Es waren dramatische Szenen am Wochenende im Hambacher Forst: Bei den Protesten gegen die Räumung und geplante Rodung des uralten Waldes am Sonntag hat die Polizei im Hambacher Forst 14 Demonstranten festgenommen.
Mehrere tausend Demonstranten hatten am Sonntag an der Grenze zum Hambacher Forst den Erhalt des Waldes westlich von Köln und einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung gefordert. Die Polizei sprach von mehr als 4000 Demonstranten, die verschiedenen Aktivistengruppen von 5000 bis zu 9000 Teilnehmern. Die Lage spitzte sich am Nachmittag zu, als rund 200 Demonstranten in den von der Polizei abgesperrten Wald vordrangen.
Anlass der Proteste ist der Plan des Energiekonzerns RWE, der im Herbst weite Teile des Hambacher Forstes abholzen will, um weiter Braunkohle baggern zu können. Der Wald gilt als Symbol des Widerstands gegen die Kohle und die damit verbundene Klimabelastung.
Kohle gilt als ein besonders umweltschädlicher Weg der Stromerzeugung – sollte Deutschland nicht bald den Ausstieg aus der Kohle-Stromversorgung schaffen, sind die selbst gesteckten Klimaschutzziele für 2020 in Gefahr. Deutschland ist zu dreckig: Derzeit geht man davon aus, dass die Bundesrepublik diese Ziele um rund 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid verfehlen wird.
Kohlekraftwerke verursachen etwa 80 Prozent der deutschlandweiten Emissionen, berichtet die Denkfabrik Agora. Der schrittweise Rückzug aus dem Betrieb der Kohlekraftwerke wurde deshalb bereits im Koalitionsvertrag 2013 beschlossen. Ein genaues Datum stand jedoch bislang auf.
Am Wochenende sorgte ein Bericht des "Spiegel" über ein Konzept der Kohlekomission für Aufsehen, wonach die letzten Kraftwerke zwischen 2035 und 2038 geschlossen werden sollen. Die Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" soll bis Jahresende eine Strategie zum Ausstieg aus der Kohleverstromung ausarbeiten.
Breite Kritik an diesem Zeitplan zum Kohleausstieg kommt aus der Kommission selbst, aber auch aus den betroffenen Ländern. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa, das Gremium habe noch viel Arbeit vor sich; wichtige Grundlagen seien ungeklärt. "Umso unverständlicher ist es, dass zu so einem frühen Zeitpunkt Ausstiegsdaten genannt werden."
RWE bezeichnete einen Ausstieg bis 2038 als "nicht akzeptabel". Das Ende der Kohleverstromung hänge auch vom schnellen und konsequenten Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien ab. Die Kohlekommission müsse dafür ein schlüssiges Gesamtkonzept vorlegen.
Der Einsatz im Hambacher Forst bringe die Polizei insgesamt "an die Grenzen ihrer Belastbarkeit", erklärte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). "Dabei schieben wir bereits Millionen Überstunden vor uns her", sagte der Landesvorsitzende Erich Rettinghaus. Andere polizeiliche Aufgaben müssen derzeit in allen Bereichen zwangsläufig vernachlässigt werden.
Die Gewerkschaft warf den Umweltaktivisten vor, ihr eigenes Leben und das der Einsatzkräfte aufs Spiel zu setzen. Die Polizei kritisierte auch das "entwürdigende Verrichten der Notdurft" über den einschreitenden Polizisten.
Am Montagmorgen wurde die Räumung des Waldgebiets fortgesetzt: Die Polizei sei seit etwa 7.00 Uhr wieder im Einsatz, sagte eine Sprecherin. Bisher seien 28 von rund 50 Baumhäusern der Demonstranten geräumt und 19 davon abgebaut worden.
Die Räumung kommt offenbar schneller voran, als vorher erwartet. Der Kölner Stadtanzeiger zitiert Polizeikreise, die davon ausgehen, dass der Forst und die dortigen Baumhäuser bis zum Ende der Woche abgeschlossen sein wird.
(pb/dpa)