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Russland: Putin in der Eier-Krise – Experten nennen Gründe für steigende Preise

Russian President Vladimir Putin is seen before a meeting with Khabarovsk Region Governor Mikhail Degtyarev in Khabarovsk, Russia, Thursday, Jan. 11, 2024. (Gavriil Grigorov, Sputnik, Kremlin Pool Pho ...
Kreml-Machthaber Wladimir Putin liefert eine Erklärung für die Eier-Probleme im Land.Bild: Pool Sputnik Kremlin / Gavriil Grigorov
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Putin in der "Eier-Krise" – Experten nennen Gründe für steigende Preise

13.01.2024, 13:49
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Die "Eier-Krise" in Russland ist in vollem Gange. Darauf aufmerksam machte eine mutige russische Rentnerin bereits im Dezember. Irina Alexandrowna Akopowa beförderte das Problem in die internationalen Schlagzeilen, als sie den Kreml-Machthaber Wladimir Putin vor laufender Kamera darauf ansprach.

Bei Putins großer Fernseh-Sprechstunde Mitte Dezember fragte sie ihn: "Wo und wann hat es so hohe Lebensmittelpreise schon einmal gegeben?" Dabei sprach sie die immens gestiegenen Preise für Eier in dem Land an:

"Zehn Eier kosten bis zu 220 Rubel (umgerechnet rund 2,20 Euro)! Wladimir Wladimirowitsch, haben Sie Mitleid mit den Rentnern. Wir bekommen doch keine Millionen-Rubel-Rente!"

Zur Veranschaulichung: Die russische Durchschnittsrente liegt bei etwa 200 Euro. Putin lieferte sogleich eine Erklärung. Branchenkenner:innen widersprechen diesen Worten nun.

Wladimir Putin nennt angebliche Gründe für Eier-Problem

Putin nahm die Ansprache der Rentnerin im TV scheinbar ernst, stritt die Preissteigerungen nicht ab. Stattdessen erklärte er: Die Einkommen der Russ:innen seien gestiegen – und damit auch die Nachfrage nach Eiern. "Ich esse selbst gern Rührei", erklärte Putin. Die Regierung habe es versäumt, rechtzeitig auf die Nachfrage zu reagieren und genug Eier zu importieren. Natürlich werde man in naher Zukunft Abhilfe schaffen.

Russian President Vladimir Putin attends his annual news conference in Moscow, Russia, Thursday, Dec. 14, 2023. (AP Photo/Alexander Zemlianichenko, Pool)
Im russischen Fernsehen stellte sich Putin Mitte Dezember einigen Fragen der Anwesenden.Bild: Pool AP / Alexander Zemlianichenko

Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage darf hinterfragt werden. Expert:innen sehen die Sache zudem anders.

Der durchschnittliche Verbraucherpreis für Hühnereier nach Putins Auftritt stieg weiter an. Laut der staatlichen Statistikbehörde Rosstat erhöhte sich der Preis vom 9. Januar bis zum 25. Dezember 2023 sogar um knapp 62 Prozent. Die Auswirkungen sind in den verschiedenen russischen Regionen unterschiedlich spürbar. In der Hauptstadt Moskau war der Preisanstieg im Vergleich zu Regionen wie Krasnodar, der Heimat von Irina Akopowa, der annektierten Halbinsel Krim und einigen westrussischen Gebieten deutlich weniger stark.

Russland: Eier sind ein Luxus-Gut und werden teils einzeln verkauft

Wer auf der Krim etwa Eier haben will, muss tief in die Tasche greifen. Dort wird das neue Luxus-Gut mittlerweile laut Medienberichten sogar einzeln verkauft, nicht nur in der Packung. Auch Hamsterkäufe sind an manchen Orten ein Problem, weswegen die Produkte rationiert werden, wie der "Spiegel" berichtet.

Untätigkeit vorwerfen kann man dem Putin-Regime jedenfalls nicht. Bereits im November wurde von Seiten des Landwirtschaftsministeriums ein Exportverbot für Geflügel und Eier für einen Zeitraum von sechs Monaten verhängt. Parallel dazu startete das Kartellamt eine Untersuchung, um festzustellen, ob die Erzeuger von Eiern sich in Absprache auf Preiserhöhungen geeinigt hatten. Der Generalstaatsanwalt schob Ermittlungen wegen Preisverstößen an.

Russland: Expertin widerspricht Putin in der Eier-Frage

Putins Erklärung glauben Expert:innen allerdings nicht. So auch die Generaldirektorin des Verbands der russischen Geflügelhersteller, Galina Bobylewa. Die Ökonomin widerspricht den Putin-Äußerungen öffentlich in russischen Medien.

Die gestiegene Nachfrage nach Eiern wird von Bobylewa unter anderem durch die Tatsache erklärt, dass die Preise für zahlreiche andere Lebensmittel ebenfalls angestiegen seien. Eier sind demnach "eine der wenigen Quellen für tierisches Eiweiß geworden, die sich die Menschen dauerhaft leisten können".

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Russland hat ein Hühner-Eier-Problem.Bild: dpa / Stefan Sauer

Derselben Meinung ist der Experte für russische Innenpolitik bei der Carnegie Stiftung für internationalen Frieden, wie "Spiegel" weiter schreibt. Andrej Kolesnikow erklärt sich die höhere Nachfrage dadurch, dass Eier und Hühnerfleisch im Vergleich noch erschwinglich seien. In Russland kursieren sogar Witze über das Problem, etwa: "Was ist zuerst teurer geworden: das Huhn oder das Ei?"

"Eier werden nicht billiger", sagt Bobylewa. Laut der Ökonomin werden sich die zusätzlich importierten Eier nicht auf die Preisgestaltung auswirken, dafür sei die Anzahl zu gering.

Russland: Erwartete Preissenkungen auf Eier wohl nur bis zur Wahl

Laut "Spiegel" gibt es aber weitere mögliche Erklärungen. Etwa jene, dass der Rubel aktuell an Wert verliert. Zudem könnten die Sanktionen Einfluss auf die Preise haben. So seien die Kosten für die Produktion, etwa für die Haltung, Materialien, Futter und Medikamente gestiegen. Die Vogelgrippe soll ebenfalls relevant sein.

Zudem berichtet das russische Investigativmedium "The Insider" mit Berufung einer Stimme aus der russischen Geflügelindustrie, dass es zurzeit im Land einen Mangel an Legehennen gebe.

Laut Angaben des Landwirtschaftsministeriums in der Hauptstadt gebe es bereits Erfolge bei der Senkung der Preise: "In den letzten zwei Wochen sind die Erzeugerpreise für die erste Kategorie um 2,5 Prozent und für die zweite Kategorie um 4,2 Prozent gesunken", sagte ein Sprecher. Die Erwartung sei, dass die Preise bald auch im Einzelhandel sinken werden.

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Doch laut "Spiegel" glauben Beobachter:innen, dass ein eventuell positiver Effekt nur kurzfristig anhalten werde. Nämlich bis zur Präsidentschaftswahl im März.

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