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Der EZB-Leitzins steigt: Was das für Sparer, Kreditnehmer und Hausbau bedeutet

21.07.2022, Hessen, Frankfurt/Main: Christine Lagarde, Pr
Die EZB-Chefin Christine Lagarde erklärt bei einer Pressekonferenz, dass der Leitzins steigen wird.Bild: dpa / Boris Roessler
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Der EZB-Leitzins steigt: Was das für Sparer, Kreditnehmer und den Hausbau bedeutet

22.07.2022, 14:3208.09.2022, 14:27
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Die vergangenen Jahre war Geld borgen billig. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) lag seit 2016 bei null Prozent. Gestiegen ist er das letzte Mal 2011. Doch damit ist jetzt Schluss. Die EZB hat den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte angehoben. So soll die Inflationswelle gebrochen werden – das langfristige Ziel ist eine Teuerung von zwei Prozent.

Doch was ist überhaupt ein Leitzins und wie wirkt er sich auf die Inflation aus? Und was bedeutet die Erhöhung für die Verbraucher? Diese Fragen klärt watson für euch.

Was macht der Leitzins?

Der Leitzins der EZB gibt an, wie teuer Geldleihen für Banken und Kreditinstitute ist. Je höher der Leitzins, desto teurer das Geld. Dadurch hat der Leitzinssatz natürlich enorme Auswirkungen auf die Finanzmärkte, die Wirtschaft, aber auch auf Privatpersonen.

Denn bei niedrigen Zinsen sind Kredite günstiger. Menschen werden also angeregt, Geld auszugeben. Investitionen zu tätigen – beispielsweise Immobilien zu kaufen. Bei niedrigen Zinsen lohnt es sich außerdem kaum, das Geld auf der Bank liegenzulassen. Die Wirtschaft wird also angekurbelt.

Bei höheren Leitzinsen – so wie jetzt – passiert genau das Gegenteil: Kredite werden teurer, Menschen geben weniger Geld aus. Die EZB beendet mit dieser Entscheidung die Negativzinspolitik. Das bedeutet auch, dass die Sparenden wieder mit Zinsen für das Geld auf ihren Konten rechnen können.

Mit dieser Entscheidung will die EZB die Inflationsrate drücken – und so die Preise stabilisieren.

Was hat der Leitzins mit der Inflation zu tun?

Umso teurer das Geld, desto weniger davon ist im Umlauf. Die EZB verknappt so also künstlich die Geldmenge. Durch teure Kredite und Sparzinsen werden die Verbrauchenden angeregt, weniger Geld auszugeben. Die Idee dahinter ist marktwirtschaftlicher Natur: Die Nachfrage regelt den Preis. Sinkt sie, könnten auch Produkte wieder günstiger werden.

Nord Stream 1
Die Ostseegaspipeline Nord Stream 1.Bild: Picture Alliance dpa / Jens Büttner

Aber: Die aktuelle Inflation hat nicht unbedingt etwas mit einer abnorm hohen Nachfrage zu tun. Schuld an ihr sind die gestiegenen Energiepreise, auch durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Denn für jedes produzierte Produkt wird Energie benötigt. Auf diese internationalen Rohstoffmärkte hat die EZB allerdings keinen Einfluss.

Sollte im Winter das Gasproblem größer werden, könnte es sein, dass die Preise wegen des knappen Angebots an Gas trotz Leitzinserhöhung noch weiter steigen. Mit Blick auf die Preissteigerungen hat Kanzler Olaf Scholz angekündigt, die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft nicht allein zu lassen.

Entlastungsmaßnahmen wie das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt werden zum September auslaufen. Scholz hat aber eine Wohngeldreform angekündigt. Mehr Menschen sollen diesen Zuschuss beziehen können. Auch der Heizkostenzuschuss soll helfen. Seit Juli ist außerdem die EEG-Umlage ausgesetzt.

Was bedeutet die Zinserhöhung für uns?

Im Grunde bedeutet die Erhöhung der Leitzinsen für uns vor allem eins: Wir müssen unser Geld beisammen halten. Trotzdem dürfte das Geld seinen Wert auf dem Konto weiter verlieren – denn die Zinsen dürften weiterhin von der Inflation geschluckt werden. Und so verlieren Girokontosparende weiterhin Geld.

Aber: einige Banken haben sich bereits von den Negativzinsen verabschiedet. Das zumindest ist das Ergebnis einer Analyse von Verivox. Das heißt: Sparende müssen nicht länger draufzahlen, wenn sie zu viel Geld auf der Bank liegen haben.

Weniger rosig sieht es allerdings für jene aus, die sich Geld von der Bank leihen müssen. Kredite werden teurer.

Kreditnehmende, deren Zinsrate aktuell noch festgeschrieben ist, haben erst einmal Glück im Unglück. Die Zinsen können dank der Festschreibung für die Vertragsdauer nicht steigen und gleichzeitig entwertet die Inflation momentan den Kredit. Win-Win quasi. Trotzdem werden sich auch hier die neuen Zinsen auf kurz oder lang niederschlagen.

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Gerade für Hausbauende ist die Zinserhöhung eine schlechte Nachricht. Denn die Bauzinsen sollen weiter steigen. Hier sind die Kredite schon in der ersten Jahreshälfte teurer geworden – viele Menschen dürften sich deshalb den Bau oder Kauf von Immobilien nicht mehr leisten können. Denn gleichzeitig gibt es immer noch Lieferengpässe und zu wenig Handwerker und Handwerkerinnen und Bauarbeitende.

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