche Aussagen fänden sich der "Stern"-Recherche zufolge zuhauf in dem Podcast.
Die Autorin erklärte ihrem Sohn daraufhin, dass Deutschland viele Geflüchtete aufgenommen habe, "weil wir Verantwortung tragen, weil wir als reiche Nation dazu in der Lage, ja auch verpflichtet sind. Außerdem sagt ein Blick in eine deutsche Fußgängerzone überhaupt nichts über den Anteil der Geflüchteten in der deutschen Gesellschaft aus."
Allerdings fand die Autorin im Laufe ihrer Recherche nicht nur Aussagen mit populistischem Charakter, sondern auch Falschaussagen. Darauf angesprochen, erklärte Hopf gegenüber dem "Stern", dass sie diese selbstverständlich revidieren würden, wenn sie darauf aufmerksam gemacht würden. Das sei laut der Autorin zum Teil geschehen, an anderen Stellen nicht.
Die Beliebtheit des Podcasts führt die Autorin auf Social Media zurück. Dort gebe es eine regelrechte "Armee an Tiktokern", die die Podcast-Inhalte kostenfrei verbreiten. Einer davon wird auch vom Sohn der Autorin betrieben.
In der Hoffnung, mit viel Reichweite Geld machen zu können, mutmaßt sie.
Einer der Clips, die ihr Sohn dort teilte, thematisierte ein Mineralwasser der Marke "Black Forest". Das habe laut Hopf zu viele Einzelbestandteile. Laut ihm: Je weniger, desto besser, da es angeblich sonst nicht alle Schadstoffe aus dem Körper mitnehmen könnte und einem so gar nichts nützen würde.
Die "Stern"-Autorin befragte dazu Christoph Koch, den Leiter des "Stern"-Wissenschaftsressorts. Der lachte sich schlapp: "Totaler Blödsinn, das geht rein physikalisch schon nicht."
Allerdings greife hier ein Schneeball-System, schreibt die Autorin in ihrer Recherche. Die Tiktok-Accounts teilen zugespitzte Aussagen der Podcast-Hosts, die wiederum erhielten viele Likes, worin wiederum die Kanal-Betreibenden eine Bestätigung der vermeintlichen Wahrheit der Thesen sähen. Je mehr diese Aussagen dann geteilt würden, desto mehr Wahrheitsgehalt würde ihnen zugemessen. So würden Kinder zu vermeintlichen Expert:innen, schreibt die Autorin.
Die Podcastmacher von "Hoss und Hopf" warnten ihre Fans sodann, sie sollen ihre Aussagen aus dem Podcast nicht "verschneiden". Ergo: Inhalte verantwortungsvoll kürzen und nicht verfälscht verbreiten. "Leute, seid auch vorsichtig!", zitiert der "Stern".
Dass beispielsweise Spotify oder Youtube rechten Musiker:innen eine Bühne bereiten würden, ist bereits bekannt. Die Algorithmen greifen sofort, sobald man sich einmal auf ein rechtes Profil verirrt und machen weitere Vorschläge in diese Richtung, wie eine watson-Recherche im vergangenen Jahr zeigte.
Spotify versteht sich als unparteiische Plattform. Jedenfalls, solange die Musik nicht gegen die Richtlinien verstößt, die etwa gewalttätigen Extremismus verneinen. Das bestätigte Spotify auch auf eine Anfrage von watson:
Solange das so gehandhabt wird, wird es wohl auch weiterhin solche Inhalte dort zu finden geben. Als Unternehmen haben sie zumindest das Recht dazu, sich als unparteiisch zu verstehen.