Ein Einmarsch Russlands in die Ukraine droht, alle bisherigen diplomatischen Gespräche sind gescheitert.Bild: EPA / Olga Ivashchenko
International
Mehrere Webseiten der ukrainischen Regierung sind in der Nacht zum Freitag Ziel einer massiven Cyberattacke geworden. Das Bildungs- und Forschungsministerium in Kiew teilte auf seiner Facebook-Seite mit, die Webseite des Ministeriums sei nach der "umfassenden" Attacke vorübergehend abgeschaltet. Auch die Webseite des Außenministeriums konnte nicht aufgerufen werden. Am frühen Morgen waren dort vorübergehend die Worte "Habt Angst und rechnet mit dem Schlimmsten" in ukrainischer, russischer und polnischer Sprache zu lesen.
Auch die Webseiten des Katastrophenschutzministeriums und des Kabinetts waren nicht erreichbar. Der Cyberangriff erfolgt vor dem Hintergrund der verschärften Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine gibt es Befürchtungen, Moskau könnte das Nachbarland angreifen.
Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte derweil am Donnerstag (Ortszeit) mit Blick auf die russischen Truppenbewegungen: "Es ist sicherlich der Fall, dass die Gefahr einer militärischen Invasion hoch ist." Die Geheimdienste seien bislang allerdings nicht zu der Einschätzung gekommen, "dass die Russen sich endgültig für ein militärisches Vorgehen in der Ukraine entschieden haben". Sullivan forderte Moskau ein weiteres Mal zur Deeskalation und zur Reduzierung der Soldaten in der Region auf.
Eine Frau demonstriert in Kiew gegen die drohende russische Annexion.Bild: picture alliance / Photoshot
Nato und USA wollen vermitteln, doch bisher gibt es keinen Durchbruch
Mehrere diplomatische Krisengespräche in den vergangenen Tagen sollten die Spannungen verringern, brachten jedoch keinen Durchbruch. Der US-Sicherheitsberater sagte: "Wir und unsere Verbündeten sind auf jede Eventualität vorbereitet." Das gelte sowohl für diplomatische Verhandlungen als auch für den Fall, dass der russische Präsident Wladimir Putin die militärische Eskalation suche.
"Wir haben Russland sehr deutlich auf die Kosten und Folgen weiterer militärischer Aktionen oder einer Destabilisierung der Ukraine hingewiesen." Sullivan drohte Moskau erneut mit Wirtschafts- und Finanzsanktionen, mit Exportkontrollmaßnahmen sowie mit einer Aufrüstung der Ukraine, "wenn das russische Militär die ukrainische Grenze überschreitet".
Vertreter der 30 Nato-Staaten und Russlands hatten am Mittwoch das erste Mal seit zweieinhalb Jahren Gespräche geführt – über den Ukraine-Konflikt und Sicherheitsgarantien, die Moskau von dem transatlantischen Militärbündnis fordert. Dazu gab es am Donnerstag auch eine Sitzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Bereits am Montag war ein hochrangiges Treffen von Vertretern Russlands und der USA in Genf abgehalten worden.
"Auch wenn es derzeit keine wirklichen Bewegungen gegeben hat, ist es wichtig, dass man endlich wieder an den Dialogtisch zurückkehrt"
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock
Russland will Nato-Aufnahme der Ukraine verhindern
Russland sieht sich durch die Nato in seiner Sicherheit bedroht, fordert deshalb ein Ende der Nato-Osterweiterung und insbesondere einen Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine. Die USA lehnen eine solche Zusage kategorisch ab. Westliche Staaten sind hingegen über den russischen Truppenaufmarsch in der Nähe der Ukraine alarmiert.
Sullivan sagte: "Die Gespräche waren offen und direkt, sie waren nützlich." Die USA würden sich nun mit ihren Verbündeten über das weitere Vorgehen beraten. Termine für neue Gespräche mit Russland gebe es derzeit nicht. Moskau zeigte sich enttäuscht von den Verhandlungen. Vize-Außenminister Sergej Rjabkow sagte der Agentur Interfax zufolge, es gebe vorerst keine neuen Gespräche mit den USA.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warb ungeachtet der bislang ausgebliebenen Ergebnisse für eine Fortsetzung der Gespräche mit Russland. "Auch wenn es derzeit keine wirklichen Bewegungen gegeben hat, ist es wichtig, dass man endlich wieder an den Dialogtisch zurückkehrt", sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag am Rande eines EU-Treffens im französischen Brest. "Das Wichtige ist, dass wir am Tisch sitzen, dass Gespräche jetzt geführt werden. Und zwar - auch wenn es hart ist - mit ganz, ganz viel Geduld und Ausdauer."
(nik/dpa)