Die erste kritische Phase der Corona-Epidemie scheint in Deutschland überstanden. Wie geht es nun wieder zurück in die Normalität, fragen sich alle. Auch bei "Markus Lanz" wurde darüber am Donnerstagabend diskutiert.
Und einer der Gäste, "Höhle der Löwen"-Investor Frank Thelen, ist sich absolut sicher: Dafür brauchen wir die Corona-App. Also eine App, die die Kontakte von positiv Getesteten schnell und unkompliziert warnt. Und er ist sich außerdem sicher: Wir brauchen sie jetzt sofort, und nicht erst in drei oder vier Wochen.
Thelen wird direkt pathetisch, als er darüber spricht, für wie wichtig er die Einführung einer solchen App hält.
Er hält sein Smartphone hoch und erklärt: "Ich ärger' mich doch, das ist doch alles Amerika." Was er sich wünscht, ist ein gemeinsames und vor allem entschlossenes Vorgehen.
Dabei plädiert Thelen auch für Zwangsmaßnahmen. Wenn Apple und Alphabet (denen Google und damit auch dessen Betriebssystem Android gehört), ihre Dienstleistungen noch "auf europäischem Grund" anbieten wollten, dann müssten sie diese Zwangsinstallation durchführen, fertig.
Er sei zwar kein Experte und wisse daher nicht, ob man die beiden Internet-Giganten dazu einfach zwingen dürfe, aber geht davon aus, dass das möglich ist. Überhaupt sieht er das Ganze sehr unkompliziert, Kritiker könnten einwenden: unterkomplex.
Den vorsichtig formulierten Einwand von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der Kunde wolle womöglich auch noch vorher gefragt werden, bügelt Thelen geradezu verächtlich ab. "Nein, da bin ich nicht dabei."
Der TV-Investor will also nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Bürger zwingen, die App zu installieren. Die Virologin Melanie Brinkmann sieht das differenzierter. Sie verweist erstmal darauf, dass jede Lockerung durch bestimmte Gegenmaßnahmen ausgeglichen werden müsse. So zum Beispiel die vor einigen Wochen erfolgte Wiederöffnung kleinerer Geschäfte mit der Maskenpflicht, die allerdings eine Woche später erst kam.
Ihre Meinung zur App kann Brinkmann gar nicht erst formulieren, weil Thelen direkt dazwischen funkt. "Ich bin Maskenfan", wirft er ein. "Ich finde das super." Nun, ganz so super findet er es eigentlich doch nicht, stellt sich dann heraus. Er sieht aber ein, dass es eine sinnvolle Maßnahme ist. Nur: "Die Masken nerven, die App nervt nicht. Wo ist also das Problem?", fragt er herausfordernd.
Brinkmann kommt nun zu ihrem Punkt. Sie hält die App durchaus für eine geeignete Maßnahme. Wenn jetzt die nächsten Lockerungen kämen, dann brauche man auch die entsprechende Schutzmaßnahme. "Und das ist zum Beispiel diese App", sagt sie.
Sie betont allerdings, man müsse die Leute auch mitnehmen. "Ich muss das Vertrauen schaffen. Ich lade mir doch nicht so ein Ding rauf, wenn ich nicht genau verstehe, was das macht. Also muss man jetzt anfangen zu kommunizieren, wie funktioniert sie." Sie selbst habe ein ganz einfaches Youtube-Video gesehen, wo das erklärt wurde. Dort habe sie erfahren, dass die App Daten nur anonym speichere. Das habe sie letztlich überzeugt.
Thelen reicht das alles nicht. "Ich verstehe diese Diskussion nicht", erwidert er genervt, nachdem er Brinkmann während ihrer Ausführungen schon die ganze Zeit ungeduldig angeschaut hat. "Wir alle benutzen Google Maps, sprechen mit Siri und Alexa." Nein, tue sie nicht, wendet Brinkmann ein, aber Thelen ist jetzt in Fahrt und lässt sich von niemand mehr stoppen.
Wie das technisch funktioniere, müsse auch nicht jeder im Detail verstehen, fährt der Investor fort. Bei Google Maps sei dies schließlich auch nicht der Fall.
Die Masken hätten eine gute Funktion, aber sie nervten halt. "Diese App würde nicht nerven." Die Maskenpflicht fände er an sich unschön, aber sie habe eben ihren Sinn. "Warum dann also nicht einfach sagen, die App wird jetzt Pflicht, wenn man ins Fußballstadion gehen will?"
Moderator Lanz versteht beides, Bedenken auf der einen, Chancen auf der anderen Seite. Er bemängelt allerdings, dass bisher von der Politik noch nicht einmal der Versuch gemacht worden sei, die App im großen Stil einzuführen. Ministerpräsident Weil erklärt, das könne man erst, wenn die App da sei. "Wir brauchen erst das Produkt, bevor wir es kommunizieren."
Thelen sieht schon wieder genervt aus. Es ist klar, dass ihm alles viel zu langsam geht. Verständlich mag diese Ungeduld schon sein, aber ob sie auch ein guter Ratgeber bei der Bekämpfung eines Virus ist? Das kann an diesem Abend natürlich nicht befriedigend geklärt werden.
(om)