Krieg, Terrorismus, Unruhen – durch diese Themen rückt der Irak immer wieder in die Schlagzeilen.
Doch seit dem Krieg in der Ukraine, den Protesten im Iran und der Energiekrise in Europa ist das mediale Interesse abgeflacht. Dabei steht die junge Demokratie vor vielen Problemen – eines davon ist noch immer die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS).
Lucas Lamberty warnt davor, Länder wie den Irak, aber auch Syrien und Libanon aus dem Blick zu verlieren. Für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) arbeitet er zum Irak. Den medialen Fokus auf die Ukraine hält Lamberty für wichtig und richtig. Dennoch ist es ihm zufolge gefährlich, jetzt den Irak aus den Augen zu verlieren.
Er sagt dazu im Gespräch mit watson:
Im Irak herrscht dem Experten zufolge weiterhin eine eingeschränkte Präsenz des "Islamischen Staates", der mittlerweile nicht mehr offen auftritt, aber im Untergrund aktiv ist. Zudem sei die politische Lage fragil, vor allem die Korruption bringe viele Probleme mit sich. "Man darf nicht vergessen, der Irak ist eine junge Demokratie", sagt Lamberty. 2005 habe es erstmals nach 2003 freie Wahlen zum irakischen Parlament gegeben. "Es bedarf unsere Unterstützung, den Irak bei seiner Entwicklung weiter zu begleiten und stabile, politische Strukturen aufzubauen", meint Lamberty.
Demnach befürwortet er eine Fortsetzung des Einsatzes der Bundeswehr im Irak im Kampf gegen den "Islamischen Staat". Die Bundesregierung hat in einer Kabinettssitzung die Verlängerung des deutschen militärischen Beitrags zur nachhaltigen Stabilisierung Iraks und der Bekämpfung des "Islamischen Staats" beschlossen. Mit einer Entscheidung des Bundestags ist am 21. Oktober zu rechnen.
Laut Lamberty ist es wichtig, den Druck auf den IS hochzuhalten. Und genau das geschehe, indem etwa die Bundeswehr weiterhin die Sicherheitskräfte im Land unterstützt. Offiziell kontrolliert der IS keine Gebiete mehr, aber er tritt laut des Experten immer wieder in Erscheinung – durch Anschläge sowie Entführungen. Weiter sagt Lamberty:
Aber das militärische Engagement ist laut dem Experten nur ein Pfeiler von vielen im Irak. Nicht zu vergessen sei das zivile Engagement im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Ihm zufolge wurde im Irak bereits einiges erreicht. Als Beispiel nennt er den Wiederaufbau der Infrastruktur, sowie die Rückkehr von Binnenvertriebenen, also Menschen, die innerhalb des Landes vertrieben wurden. Aber die Herausforderungen bleiben weiter bestehen: gerade für junge Menschen.
Irak weist eine überwiegend junge Bevölkerung auf. Das Durchschnittsalter liegt laut Lamberty bei etwas mehr als 19 Jahren. Zudem wachse die irakische Bevölkerung rasant. "Aktuell leben vierzig Millionen Menschen im Irak, bis 2050 soll sich die Population Prognosen zufolge verdoppeln", sagt der Politikwissenschaftler. Demnach müssen Perspektiven gerade für junge Menschen geschaffen werden.
"Grundsätzlich ist eine Bevölkerung, die wenig Perspektiven hat, immer anfälliger für eine Radikalisierung", meint Lamberty. Da der IS eine sunnitische Organisation ist, könnten sich ihm im schlimmsten Fall junge Sunniten anschließen. Junge Menschen des schiitischen Glaubens wiederum könnten sich schiitischen Milizen zuwenden. Allerdings gibt es laut Lamberty einen Lichtblick, der nicht übersehen werden dürfe.
Und zwar: Die jüngsten Proteste im Irak zeigen, dass sich junge Menschen für die Demokratie im Land einsetzen.
Der Experte sagt dazu:
Laut Lamberty liegt der Fokus der Berichterstattung beim Irak oft auf dem Negativen, dabei gibt es auch positive Entwicklungen. Es habe sich eine Zivilgesellschaft in den vergangenen Jahren entwickelt. Besonders hervorzuheben sei auch die vorhandene Meinungsfreiheit und Meinungspluralität im Irak, die keine Selbstverständlichkeit sei in dieser Region.
Diese Errungenschaften sind vor allem den Iraker:innen zu verdanken, die das Land voranbringen möchten, um Kriege, Unruhen und Terrorismus endlich hinter sich zu lassen.