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Paypal: "Keine Zusammenarbeit mit Neonazis!" – 100.000 unterzeichnen Petition

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Bild: imago images/michael trammer/screenshot/montage: watson
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"Keine Zusammenarbeit mit Neonazis!" – 100.000 Menschen unterschreiben Petition an Paypal

11.07.2019, 06:30
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Paypal hat nicht nur das Bezahlen in Onlineshops vereinfacht. Mit dem Dienst lässt sich innerhalb weniger Minuten Geld verschicken, ganz ohne BIC- und IBAN-Nummern einzutippen. Diesen komfortablen Service nutzen auch Rechtsextreme, um Spenden zu sammeln.

Eine Petition, die schon von 100.000 Menschen unterzeichnet wurde, fordert Paypal nun auf, der selbsternannten "Bürgerbewegung" Pro Chemnitz den Geldhahn abzudrehen.

Wer ist Pro Chemnitz?

Tausende Rechtsextreme stehen um die Karl-Marx-Statue in der Chemnitzer Innenstadt. Sie rufen "Merkel muss weg" und "Ausländer raus". Mehrere zeigen den Hitlergruß, später greifen Demonstranten Journalisten, Gegendemonstranten und die Polizei an. Am Vortag waren Neonazis in Chemnitz bereits auf die Jagd nach Migranten gegangen.

Es sind diese Tage im August 2018, die aus der kleinen Wählervereinigung Pro Chemnitz mit ein paar Sitzen im Chemnitzer Stadtrat eine bundesweit bekannte Organisation machten. Pro Chemnitz hatte die in Gewalt und Volksverhetzung ausartende Demonstration angemeldet.

Zur Erinnerung: So verlief die rechtsextreme Demo:

Video: watson/Felix Huesmann, Lia Haubner

Den Demo-Anmelder Robert Andres bezeichnet der sächsische Verfassungsschutz als "langjährig bekannten Neonationalsozialisten". Er und Martin Kohlmann, der Kopf von Pro Chemnitz, hätten etwa die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck unterstützt und sich an der Organisation einer Neonazi-Kampfsportveranstaltung beteiligt.

Für diesen rechtsextremen Aktivismus bittet Pro Chemnitz auf ihrer Website um Spenden und nutzt dafür den Bezahldienst Paypal.

Pro Chemnitz nutzt dafür auf ihrer Website auch das Paypal-Logo.

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Sind Paypal-Spenden für Rechtsextreme zulässig?

Eine Petition fordert Paypal nun dazu auf, den Account von Pro Chemnitz zu sperren. Mehr als 100.000 Menschen haben die Petition in den vergangenen Wochen bereits unterschrieben. Gestartet wurde sie von der US-amerikanischen NGO "SumOfUS", die sich zum Ziel gesetzt hat, Konzerne zu ethischem und verantwortlichem Handeln zu bewegen. In anderen ihrer Petitionen geht es etwa um Tier- und Umweltschutz.

"Keine Zusammenarbeit mit Neonazis!"

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"SumOfUs" wirft Pro Chemnitz vor, "für Hetzjagden auf Geflüchtete und Angriffe auf jüdische Restaurants" in Chemnitz im vergangenen Jahr verantwortlich zu sein. Nach der rechtsextremen Demonstration am 27. August 2018 hatten Vermummte das jüdische Restaurant Schalom mit Steinen und Eisenstangen angegriffen. Pro Chemnitz verbreite Rassismus und hetze gegen Geflüchtete – dafür sollten ihnen die Finanzierungsmöglichkeiten entzogen werden, heißt es in der auf deutsch und englisch verfügbaren Petition.

"Pro Chemnitz sammelt bisher ungestört Spenden über PayPal, obwohl das gegen die eigenen Richtlinien des Unternehmens verstößt."

Stimmt das? Verstößt Pro Chemnitz gegen Paypal-Richtlinien?

Tatsächlich zählt Paypal in seiner Nutzungsrichtlinie nicht nur den Handel mit Drogen und Waffen, sondern auch die "Förderung von Hass, Gewalt, rassistischer oder anders motivierter Intoleranz" zu den verbotenen Dingen. Dafür darf über den Bezahldienst kein Geld gesammelt werden.

In der Vergangenheit hat Paypal bereits mehrfach Accounts von Rechtsextremen gesperrt. Im November 2018 reagierte das Unternehmen unter anderem auf eine "SumOfUs"-Petition und drehte dem britischen rechtsextremen Aktivisten Tommy Robinson den Paypal-Spendenhahn zu.

Ein Spendenkonto der Identitären Bewegung wurde bereits im Juni 2017 von Paypal eingefroren. Die Rechtsextremen hatten darüber Geld für ein Schiff gesammelt, mit dem sie Seenotrettung im Mittelmeer verhindern wollten.

Zum Paypal-Spendenkonto von Pro Chemnitz wollte sich das Unternehmen auf watson-Anfrage jedoch nicht äußern – unter Berufung auf Bankgeheimnis und Datenschutz.

Eine Sprecherin erklärte jedoch:

"Wir überprüfen regelmäßig fragwürdige Aktivitäten, um sicherzustellen, dass die PayPal-Services im Einklang mit der PayPal-Nutzungsrichtlinie genutzt werden. Als Teil dieses Prozesses prüfen wir auch an uns gemeldete Handlungen und ergreifen gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen."

Die Petition ist bereits seit mehreren Wochen online, die Vorwürfe gegen Pro Chemnitz sind Paypal mindestens seitdem bekannt. Bislang konnte das Unternehmen offenbar keinen Verstoß gegen seine Richtlinien gegen Hass, Rassismus und Intoleranz feststellen.

Von einem Parkhaus gefilmt: Die komplette rechtsextreme Demo
Video: watson