Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte der Abschaffung des Ehegattensplittings in der aktuellen Legislaturperiode eigentlich eine Absage erteilt.Bild: dpa / Michael Kappeler
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Derzeit mehren sich – wieder einmal – die Gerüchte darüber, dass die Ampelregierung die Steuerklassen 3 und 5 abschaffen will. Eine Steuerklassenreform also.
Die beiden Steuerklassen werden auch gern unter dem Begriff Ehegattensplitting zusammengefasst. Bereits im vergangenen Jahr kursierte ein Datum: zum 1. Juli 2023 sollte es so weit sein. Passiert ist jedoch nichts. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte dem Vorhaben im vergangenen Juli dann eigentlich vorerst einen Riegel vorgeschoben. "Nicht in dieser Legislatur", hieß es von seiner Seite.
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Der Ursprung der Gerüchte ist im Koalitionsvertrag der Ampelpartner verankert. Dort steht:
"Im Zuge einer verbesserten digitalen Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung werden wir die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführen, das dann einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft."
Ein Irrtum also, dass das Ehegattensplitting abgeschafft werden soll. "Ein Ehegattensplitting ist weiterhin möglich", bestätigt Florian Neumeier, Leiter der Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik des ifo Instituts.
Lindners Haus hatte im vergangenen Jahr bekräftigend vorgerechnet, dass eine Abschaffung Paare und Familien jährlich mit rund 25 Milliarden Euro zusätzlich belasten würde.
Nun werde aber offenbar die im Koalitionsvertrag festgehaltene Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 angegangen, wie ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums dem "Rnd" vergangene Woche bestätigte. Ein konkretes Datum oder gar einen Gesetzesentwurf gibt es jedoch noch nicht.
Was bedeutet das?
Warum sollen die Steuerklassen 3 und 5 abgeschafft werden?
Die Ampelregierung begründete ihr Vorhaben im Koalitionsvertrag mit einer "verbesserten digitalen Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung". Die Hoffnung wohl: eine unbürokratischere Lösung zu schaffen, als derzeit.
Aktuell können verheiratete Paare mit einem größeren Einkommensunterschied ein Ehegattensplitting über die Steuerklassen 3 und 5 beantragen. Das bedeutet, dass die Einkünfte der beiden Partner zusammengerechnet und anschließend halbiert werden. Dafür wird dann die Einkommensteuer berechnet und anschließend verdoppelt. Herauskommt die Steuerlast des Ehepaars.
Dabei landet der Ehepartner mit dem höheren Einkommen in Steuerklasse 3, das Einkommen wird also geringer besteuert. Der Zweitverdienende, in Deutschland immer noch häufig die Frau, bekommt dann die Steuerklasse 5 zugeteilt, das Einkommen wird höher besteuert, es bleibt also ganz konkret weniger Netto vom Brutto als in Steuerklasse 3. Für diese:n Partner:in ist es also wenig attraktiv, mehr zu arbeiten.
"Eine Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 soll damit auch die Gleichstellung der Geschlechter in einer Ehe – und somit ebenfalls die Erwerbstätigkeit von Frauen – fördern", fasst Steuerexperte Neumeier zusammen.
Die Studienlage beweist, dass die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 dazu führt, dass der Zweitverdienende weniger arbeitet. Das verstärkt also die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.
Was ist stattdessen geplant?
Statt der Regelung des Ehegattensplittings über die Steuerklassen 3 und 5 soll es dann über die Steuerklasse 4 für beide Ehepartner laufen. So zumindest das Vorhaben. Die Zusammenveranlagung, also das Ehegattensplitting, soll dabei aber weiter erhalten bleiben.
Für das Ehegattensplitting soll es ein sogenanntes Faktorverfahren geben. Beide Eheleute verbleiben in Steuerklasse 4 und geben eine gemeinsame Steuererklärung ab. Das soll finanziell lohnender sein, als eine separate Besteuerung. Das gesparte Geld, also der Splitting-Vorteil, wird nach der Reform dann auf beide Ehepartner verteilt. Die Faktorregelung gibt es bereits seit kurzem, wird aber sehr selten genutzt.
CSU-Chef Markus Söder denkt, das Ehegattensplitting würde abgeschafft.Bild: dpa / Peter Kneffel
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hat das aber offenbar falsch verstanden. Er schrieb dazu auf Instagram:
"Eine Abschaffung der Steuerklassen III und V lehnen wir ab. Das würde insbesondere für Familien weniger Netto vom Brutto bedeuten. Betroffen wären vor allem Menschen im Süden und Westen Deutschlands. Wir wollen Familien stärken und nicht schwächen."
Bei Neumeier stößt das nur auf Unverständnis. Söder würde es so darstellen, als würde das Ehegattensplitting wegfallen. Dabei bleibe die Steuerlast am Ende sowohl bei Steuerklasse 3 und 5 als auch bei Steuerklasse 4 und 4 dieselbe, betont der Experte. Der Staat bereichert sich also nicht an der Reform.
Welche Auswirkungen hätte ein Wegfall der Steuerklassen 3 und 5?
"Konkret bedeutet die Reform für verheiratete Paare, dass der Hauptverdienende etwas weniger Netto vom Brutto hätte und der Zweitverdienende etwas mehr Netto vom Brutto, als es bei Steuerklasse 3 und 5 der Fall wäre", erklärt Florian Neumeier.
Dass die angestrebte Neuregelung allerdings tatsächlich unbürokratischer wird, zweifelt der Experte an. "So wie es aussieht, wird es eher etwas undurchsichtiger für die Steuerzahler." Die Faktorregelung sei komplizierter, als die Wahl der Steuerklasse.
Die Regelung in Steuerklasse 4 und 4 bedeutet auch einen Unterschied für die monatlichen Abschlagszahlungen. Denn in Steuerklasse 3 und 5 komme es häufiger vor, dass eine Rückzahlung geleistet werden muss oder eine Rückerstattung stattfindet, meint Neumeier.
"Am Ende ist es wohl persönliche Präferenz, ob man über das Jahr verteilt erstmal mehr Netto vom Brutto hat, wie bei Steuerklasse 3 und 5, und dann etwas im kommenden Jahr an das Finanzamt nachzahlt oder die Abschlagszahlung insgesamt eher der Steuerschuld entspricht." Die Steuerzahlungen sind also insgesamt lediglich anders über das Jahr verteilt.
Wen würde ein Wegfall dieser Steuerklassen betreffen?
Von dem Wegfall der Steuerklassen 3 und 5 sind verheiratete Paare betroffen. Sinn ergebe eine Beantragung der Steuerklassen 3 und 5, wenn die Aufteilung des Einkommens ungefähr bei 60/40 liegt, erklärt Neumeier. Also wenn ein Lebenspartner 60 Prozent zum gemeinsamen Haushaltseinkommen beiträgt und der Zweitverdienende 40 Prozent, der Gehaltsunterschied also groß ist.
Insgesamt soll also vor allem eine gerechtere Verteilung der Lohnsteuerbelastung entsprechend des jeweiligen Gehalts erzielt werden. Wann das Vorhaben tatsächlich umgesetzt wird, ist derzeit noch unklar. Der "Rnd" zitiert das Lindner-Ministerium so: "Aktuell laufen abschließende Gespräche und Abstimmungen für die Umsetzung des Auftrags aus dem Koalitionsvertrag in einem der nächsten Gesetzgebungsverfahren."
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