Am 16. September 2022 starb die 22-jährige Jina Mahsa Amini, durch die Gewalt der Moralpolizei. Amini besuchte die Stadt Teheran, als sie dort wegen "unzüchtiger Bekleidung" von den Sittenwächtern festgenommen wurde.
Die genauen Umstände ihres Todes sind bis heute ungeklärt. Laut den Behörden sei Amini aufgrund einer Vorerkrankung gestorben. Laut der Familie wurde sie von der Polizei zu Tode geprügelt.
Die Stimmung in Iran war bereits vor dem Tod von Jina Masha Amini angespannt. Ihr Tod brachte das Fass jedoch endgültig zum Überlaufen.
Die Wut auf das Regime und die Sittenwächter sowie die Hilflosigkeit bezüglich der wirtschaftlichen Situation war und ist im Land und auf der ganzen Welt spürbar. Tausende protestierten auf den Straßen von Iran. Gegen die Moralpolizei und für mehr Freiheit – auch für die Frauen. Die Proteste haben ein unglaubliches Ausmaß. Die Brutalität der Polizei und des Regimes ebenso.
Bisher sollen mehr als 20.000 Menschen verhaften worden sein. Viele wurden gefoltert. Viele angeklagt wegen "Korruption auf Erden" oder "Feindseligkeit gegen Gott".
Nach der Anklage folgte die Verurteilung. Nach der Verurteilung folgt die Todesstrafe.
Seit Beginn der Proteste sind in Iran so viele Menschen hingerichtet worden wie schon seit Jahren nicht mehr. Genaue Zahlen sind jedoch wegen der schlechten Informationslage nicht bekannt.
Nach Angaben von Human Rights Activists News Agency, mit Sitz in den USA, seien seit Beginn der Proteste im September mindestens 527 Menschen aufgrund von Gewalt während der Proteste umgekommen. Unter ihnen 71 Minderjährige.
Laut Angaben der Organisationen Iran Human Rights in Norwegen und Enselble contre la peine de mort in Frankreich sollen 2022 mindestens 582 Personen hingerichtet worden sein. Unter ihnen 16 Frauen und drei Kinder. Mehr als die Hälfte der Hinrichtungen hätten dabei seit dem Ausbruch der Proteste stattgefunden. Das deckt sich mit Angaben der UNO. Für das Jahr 2023 listet die UNO bereits mehr als 200 Exekutierte auf.
Dabei waren nicht alle Hingerichteten Protestierende. Laut neuester Zahlen wurden die meisten Delinquenten wegen Mord oder Drogendelikten hingerichtet.
Nach Angaben von Human Rights Watch sind allein seit Ende April mindestens 60 Todesurteile vollstreckt worden.
Und die Zahlen steigen von Tag zu Tag. So sollen während der letzten zwei Tage rund 17 Menschen hingerichtet worden sein.
Drei der Hingerichteten waren Saleh Mirhaschemi, Madschid Kasemi und Said Jakobi. Den Protestteilnehmern wurde zur Last gelegt, während der landesweiten Demonstrationen gegen die iranische Staatsführung im November drei Sicherheitskräfte in der Metropole Isfahan getötet zu haben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht. Doch laut Amnesty International wurden die Geständnisse unter Folter erzwungen.
Viele protestierten vor dem Gefängnis, wo die drei hingerichtet wurden:
Vor über einem halben Jahr haben die Protestwellen in Iran begonnen. Auf Videos und Bildnern im Netz sieht man zwar immer noch Frauen, welche protestieren, aber um die Protestwelle ist es deutlich ruhiger geworden. Es gibt nur noch vereinzelte Aktionen oder Demonstrationen.
Die Repressions- und Hinrichtungswelle des Regimes scheint zu wirken.
Viele Demonstrierende fordern zwar ein Systemwechsel, kommen gegen die mächtigen Mullahs aber nicht an.
Aber: der 83-jährige Führer Khamenei ist gesundheitlich angeschlagen. Sollte er sterben, könnte es zu einem Nachfolgestreit oder einem gefährlichen Machtvakuum kommen.
So ist es zwar gerade aktuell wieder ruhiger geworden im Land. Der Graben zwischen Regierung und Volk ist aber tiefer und weiter geworden. Außerdem gibt es viele Frauen und junge Menschen, die im Stillen protestieren. Zum Beispiel tragen sie kein Kopftuch, treiben in der Öffentlichkeit Sport oder singen.