Dieser Flugzeugabsturz in Russland erregt weltweite Aufmerksamkeit. Auf der Passagierliste des Privatjets taucht laut übereinstimmenden Berichten ein bekannter Name auf: der von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin. Prigoschin und sein Stellvertreter Utkin sollen sich an Bord der abgestürzten Maschine befunden haben.
Der Tod des Wagner-Bosses wurde bereits am Abend des 23. August auf dem Wagner-nahen Telegram-Kanal "Grey Zone" bekannt gegeben. Kurz darauf folgte die offizielle Bestätigung von der russischen Luftfahrtbehörde Rosawiazija. Darin hieß es, dass Prigoschin auf der Passagierliste des abgestürzten Flugzeugs stand und an Bord war. Eine offizielle Bestätigung oder eindeutige Beweise für seinen Tod blieben bisher jedoch aus. Doch am Tag darauf gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass der 62-Jährige tatsächlich tot sein könnte.
Dass der Wagner-Chef nach seinem Putsch-Versuch im Juni in Russland für Russland-Machthaber Wladimir Putin zum roten Tuch geworden war, ist ein offenes Geheimnis. Dass der Kreml gerne einmal Kritiker:innen und Gegner:innen "entsorgt", auch. Erschreckend ist, wie genau ein Experte einige Details zum Tod Prigoschins vorausgesagt hatte.
Der Absturz des Prigoschin-Fliegers ereignete sich am Mittwochnachmittag in der Nähe des russischen Dorfes Kujenkino in der Region Twer, nordwestlich von Moskau. Das zeigen unter anderem Daten des Flugzeuges auf der Webseite Flightradar24.
Das russische Kujenkino liegt etwa auf halber Strecke zwischen Moskau und St. Petersburg. Das Flugzeug vom Typ Embraer Legacy befand sich mit insgesamt zehn Personen an Bord auf einem fatalen Kurs. Die ersten Berichte deuteten darauf hin, dass niemand den Absturz überlebt hat. Such- und Rettungsaktionen wurden eingeleitet.
Inmitten der Verwirrung tauchten auf Telegram-Kanälen, die angeblich Verbindungen zur Wagner-Gruppe haben, Videos mit Andeutungen zu Prigoschins Tod und einem potenziellen Anschlag durch den Kreml auf. Die Authentizität dieser Videos konnte zunächst nicht bestätigt werden. Prigoschins eigener Telegram-Kanal "Grey Zone" verbreitete rasch Nachrichten, die auf einen gezielten Abschuss hinwiesen.
Die Behauptung blieb jedoch unverifiziert und ist nicht unabhängig überprüfbar. Letztlich ist nicht gesichert, ob Prigoschin tatsächlich an Bord war.
Einer, der den Tod Prigoschins vorausgesagt hatte, ist der Journalist Christo Grozev. Er ist Teil des Recherche-Netzwerkes Bellingcat, das immer wieder mit seinen investigativen Russland-Recherchen für Aufsehen sorgt. So überraschte das Netzwerk bereits mit der Identifizierung der Nawalny-Attentäter, Analysen zum MH-17 Abschuss oder Recherchen zum Tiergartenmord in Berlin.
Auch in Sachen Prigoschin recherchierte das Netzwerk fortlaufend. Grozev hatte bereits im Januar einen Putsch-Versuch durch die Wagner-Truppen "in den kommenden sechs Monaten" prognostiziert. Fast genau sechs Monate später, am 23. Juni, kam es dann dazu.
Dann machte der Journalist in einem Interview mit der "Financial Times" noch einmal mit einer Prognose auf sich aufmerksam. Er sagte zur möglichen Reaktion Russlands auf den Putsch-Versuch: "In sechs Monaten wird Prigoschin entweder tot sein oder es wird einen zweiten Putsch geben."
Kann man den neusten Meldungen Glauben schenken, ist wohl erstere Option der Fall.
Doch woher bezieht Bellingcat seine Informationen? Woher konnten die Journalist:innen das wissen? Nach eigenen Angaben ist diese Informationsbeschaffung für das Recherche-Netzwerk nur dank Korruption in russischen Staatsorganen möglich.
Als Beispiel führt Grozev im Interview an, dass bereits der Putsch-Versuch durch die Wagner-Gruppe im Juni schon am Abend zuvor ersichtlich gewesen sein soll. Der Telefonverkehr zwischen hochrangigen Militärs in Russland war explodiert. Gegen Geld habe man den sensiblen Datensatz erhalten.
In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni war es Prigoschin gelungen, die Kontrolle über einen Militärstützpunkt in Russland zu übernehmen. Er kündigte an, mit seiner Söldner-Truppe nach Moskau zu marschieren. Dieser Vorfall, bekannt als der Wagner-Putsch, sorgte weltweit für Aufsehen.
Laut "Pravda" ging das Büro von Präsident Wladimir Putin davon aus, dass die Truppen die Stadt innerhalb weniger Stunden erreichen könnten. Der Leiter der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, entschied sich später am 24. Juni dazu, seinen militärischen Vormarsch zu beenden. Er ging ins Exil nach Belarus, kehrte im Juli jedoch wieder nach Russland zurück.