Die Beschreibung, wie sich die Tötung der Hamas-Geiseln zugetragen haben soll, ist erschreckend: Sie sollen eine weiße Fahne bei sich getragen haben. Die Oberkörper nackt, standen sie wohl knapp zehn Meter entfernt von dem israelischen Soldaten. Dieser schießt, weil er sich von den drei halbnackten Menschen wohl bedroht fühlt. Er nennt sie Terroristen, woraufhin die restlichen Soldat:innen seiner Einheit das Feuer eröffnen.
Die drei Menschen sterben. Zwei sofort, einer habe schwerverletzt Schutz gesucht in einem Gebäude und auf Hebräisch um Hilfe gerufen. Hebräisch? Statt um Hamas-Terroristen handelte es sich um israelische Geiseln.
Die Bestürzung über die Tötung ist groß. In Tel Aviv strömten am Samstagabend Tausende Menschen auf die Straße, wie israelische Medien berichteten. Angehörige und Unterstützer demonstrierten für die Freilassung der noch im Gazastreifen verbliebenen Verschleppten. Das Militär macht nun weitere erschreckende Details zu der Erschießung öffentlich.
Regierungschef Benjamin Netanjahu bezeichnete den Vorfall als "unerträgliche Tragödie". Nach neusten Erkenntnissen des Militärs ist allerdings klar: Die Geiseln hätten als solche erkannt werden können. Denn neben der weißen Fahne, die international ein Zeichen für Frieden und Kapitulation ist, hatten sie weitere Hinweise auf ihre Identität platziert.
So berichtet "ntv" von Schildern, die an den Wänden eines Gebäudes in der Nähe des Tatortes angebracht worden waren. Darauf zu lesen: "SOS" und "Hilfe, drei Geiseln". Der Sender beruft sich in seinem Bericht auf Informationen des israelischen Militärs. Die Schilder sollen von den erschossenen Geiseln stammen. Dass trotz der Symbolik abgefeuert wurde, sei gegen die Einsatzregeln, erklärt ein Militärsprecher.
Auch Israels Generalstabschef Herzi Halevi hat mittlerweile die Verantwortung für die Tötung übernommen. Auf X, früher Twitter, teilt er ein Video, in dem er einer Einheit der israelischen Armee (IDF) noch einmal die Regeln erklärt. Darüber steht:
Bei dem Überfall am 7. Oktober hatte die Terrororganisation Hamas zahlreiche Israelis verschleppt. Ende November hatten Israel und die Hamas unter Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA erstmals eine Feuerpause vereinbart, die zweimal kurz verlängert wurde. In der Zeit ließ die Hamas 105 Geiseln frei, darunter 14 deutsche Staatsbürger. Israel setzte im Gegenzug 240 palästinensische Häftlinge frei. Mehrere Geiseln sollen auch tot sein. Nach israelischen Schätzungen werden derzeit noch rund 110 verschleppte Menschen im Gazastreifen festgehalten.
(Mit Material der dpa)