Nach dem Zugunglück mit vier Toten und über 30 Verletzten bei Garmisch-Partenkirchen gehen am Unfallort die Ermittlungen und Aufräumarbeiten weiter.Bild: dpa / Sven Hoppe
Deutschland
04.06.2022, 14:3305.06.2022, 08:39
Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen gehen am Unfallort die Ermittlungen und Aufräumarbeiten auch am Samstag weiter.
Dort waren am Freitagmittag mehrere Waggons der Regionalbahn auf dem Weg nach München im Ortsteil Burgrain entgleist. Mehrere Doppelstock-Wagen des Zugs kippten um, rutschen eine Böschung hinab und blieben direkt neben einer Bundesstraße liegen. Die Ursache für den Unfall, der fünf Menschen das Leben kostete, ist weiterhin unklar.
Von den etwa 140 Menschen im Zug starben mindestens fünf. Das fünfte Todesopfer wurde von der Polizei am Samstag bestätigt. Zudem gab es etwa 30 Verletzte, darunter mehrere Kinder. Einige Opfer erlitten schwerste Verletzungen und mussten notoperiert werden. Es war eines der schwersten Bahnunglücke der vergangenen Jahre in Deutschland.
Zug entgleiste gegen 12.15 Uhr, genau zur Schulschluss-Zeit
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Freitagabend im Bayerischen Rundfunk, es würden noch Personen vermisst. Die Polizei geht derzeit noch von einer einstelligen Vermisstenzahl aus.
Aufnahme des verunglückten Zuges aus der Luft.Bild: ADAC Luftrettung / ADAC Luftrettung
Das Unglück ereignete sich am letzten Tag vor den Pfingstferien in Bayern. Nach Polizeiangaben gingen gegen 12.20 Uhr, kurz nach dem Unglück, erste Meldungen auf der Regionalbahnstrecke zwischen Garmisch-Partenkirchen und München ein. Eine typische Schulschluss-Zeit.
Sämtliche Kräfte von Rettungsdiensten, Polizei und Feuerwehr in der Region waren den Angaben zufolge vor Ort im Einsatz. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von 650 Kräften von Bundes- und Landespolizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW) und Rettungsdiensten. Die Rufnummer der zentralen Vermissten- und Hinweisstelle der Polizei wurde für Anfragen von Angehörigen sowie Hinweise zu dem Zugunglück freigeschaltet.
Die Verunglückten wurden durch die Fenster gezogen und so befreit
Eine Twitter-Userin hat kurz nach dem Unfall ein Bild veröffentlicht, das angeblich vom Unglücksort stammte. Dazu schrieb sie: "Ich muss jetzt weinen. Hier ist ein Zug entgleist. Ich hoffe, der Zug war nicht voll und es geht irgendwie gut aus. Wie kann sowas passieren?"
"Einfach schrecklich. Plötzlich ist der Zug umgekippt"
Augenzeuge
Ein amerikanischer Soldat war in einem der Autos auf der Straße neben der Bahnstrecke und erzählte seine Eindrücke dem "Garmisch-Partenkirchner Tagblatt": "Es war schrecklich", sagte er. "Einfach schrecklich. Plötzlich ist der Zug umgekippt."
Um die Menschen aus dem verunglückten Zug zu retten, mussten die Helfer schwere Geschütze auffahren. "Die Menschen werden durch die Fenster gezogen", sagte der Bundespolizei-Sprecher am Freitagmittag. "Es wurde Vollalarm für Feuerwehr und Rettungsdienst ausgelöst", sagte ein Sprecher der Integrierten Leitstelle im Oberland. Auch aus München rückten zahlreiche Rettungsmannschaften an.
Zahlreiche Helfer sind bei dem Großeinsatz vor Ort.Bild: Garmisch-Partenkirchner Tagblatt / Josef Hornsteiner
Einige Menschen sind so "schwerstverletzt", dass Identität schwer feststellbar war
Der bayerische Innenminister Herrmann sagte am Abend im BR, möglicherweise fänden sich einige der noch Vermissten unter den Verletzten in den Krankenhäusern. Einige von ihnen seien schließlich "so schwerstverletzt", dass ihre Identität noch nicht festgestellt werden konnte.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb auf Twitter, das Zugunglück "erschüttert und macht tief betroffen". Er trauere mit den Angehörigen der Opfer und wünsche allen Verletzten rasche Genesung. Für Samstagmorgen kündigte Söder einen Besuch der Unglücksstelle an. Am Samstag sprach er von einem gewaltigen "Stich ins Herz".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte den Sendern RTL und ntv, vom Unglücksort kämen "erschütternde Nachrichten" und "bedrückende Bilder". "Unser Mitgefühl ist bei den Angehörigen und bei den Verletzten, denen wir baldige Genesung wünschen."
Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte vor Journalisten, "meine Gedanken und mein Mitgefühl sind bei den Verletzten" sowie bei den Opfern und ihren Angehörigen. Er hätte sich gern schnell ein Bild vor Ort gemacht, fügte Wissing hinzu – jedoch sei wegen vorhergesagter schwerer Unwetter in Bayern am Freitag kein Hubschrauberflug mehr dorthin möglich. Er werde am Samstag gemeinsam mit dem Vorstandschef der Deutschen Bahn, Richard Lutz, an die Unglücksstelle reisen und sich dort am Mittag ein Bild von der Lage machen.
"Eine schlimme Katastrophe", die zutiefst "erschüttert"
Lutz sagte bei dem gemeinsamen Statement mit Wissing, die Bilder aus Bayern seien "schrecklich" und sie "machen einen tief betroffen". Die Bahn werde die Ermittlungen zur Unglücksursache "nach besten Kräften" unterstützen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die sich auf der Innenministerkonferenz in Würzburg aufhielt, reiste nach Angaben ihres Ministeriums nach Garmisch-Partenkirchen. Dort habe sich "eine schlimme Katastrophe ereignet", die sie zutiefst "erschüttert" habe, erklärte Faeser auf Twitter.
Hotline für Angehörige eingerichtet – Deutsche Bahn spricht Mitgefühl aus
Die Deutsche Bahn sprach den Angehörigen der Unfallopfer ihr tiefes Mitgefühl aus. Das Unternehmen schaltete ebenfalls eine Sonderhotline. Die Bahnstrecke blieb wegen des Unglücks und der Bergungsarbeiten vorerst gesperrt. Züge aus Richtung München fuhren nach Angaben der Bahn nur bis Oberau und fuhren von dort wieder zurück. Aus Richtung Mittenwald endeten Züge vorzeitig in Garmisch-Partenkirchen. Ein Ersatzverkehr sollte eingerichtet werden. Die Polizei Oberbayern-Süd teilte im Onlinedienst Twitter mit, aufgrund des Bergungseinsatzes sei in dem Gebiet bis Mitte nächster Woche mit Verkehrsbehinderungen zu rechnen.
Die Präsidentin des bayerischen Landtags, Ilse Aigner (CSU), dankte den Einsatzkräften. Aigner, die ihren Wahlkreis in Miesbach in Oberbayern hat, sprach den Angehörigen der Verunglückten "unser tiefes Mitgefühl" aus und wünschte den Verletzten eine schnelle Genesung.
Die Unglücksstelle ist nicht weit von Schloss Elmau entfernt. Dort findet Ende des Monats der G7-Gipfel unter deutschem Vorsitz statt.
(ast/ mit Material von dpa)