Politik
International

Krieg in der Ukraine: EU-Staaten verhängen weitere Sanktionen gegen Russland

January 6, 2022, Brussels, Belgium: European Union flags flutter outside the EU Commission headquarters in Brussels, Belgium, January 6, 2022. Brussels Belgium - ZUMAm177 20220106_zip_m177_008 Copyrig ...
Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben am Donnerstag bei einem Sondergipfel einem umfangreichen Sanktionspaket gegen Russland zugestimmt.Bild: www.imago-images.de / Valeria Mongelli
International

EU-Staaten verhängen weitere Sanktionen gegen Russland

25.02.2022, 08:3525.02.2022, 12:37
Mehr «Politik»

Die EU-Staaten verhängen weitere Sanktionen gegen Russland wegen dessen Einmarsch in die Ukraine. "Der Europäische Rat vereinbart heute weitere Strafmaßnahmen, die für Russland wegen seines Vorgehens massive und ernste Folgen haben werden", hieß es in der am Donnerstagabend in Brüssel verabschiedeten Gipfelerklärung der EU-Staats- und Regierungschefs. Ein Entwurfspapier mit Details der Einigung geht nicht auf einen möglichen Ausschluss Russlands vom internationalen Swift-Finanzverfahren ein.

Umfangreiches Sanktionspaket

Die Sanktionen betreffen laut Gipfelerklärung den russischen Finanz-, Energie- und Transportsektor, den Export von Dual-Use-Gütern, die für zivile und militärische Zwecke genutzt werden können, die Visa-Vergabe sowie eine Reihe "russischer Einzelpersonen". Das detaillierte Sanktionspaket war von der EU-Kommission vorbereitet worden und muss noch formell vom Ministerrat der EU-Staaten verabschiedet werden. Dies soll am Freitag passieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte vor dem Gipfeltreffen ein Paket "massiver und gezielter Sanktionen" angekündigt.

Laut einem Entwurf, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorlag, sind etwa die staatliche russische Eisenbahngesellschaft RZD, der Fahrzeughersteller Kamaz und der Schiffbauer USC von neuen Sanktionen betroffen. Die russischen Privatbanken Alfa Bank und Bank Otkritie sollen ebenfalls auf die Sanktionsliste. Auch wollen die EU-Staaten die Reise- und Visafreiheit für Besitzer von russischen Diplomatenpässen einstellen. Außerdem soll es Russen verboten werden, mehr als 100'000 Euro bei EU-Banken anzulegen oder auf Euro lautende Wertpapiere zu kaufen.

Von der Leyen sagte, die Maßnahmen würden "Russlands Kreditkosten erhöhen, die Inflation ansteigen lassen und Russlands industrielle Basis allmählich aushöhlen".

Zu den Zielen der Sanktionen im Energiesektor gehört ein Exportverbot für Ausrüstung und Technologie, die Russland für die Modernisierung seiner Ölraffinerien benötigt. Ein Exportverbot für Flugzeuge und Flugzeugteile für russische Fluggesellschaften würde ebenfalls "einen Schlüsselsektor der russischen Wirtschaft" beeinträchtigen und das Reisen in dem riesigen Land erschweren, sagte von der Leyen. Schließlich soll Russlands Zugang zu Halbleitern und High-Tech-Produkten erschwert werden.

Scholz gegen Swift-Ausschluss Russlands

Im Vorfeld der Beratungen der 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel hatten sich mehrere, insbesondere östliche Mitgliedstaaten für besonders harte Maßnahmen gegen Russland ausgesprochen. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen herrschte über einen möglichen Ausschluss Russlands aus dem Swift-Finanzverfahren jedoch Uneinigkeit. Der Schritt gilt als eine der härtesten möglichen Maßnahmen, weil er verheerende Folgen für die russische Wirtschaft hätte.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich in dieser Frage zurückhaltend. Es sei nötig bestimmte Strafmaßnahmen für den Fall zurückzuhalten, dass die Lage noch weiter eskaliere, sagte er vor den Beratungen. Die "Financial Times" hatte berichtet, Scholz sei gegen den Swift-Ausschluss, da er auch negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte. Im AFP vorliegenden Entwurfspapier ist die Maßnahme nicht aufgeführt.

Doch vor allem von der jüngeren Partei-Generation kommt hier Gegenwind: Die SPD-Jugendorganisation Jusos fordert einen sofortigen Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem.

Juso-Chefin Jessica Rosenthal twitterte am Freitag:

Auch Vize-Chef Philipp Türmer twitterte, ein Swift-Ausschluss sei möglich und müsse schnellstmöglich umgesetzt werden.

Ukraine unter Raketenbeschuss

Nach Angaben von Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschalte zu den EU-Staats- und Regierungschefs gesprochen. Selenskyj hat demnach gesagt, "dass er nicht wisse, ob er ein weiteres Mal mit uns sprechen könne", berichtete Bettel nach dem Treffen.

Russland hatte am Donnerstagmorgen mit einem großen Angriff auf die Ukraine begonnen. In mehreren Städten schlugen Raketen und Artilleriegranaten ein. Russische Bodentruppen waren anschließend binnen weniger Stunden bis in den Großraum Kiew vorgedrungen. Luftlandetruppen nahmen einen Militärflughafen am nordwestlichen Stadtrand von Kiew ein. Am Freitagmorgen wurden Explosionen aus der Hauptstadt gemeldet, ukrainische Regierungsvertreter sprachen von russischen Raketenangriffen. 

Ukraine ordnet allgemeine Mobilmachung an

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Generalmobilmachung aller Reservisten und Wehrdienstpflichtigen verkündet. Am ersten Tag der Kämpfe waren seinen Angaben nach 137 Menschen getötet und hunderte verletzt worden - darunter zahlreiche Zivilisten.

Angesichts des Angriffs haben auch die USA, Kanada und Japan ihre Sanktionen gegen Russland verschärft. Dazu gehören Reisebeschränkungen, Beschränkungen des Zugangs zu Finanzmärkten sowie Exportstopps für bestimmte Güter einschließlich High-Tech-Produkten und Computerchips.

(abd / jor / afp)

K-Frage in der SPD: Lauterbach und Lanz im Schlagabtausch über Scholz

In der SPD tobt derzeit die K-Frage, die Diskussion über den nächsten Kanzlerkandidaten. Kanzler Olaf Scholz zeigt sich entschlossen, erneut anzutreten. Doch die Umfragen sprechen eine andere Sprache, zumindest zum aktuellen Zeitpunkt.

Zur Story