Der ukrainische Präsident steht auf der Todesliste einer Söldner-Truppe.Bild: dpa / Eu Video Link
Analyse
05.03.2022, 11:2608.06.2022, 18:34
Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj hat sich gewissermaßen unsterblich gemacht. Der ukrainische Präsident hat sich an die Seite seiner Armee gestellt und kämpft mit der Waffe in der Hand gegen die russischen Invasoren. So geht Legenden-Bildung, so gewinnt man den Krieg der Bilder.
Und so stellt man sich umso mehr ins Fadenkreuz der feindlichen Kräfte. Laut Medienberichten soll die berüchtigte "Gruppe Wagner" auf Selenskyj angesetzt worden sein.
Das Logo der "Gruppe Wagner".Bild: imago images / imago images
Die Söldnertruppe, die sonst in Bürgerkriegen von Zentralafrika bis nach Syrien mitmischt, hat laut der britischen "Times" von der russischen Regierung den Auftrag bekommen, den Präsidenten zu liquidieren.
Rund 400 Kämpfer sollen demnach an dem Einsatz beteiligt sein. Allerdings sollen Selenskyjs Einheiten in einer Konter-Aktion mehrere "Wagner"-Leute getötet haben. Es ist wie ein Agenten-Thriller inmitten eines blutigen Krieges.
Unterstützung für Despoten
Die "Gruppe Wagner" ist ein privates Militärunternehmen aus Russland, das im Verborgenen agiert. Die Mitglieder sind und waren in vielen Teilen der Welt aktiv, unter anderem in Libyen, Armenien und Syrien. Ihnen werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.
Als Gründer gilt Dmitri Walerjewitsch Utkin, ein ehemaliger Soldat mit einem Faible für den Nationalsozialismus. Bis 2013 war er im Nachrichtendienst des russischen Militärs tätig.
Später schloss er sich sogenannten privaten "Sicherheitsunternehmen" an und verteidigte zum Beispiel als Teil des „Slawischen Korps“ den syrischen Diktator Baschar al-Assad.
Aus dem Korps ging schließlich die "Gruppe Wagner" hervor, deren Kommandant Utkin wurde. Der Name bezieht sich auf den Komponisten Richard Wagner, einer der Lieblingskomponisten von Adolf Hitler. Utkin selbst soll seine Gesinnung in Form von Nazi-Tattoos auf dem Körper tragen.
In der Ukraine erregte die Gruppe zum ersten Mal nach der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland Aufmerksamkeit. In der ostukrainischen Region Donbass griff sie in die Kampfhandlungen ein und überfiel Berichten zufolge ukrainische Kämpfer.
Eine Söldnertruppe mit einem rechtsextremen Anführer ist also seit Jahren auf der Seite Russlands in der Ukraine aktiv – während der russische Präsident Wladimir Putin als Ziel seines Angriffskriegs gegen die Ukraine die "Entnazifizierung" des Landes ausgegeben hat.
Spuren des Krieges im umkämpften Donbass.Bild: imago images / Alexander Ryumin
Aktuell macht die "Gruppe Wagner" gemeinsam mit tschetschenischen Elite-Truppen Jagd auf Wolodymyr Selenskyj. Sie stößt dabei aber offenbar auf erbitterten Widerstand von ungeahnter Seite.
Der "Times" zufolge sollen Führungskader des russischen Geheimdienstes FSB die Attentatspläne verhindern, dreimal schon sei der Präsident einem Anschlag entronnen. Die Doppelagenten sagten laut "Times", sie wollten “den blutigen Krieg nicht mittragen".
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj.Bild: www.picturedesk.com / GISELA LINSCHINGER
Die russische Mediengruppe RBK berichtet, die Söldner agierten im Interesse der Regierung in Moskau. Sie sind kein offizieller Teil der russischen Streitkräfte. Allerdings habe es Bestrebungen gegeben, die Aktivitäten der Gruppe zu legalisieren.
Denn theoretisch sind private Militärunternehmen in Russland per Gesetz verboten, es drohen bis zu 15 Jahren Haft bei Verstoß.
Einsätze auf der ganzen Welt
Doch um den Jahreswechsel 2016 und 2017 herum hat Wladimir Putin mit einer Gesetzesänderung jeden russischen Militärabsolventen oder Reservisten, der "internationale terroristische Aktivitäten außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation verhindert", zum Militärangehörigen erklärt.
Dies gilt als Schritt hin zu einer Legalisierung der Gruppe. Für die Regierung ist dies komfortabel: Werden Söldner getötet, wirkt sich das nicht auf die offizielle Gefallenen-Statistik aus. Und um geltendes Kriegsrecht muss man sich überdies auch nicht scheren.
Zu den bisherigen Einsatzgebieten der Truppe gehören Länder überall auf der Welt, zu ihren Schützlingen zählen diverse Despoten und Diktatoren.
In Venezuela sollen die Söldner zur Sicherung der Macht von Staatspräsident Nicolás Maduro, dem Nachfolger der 2013 verstorbenen Revolutions-Ikone Hugo Chávez, im Einsatz gewesen sein.
Vergangenen Monat gab das US-Verteidigungsministerium bekannt, es gehe davon aus, dass Mitglieder der Gruppe an der russischen Invasion der Ukraine beteiligt gewesen seien. Details wurden aber nicht genannt.
Für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) muss letzte Woche im Bundestag wohl eine große Enttäuschung gewesen sein. Er hatte sich auf eine Debatte mit seinem Erzfeind und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingestellt. Dieser fehlte aber spontan aufgrund eines Defekts an einem Regierungsflugzeug und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) musste für ihn einspringen.