Eine Falschmeldung befeuerte Gerüchte über den angeblichen Tod des Kreml-Machthabers Wladimir Putin.Bild: imago images / Sergey Guneev
Russland
Russland und sein Machthaber Wladimir Putin sind bekannt dafür, gegen Kreml-Kritiker:innen harsch vorzugehen. So wurden etwa Proteste zu Beginn des Krieges in der Ukraine auf den Straßen Russlands mit aller Härte niedergeschlagen. Wer sich gegen den Präsidenten oder den Kreml öffentlich äußert, muss mitunter mit ernsten Konsequenzen rechnen.
Kürzlich machte eine Falschmeldung die Runde, wonach Wladimir Putin tot sei. Das Interesse innerhalb Russlands war immens, wie Suchbegriffe im Internet zeigten. Einer der einflussreichsten Moskau-Kenner sieht dahinter ein wachsendes Misstrauen der russischen Gesellschaft.
Gerüchte über Tod von Putin: Entsprechende Suchanfragen nahmen zu
Die Gerüchte über Putins angebliches Ableben verbreiteten sich im Internet und führten dazu, dass die Suchbegriffe "toter Putin", "sterbender Putin" und "Putin gestorben" in Russland stark zunahmen. Darüber berichtete die russische investigative Website "Agentstvo". Seitdem wurde der Kreml-Machthaber jedoch wieder in der Öffentlichkeit gesehen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Berichte schließlich jedoch als Scherz.
Wladimir Putin trat nach den Todesgerüchten wieder in der Öffentlichkeit auf. Bild: imago images / tass / mikhail Metzel
Mark Galeotti kennt sich mit dem Geschehen in Russland bestens aus. Er ist Historiker und Buchautor ("Die kürzeste Geschichte Russlands") und liefert mehrmals im Monat in einem Podcast seine aktuellen Forschungen. Er glaubt: "Wir sehen hier ein deutliches Zeichen wachsenden Misstrauens in der russischen Gesellschaft", wie er gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) sagte.
Offenbar war das Gerücht nach einem Telegram-Posting des russischen Klatsch-Kanals "General SVR" entstanden. Der hatte behauptet, über Insiderinformationen des Kreml zu verfügen. Demnach sei Putin am 26. Oktober in seiner Residenz in Valdai gestorben und habe damit einen Staatsstreich in Russland ausgelöst.
Experte glaubt: Spekulationen fallen Putin auf die Füße
Trotz der Dementi vonseiten des Kreml und der öffentlichen Auftritte Putins hält "General SVR" seither stur an seiner Darstellung vom Ableben des Staatschefs fest. Nach Deutung der Blogger, zu denen frühere Geheimdienstmitarbeiter zählen sollen, steckt hinter den Putin-Auftritten vielmehr ein gigantisches Betrugmanöver: Nikolai Patruschew, Sekretär des Sicherheitsrats der Russischen, dirigiere inzwischen einen Doppelgänger Putins.
Die Geschichte wirkt abstrus, wie aus einem Verschwörungsfilm. Dennoch: Einige Russen und Russinnen zweifeln dennoch an Putins Sein oder Nichtsein, wie RND berichtet.
So sind die Doppelgänger-Gerüchte nicht neu, auch in Russland. Immer wieder beschäftigen sich Menschen weltweit mit der Frage, wie der wahre vom falschen Putin zu unterscheiden wäre. Einige Russland-Kenner verweisen darauf, dass es immer wieder Unterschiede im Verhalten von Wladimir Putin gebe.
Meist hält er die Menschen auf Abstand. Ganz anders in diesem Jahr in der Ukraine: Da gab sich der Russland-Präsident überraschend bürgernah. Im russisch besetzten Mariupol schüttelte er vielen die Hände und gab einem Mädchen sogar einen Kuss auf die Stirn. Einige Augenzeugen und auch Journalist:innen sagten danach spontan: "Das war er nicht."
In Mariupol gab sich Putin überraschend bürgernah.Bild: POOL Russian TV
Galeotti bezeichnet die aktuellen Todes-Gerüchte als eine "irritierenden Addition immer neuer Spekulationen". Er glaubt, dass sich diese für das Regime insgesamt ungünstig auswirke. "Zwei Jahrzehnte lang hat Putin auf Personenkult plus Intransparenz gesetzt", sagt Galeotti. Genau diese Kombination falle ihm jetzt auf den Fuß. Russland hüte sich jedoch davor, jetzt eine noch strengere Zensur im Internet einzuführen: "Das würde viele veranlassen zu sagen: Seht her, die haben gerade wirklich etwas zu verbergen", glaubt er.
Ukraine-Vertreter glaubt an einen Plan Russlands
Nach Angaben ukrainischer Geheimdienste steckt hinter den Meldungen über den Tod Putins vielmehr Berechnung. Andrii Jusow, ein Vertreter des ukrainischen Verteidigungsnachrichtendienstes, erklärte dies in der Talkshow "Ukrainska Pravda", wie "Newsweek" berichtet. Demnach habe der russische Geheimdienst "alle öffentlichen Reaktionen" auf die Online-Berichte festgehalten. Also etwa Kommentare und Likes. "Bald wird wahrscheinlich jemand kommen, um einige von denen zu holen, die Smiley-Emojis unter Nachrichten über Putins Tod gesetzt haben", sagte Jusow in dem Interview am Freitag.
Er fügte hinzu: "Wir müssen verstehen, dass dies eine russische Geschichte, eine russische Kampagne ist." Der Vertreter wiederholte damit eine Aussage, die er zwei Tage zuvor in derselben Sendung getroffen hatte. Nämlich, dass die Gerüchte über Putins Tod von russischen Propagandisten verbreitet worden seien, um die Reaktionen der Bürger zu testen.
Oleksii Danilov, Sekretär des ukrainischen Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates (NSDC), verbreitet eine ähnliche Theorie. Demnach seien die Berichte über Putins Tod Teil seiner Vorbereitungen für die Präsidentschaftswahlen in Russland im Jahr 2024. In einem Interview für das ukrainische Magazin "Focus" sagte Danilow jedoch auch, Putins Tod werde nicht ausreichen, um einen Wandel in Russland herbeizuführen.
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