Für kurze Zeit war Jewgeni Prigoschin der meist gefürchtete Mann Russlands. Nicht viel fehlte dem Milizenführer im Juli 2023, um Wladimir Putin und die russische Militärführung im Kreml gefährlich zu werden. Doch der berüchtigte Wagner-Führer brach seinen mutmaßlichen Putschversuch ab – und kam anschließend bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben.
Obwohl er Russland an den Rand eines Bürgerkriegs führte, wurde in St. Petersburg posthum ein Denkmal enthüllt. Dieses gilt Ultrarechten als Pilgerstätte. Feinde der Diktatur sehen darin eine Zielscheibe.
Prigoschin erfreute sich zu Lebzeiten nicht nur im Kreml, sondern auch beim russischen Volk großer Beliebtheit. Während seine Truppen in der Ukraine die Speerspitze der russischen Invasion bildeten, schimpfte der Söldnerführer zu Hause auf die "korrupte und inkompetente Militärführung".
Obwohl der millionenschwere Unternehmer seine Panzer im Sommer 2023 gen Moskau befehligte, halten ihn viele bis heute für einen Nationalhelden und Märtyrer. Offenbar schuf sich Putins einstiger Koch und Handlanger auf Schlachtfeldern und in der Heimat aber auch Feinde – und die machten nun sein Andenken lächerlich.
Lebensgroß und in Bronze gegossen begegnet ein realistisches Abbild von Prigoschin jedem, der sich auf den St. Petersburger Porochowskoje-Friedhof verirrt. Der Mann, der seine Söldner in der Ukraine, Libyen, Syrien, der Zentralafrikanischen Republik und weiteren Ländern foltern und töten ließ, ist mit drei militärischen Abzeichen abgebildet.
Seit seinem rätselhaften Tod vor rund einem Jahr hat sich die Grabstätte, rund zehn Kilometer außerhalb der alten Zarenhauptstadt, zu einem Pilgerort russischer Imperialismusbefürworter entwickelt. Regelmäßig liegen neue Blumen zu Grabe, oft werden neue Kerzen entzündet.
Den Grabstein ziert die martialische Inschrift: "Blut. Ehre. Gerechtigkeit. Vaterland. Mut." Der bronzene Prigoschin, übrigens nicht vom Kreml errichtet, sondern von seiner Familie und Unterstützern, reckt die Hand nach vorn, so als wollte er etwas an sich nehmen.
Und genau diese Geste machten sich Unbekannte zunutze, die sein Grabmahl nun schändeten. Denn als Besucher:innen den Friedhof am Samstag betraten, wurden sie Zeug:innen von einem frivolen Streich. Ein Dildo steckte in der offenen Hand des Söldnerführers.
Neben dem lilafarbenen Penis-Imitat hatten die Vandal:innen zudem weiße Farbe auf Brust und Gesicht geschmiert. Für Lacher und Schadenfreude sorgte ein Videobeitrag von der geschändeten Statue auf dem Kurznachrichtendienst X. "Jetzt ist es wahrlich ein Kunstwerk", schrieb ein User auf Englisch. Eine andere Nutzerin kommentierte: "Angemessen, für das Vermächtnis, das er hinterlassen hat."
Während sich die Häme auch auf russischsprachigen Social-Media-Kanälen ergoss, blieb die Eskapade von russischen Medien unbeachtet. Prigoschin genoss als Schützling und Verbündeter lange Zeit den Schutz von Präsident Putin.
Neben seiner Tätigkeit als Söldnerführer soll er auch als Drahtzieher hinter russischen Desinformations-Kampagne fungiert haben. Als Betreiber einer Trollfabrik könnte Prigoschin demzufolge bei der Wahl von Donald Trump 2016 zum US-Präsident die Finger im Spiel gehabt haben.