Rund 52 Millionen Menschen dürfen bei der Sozialwahl ihre Stimme abgeben.Bild: dpa-Zentralbild / Arno Burgi
watson antwortet
Millionen Haushalte überall in der Republik dürften in den vergangenen Tagen Briefe ihrer Krankenkasse und der Rentenversicherung in den Postkästen gehabt haben. Inhalt der Briefe: Die Unterlagen zur Sozialwahl.
Bis zum 31. Mai können die Versicherten so ihre Stimme abgeben. Entweder per Brief oder seit diesem Jahr auch online. Der Bundesbeauftragte für die Sozialwahlen, Peter Weiß, erhofft sich von der Online-Wahlmöglichkeit eine etwas höhere Wahlbeteiligung als bei der Sozialwahl 2017, als die Wahlbeteiligung bei etwa einem Drittel lag.
Diese Wahl ist wichtiger, als den meisten Versicherten wohl bewusst ist. Warum du deine Wahlstimme nutzen – und den Brief nicht einfach in den Papierkorb werfen solltest, klärt watson für dich.
Mitentscheiden darf, wer Mitglied ist
Die Sozialwahl ist die drittgrößte Wahl, die es in Deutschland gibt. Mehr Menschen dürfen nur bei der Bundestags- und der Europawahl abstimmen. Rund 52 Millionen Menschen in Deutschland sind berechtigt, bei der Sozialwahl ihre Stimme abzugeben. Wählen darf, wer bei Techniker Krankenkasse, DAK-Gesundheit, Barmer, KKH oder Handelskrankenkasse HKK versichert ist. Und die Mitglieder der Rentenversicherung.
Wer sowohl bei einer der Krankenkassen versichert ist, als auch in die Rentenkasse einzahlt, darf sogar zweimal wählen. Anders als bei der Bundestagswahl dürfen auch Minderjährige mitstimmen, sofern sie 16 Jahre alt und selbst versichert sind. Auszubildende zum Beispiel. Und auch die Staatsbürgerschaft spielt keine Rolle.
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Mitentscheiden darf, wer Mitglied ist. Die Idee dahinter: wer Beiträge zahlt oder gezahlt hat, soll auch mitbestimmen, wie es mit der Versicherung weitergeht. Aber was wird da eigentlich gewählt?
Die Versicherten wählen die höchsten Entscheidungsgremien der Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung. Bei den Krankenkassen ist dieses Gremium der Verwaltungsrat, bei den anderen Sozialversicherungen die Vertreterversammlung.
Auf dem Wahlzettel stehen keine Personen, sondern Organisationen, die Kandidat:innen in die Selbstverwaltung entsenden wollen. Das sind in der Regel Gewerkschaften, aber auch kirchliche Arbeitnehmerorganisationen oder zugelassene Gemeinschaften, in denen sich Versicherte organisiert haben. Welche Gruppierungen genau zur Wahl stehen, hängt von der jeweiligen Ersatzkasse ab.
Bei der Wahl der Rentenversicherung stehen unter anderem die Gewerkschaft Verdi, aber auch die Interessengemeinschaft der Versicherten und Rentner oder die IG Metall auf dem Stimmzettel.
Einfluss auf Grundsatzentscheidungen
Diese Entscheidungsgremien haben einen mächtigen Einfluss auf die jeweilige Versicherung. Denn die sogenannten Versichertenparlamente stellen den Haushalt auf. Und sie dürfen den Vorstand und die Geschäftsführung wählen.
Sie entscheiden auch über Leistungen der Krankenkassen oder die Qualität von Reha-Angeboten, Bonusprogramme, Wahltarife oder die Aufnahme neuer Früherkennungsuntersuchungen. Kurz gesagt: Sie fällen Grundsatzentscheidungen, die alle Versicherungsnehmer:innen betreffen.
Die Krankenkassen in Deutschland haben verschiedene Schwerpunkte und Ausrichtungen.Bild: dpa-tmn / Alexander Heinl
Konkret wird das für Versicherte etwa dann, wenn es darum geht, Widerspruch einzulegen oder Erwerbsminderungsrenten zu beantragen. Die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, Ulrike Elsner, weist darauf hin, dass die Selbstverwaltung allein in der Krankenversicherung jährlich ein Budget von rund 300 Milliarden Euro verwalte: "Der Kurs der Kasse wird über die Selbstverwaltung bestimmt."
Einfluss auf die Programmatik
Dadurch, dass die gewählten Vertreter:innen das Geld verwalten und Grundsatzentscheidungen treffen, haben sie einen großen Einfluss auf die Programmatik der Versicherungen. Das zeigt sich beispielsweise durch Bonusprogramme und Leistungen, die eine Krankenkasse von der anderen unterscheiden.
Bei der diesjährigen Wahl gibt es erstmals eine Frauenquote von 40 Prozent auf den Wahllisten der Krankenkassen. Die Bundeswahlbeauftragte Doris Barnett erhofft sich dadurch, dass so auch die Bedürfnisse von Frauen besser befriedigt werden. Denn Frauen würden anders erkranken als Männer.
Frauen brauchen andere Behandlungen und andere Medikamente als Männer.Bild: pexels / cottonbros
Die verschiedenen Organisationen, die auf den Wahlzetteln stehen, haben natürlich unterschiedliche Herangehensweisen. So spricht sich Verdi etwa dafür aus, dass sich Versicherer als Dienstleister verstehen – die Gewerkschaft fordert mehr Kund:innenfreundlichkeit und eine Stärkung des Rentensystems.
Die IG Metall spricht sich in ihrem Wahlprogramm für eine radikale Veränderung des Gesundheitssystems aus. Leistungen müssten nicht nur verfügbarer werden, sondern auch von der Kasse bezahlt. Eine Forderung, die wohl auch die Mitglieder der Liste der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung und Bundesverband Evangelischer Arbeitnehmerorganisationen unterschreiben. Leistungsfähigkeit und Versorgung müssten Vorrang vor Kostendämpfung und Wettbewerb haben, heißt es in dem Wahlprogramm.
Welche Organisationen bei welcher Krankenkasse zur Wahl antreten, lässt sich auf der Internetseite der Sozialwahl schnell nachschauen. Dort finden sich auch die konkreten Wahlprogramme, aller Listen.
(Mit Material der dpa)
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