Trump-Diplomaten bedrohten wohl EU-Kollegen und ihre Familien – "noch nie erlebt"
Donald Trumps Rüpeldiplomatie hat ein neues Opfer gefunden – und dem US-Präsidenten erneut zum Erfolg verholfen. Dieses Mal hat es eine Reihe von EU-Diplomat:innen getroffen.
Bei einem Treffen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) in London sollen Trumps Diplomat:innen ihre Kolleg:innen heftiger behandelt haben, als dies jemals im Rahmen von Verhandlungen der Fall war. Dabei ging es um ein geplantes Abkommen zur CO₂-Bepreisung im Schiffsverkehr im Kampf gegen die Klimakrise.
Die Trump-Regierung stellte sich gegen die EU und weitere Staaten: Um die finanziellen Auswirkungen auf US-amerikanische Reedereien aufzuhalten, setzte sie alles daran, die Entscheidung zu blockieren – und schreckte dabei wohl nicht davor zurück, Diplomat:innen und ihre Familien zu bedrohen.
Trump-Regierung bedroht EU-Diplomaten und ihre Familien
Die Trump-Regierung feierte im Anschluss an die Verhandlungen einen Erfolg – die Abstimmung wurde beim Treffen in London vor wenigen Wochen auf unbestimmte Zeit verschoben, was als herber Rückschlag für die internationale Klimapolitik gewertet wird.
Dem Portal "Politico" berichteten mehrere europäische Delegierte nun anonym, dass sie während der Verhandlungen in London massiven persönlichen Drohungen ausgesetzt waren. Sollten sie sich für die CO₂-Bepreisung einsetzen, hätte das demnach Konsequenzen gehabt.
"Unsere Verhandlungsführer hatten so etwas noch nie zuvor bei internationalen Gesprächen erlebt", erklärt ein europäischer Beamter gegenüber "Politico", der mit den Verhandlungsführer:innen gesprochen habe. Er fuhr demnach fort:
USA: Trump-Team verbreitet "Angst" vor Entscheidung
Die Einschüchterungstaktiken der USA sollen auch unter anderen anwesenden Länder-Vertreter:innen für eine "Atmosphäre der Angst" und "Chaos" gesorgt haben, wie "Politico" von Christiaan De Beukelaer, der als Beobachter an den Gesprächen teilnahm, erfuhr. Viele Delegierte seien demnach sichtlich erschüttert gewesen.
Ralph Regenvanu, Klimaminister von Vanuatu, nannte das Vorgehen gegenüber "Politico" nur "Bullshit"; er sprach von "unerbittlichem Druck" seitens der USA. Obwohl harte Taktiken in internationalen Verhandlungen nichts Neues sind, wurde die Haltung der USA in London als außergewöhnlich angesehen.
Welche US-Diplomat:innen genau hinter den Drohungen steckten, bleibt unklar. Doch es gibt Hinweise darauf, dass US-Energieminister Chris Wright und Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins eine zentrale Rolle spielten.
Wright hatte eingeräumt, er und Rollins hätten mehr als 20 Länder persönlich angerufen, um sie von der CO₂-Bepreisung abzubringen. Auch Außenminister Marco Rubio, einer von Trumps engsten Vertrauten, soll in das Vorhaben involviert gewesen sein.
USA auf einer Linie mit Russland und Saudi-Arabien
Besonders betroffen waren von den Drohungen laut "Politico" kleine Inselstaaten, die ohnehin stark unter den Folgen der Klimakrise leiden. Eigentlich war die Ausgangslage für eine angestrebte Zwei-Drittel-Einigung der UN-Sonderagentur erfolgversprechend.
Neben der EU und Großbritannien unterstützten auch China und Brasilien ein Abkommen. Große Ölproduzenten wie Saudi-Arabien, Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate lehnten es hingegen ab. Die USA unter Trump gingen mit ihren Drohungen dann anscheinend den entscheidenden Schritt weiter, um das Abkommen zu verhindern.
Trump selbst bezeichnete die CO₂-Bepreisung auf seiner Plattform Truth Social zuvor als "grüne Betrugssteuer" und machte klar, dass die USA diese nicht akzeptieren würden.
Das aggressive Verhalten der Trump-Regierung hat nicht nur die Verhandlungen in London ins Chaos gestürzt, sondern auch den Grundprinzipien der internationalen Diplomatie geschadet, wie de Beukelaer "Politico" erklärt: "Wenn man einmal damit anfängt, Länder zu bedrohen, untergräbt man damit die Struktur und Funktionsweise des Multilateralismus, wie er seit dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist."
(mit Material von afp)
