Ein halbes Jahr dauert der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine mittlerweile an. Im Süden und Osten der Ukraine haben sich die Fronten verhärtet. Die Ukraine hat einen Online-Gipfel zur Rückholung der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim angehalten. Dort sicherte Bundeskanzler Olaf Scholz weitere Unterstützung zu. Er kündigte umfangreiche, weitere Waffenlieferungen an die Ukraine an.
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Das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben der Betreibergesellschaft Energoatom wieder ans Stromnetz angeschlossen. Einer der am Vortag gestoppten Reaktorblöcke sei wieder am Netz, teilte das Unternehmen am frühen Freitagnachmittag mit. Das Atomkraftwerk war am Donnerstag nach Angaben des Betreibers infolge von Bränden in Aschegruben in dem angrenzenden Wärmekraftwerk vollständig vom ukrainischen Stromnetz genommen worden.
In den vergangenen Wochen war die Gegend des Akw Saporischschja wiederholt beschossen worden, wofür sich die Ukraine und Russland gegenseitig verantwortlich machten. Der Beschuss weckte die Sorge, dass es in Saporischschja zu einer ähnlichen Atomkatastrophe kommen könnte wie 1986 im ukrainischen Tschernobyl. Die Anlage in Saporischschja ist mit sechs Reaktoren das größte Akw Europas.
Nach einem Notfall in dem von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja hat Kiew auf einen baldigen Besuch internationaler Experten gedrängt. Vertreter der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA und der Vereinten Nationen sollten unter anderem nukleare Sicherheitsstandards untersuchen, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko in der Nacht zum Freitag auf Facebook. Haluschtschenko forderte zudem den kompletten Rückzug der russischen Truppen von dem AKW-Gelände.
Nach der Notabschaltung von zwei Reaktoren im russisch besetzten AKW Saporischschja hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein energischeres internationales Eingreifen gefordert. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA und andere Organisationen müssten viel schneller handeln als bislang, sagte Selenskyj am Donnerstag in seiner abendlichen Videoansprache in Kiew. "Jede Minute, die das russische Militär im Kernkraftwerk bleibt, bedeutet das Risiko einer globalen Strahlenkatastrophe", sagte er.
Die IAEA in Wien teilte unter Berufung auf Kiewer Informationen mit, dass das Sicherheitssystem zwei laufende Reaktoren abgeschaltet habe. Das AKW sei über die Stromleitung eines nahen Wärmekraftwerks weiter versorgt worden. Es sei nun wieder mit dem ukrainischen Stromnetz verbunden. Derzeit stünden nach ukrainischen Angaben alle sechs Reaktoren still, hieß es. Die russische Besatzungsverwaltung hatte dagegen mitgeteilt, ein Reaktorblock sei wieder angefahren worden. Ein russischer Diplomat stellte den Besuch einer Expertenmission der IAEA zu dem Werk für Ende August oder Anfang September in Aussicht.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Bürgern versichert, bei Entscheidungen über Waffenlieferungen an die Ukraine weiter "besonnen und sorgfältig überlegt" zu handeln. Ziel sei, die Ukraine zu unterstützen, aber zugleich eine Eskalation des Kriegs zu verhindern, so dass dieser sich nicht ausweite, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei einem Gespräch mit Bürger:innen in Magdeburg. "Und da können Sie sich darauf verlassen, dass wir immer die Besonnenheit, die Klarheit und die Festigkeit besitzen werden, entlang dieses Prinzips zu entscheiden."
Scholz beschrieb, welche Art Waffen an die Ukraine geliefert würden, nannte unter anderem Mehrfachraketenwerfer, den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard und ein Ortungsradar.
Das von der russischen Armee kontrollierte Atomkraftwerk in Saporischschja ist nach Angaben des Betreibers am Donnerstag vollständig vom ukrainischen Stromnetz abgekoppelt worden. Wie die ukrainische Betreibergesellschaft Energoatom im Onlinedienst Telegram mitteilte, wurden die beiden zuletzt noch arbeitenden Reaktoren der Anlage vom Netz genommen. Dies sei "das erste Mal in der Geschichte der Anlage" geschehen.
Ein halbes Jahr nach dem Einmarsch in die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin die Vergrößerung der russischen Armee angeordnet. Ab 2023 soll die Armeestärke insgesamt mehr als zwei Millionen Menschen umfassen, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Dekret hervorgeht. Alleine die Zahl der Militärs – dazu zählen sowohl Vertragssoldaten als auch Wehrdienstleistende – soll um 137 000 auf rund 1,15 Millionen erhöht werden.
Bei den restlichen Militärangehörigen handelt es sich um sogenanntes Zivilpersonal, also zum Beispiel Verwaltungsangestellte. Eine offizielle Begründung für die Vergrößerung wurde nicht genannt.
Nach dem russischen Beschuss einer Bahnstation in der Ukraine ist die Zahl der Todesopfer nach offiziellen Angaben auf mindestens 25 gestiegen. Bei dem Beschuss von bewohntem Gebiet und der Bahnanlagen in dem Ort Tschaplyne des zentralukrainischen Gebietes Dnipropetrowsk seien auch zwei Kinder getötet worden, teilte der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, am Donnerstag in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram mit.
Am Vorabend hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj von 22 Toten gesprochen. Zudem wurden nach Angaben von Tymoschenko 31 Menschen verletzt. Die Informationen ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Bei den getöteten Kindern handele es sich um einen elfjährigen Jungen, der unter den Trümmern eines Hauses gestorben sei. Ein sechs Jahre altes Kind sei beim Brand eines Autos bei der Bahnstation gestorben, sagte Tymoschenko. Die Rettungs- und Bergungsarbeiten seien abgeschlossen.
Selenskyj hatte am Mittwochabend zum Ende des ukrainischen Nationalfeiertags in einer Videoansprache gesagt, fünf Tote seien aus einem Auto an den Bahngleisen geborgen worden. Die Rakete war am Bahnhof eingeschlagen.
"Tschaplyne ist heute unser Schmerz", sagte Selenskyj zum 31. Jahrestag der Unabhängigkeit seines Landes von der Sowjetunion. Die Ukraine werde die russischen Angreifer aber vertreiben. "Unsere Unabhängigkeit endet nicht und wird niemals enden. Der Präsident versicherte, es werde auch einen 32. Unabhängigkeitstag und einen 33. und alle folgenden geben. "Die Ukraine wird ewig bestehen."
Mit weiteren Milliardenhilfen will die US-Regierung die Ukraine im Krieg gegen Russland unterstützen. US-Präsident Joe Biden kündigte am Mittwoch in Washington Unterstützung für Kiew im Umfang von knapp drei Milliarden Dollar (rund drei Milliarden Euro) an. Damit könne die Ukraine Luftabwehrsysteme, Artilleriesysteme und Munition, Drohnen und Radare erwerben, "um sich langfristig verteidigen zu können", erklärte Biden. Russland hatte den Krieg gegen sein Nachbarland auf den Tag genau vor sechs Monaten begonnen. Die Ukraine beging am Mittwoch zugleich den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion.
Biden gratulierte der Ukraine zu diesem Jahrestag. Dieser zeige, "dass die Ukraine stolz darauf ist, eine souveräne und unabhängige Nation zu sein – und es auch bleiben wird". Die Vereinigten Staaten seien entschlossen, das ukrainische Volk im Kampf um die Verteidigung seiner Souveränität zu unterstützen.
In den vergangenen Monaten hatten die Amerikaner bereits im großen Stil und in schneller Abfolge diverse Pakete mit Waffenlieferungen für die Ukraine auf den Weg gebracht. Erst am vergangenen Freitag hatte die US-Regierung angekündigt, Kiew weitere Militärhilfe in Höhe von rund 775 Millionen US-Dollar (rund 777 Millionen Euro) bereitzustellen. Damit hat sich die militärische Unterstützung der Ukraine seit Bidens Amtsantritt auf rund 13,5 Milliarden Dollar (rund 13,5 Milliarden Euro) erhöht. Der Großteil der Hilfen floss seit dem Kriegsbeginn Ende Februar.
UN-Generalsekretär António Guterres hat die inzwischen sechsmonatige Kriegsdauer seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine als "traurigen und tragischen Meilenstein" bezeichnet. In einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York aus Anlass des Jahrestags der ukrainischen Unabhängigkeit sprach Guterres am Mittwoch von einem "absurden Krieg".
Besonders besorgt zeigte sich der UN-Generalsekretär erneut über die Lage am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja, das von russischen Truppen besetzt gehalten wird und das zuletzt wiederholt beschossen worden war. "Jede neue Eskalation der Lage könnte zur Selbstvernichtung führen", warnte Guterres unter Bezug auf die Gefahr einer Nuklearkatastrophe. Der UN-Generalsekretär hatte in den vergangenen Tagen die Ukraine und die Türkei besucht.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine zum Unabhängigkeitstag Unterstützung beim Wiederaufbau versprochen. "Gemeinsam werden wir die Städte Stein für Stein wieder aufbauen und die Gärten und Felder Samen für Samen neu anlegen", sagte sie am Mittwoch in einer Grußbotschaft. Europa stehe heute und langfristig an der Seite der Ukraine.
Von der Leyen wies zugleich darauf hin, dass die EU bereits in den vergangenen Monaten viel für das von Russland angegriffene Land und dessen Bürger getan hat. "Unsere Schulen haben für mehr als drei Millionen ukrainische Kindern ihre Türen geöffnet, damit diese weiter lernen und studieren können", sagte sie. Zudem gebe es Unterstützung für die Soldaten an der Front, die Staatsbediensteten und die Zivilgesellschaft.
Die US-Regierung hat der Ukraine weitere Hilfen in Milliardenhöhe zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg zugesagt. US-Präsident Joe Biden kündigte am Mittwoch in Washington Unterstützung für Kiew im Umfang von knapp drei Milliarden US-Dollar (drei Milliarden Euro) an.
Vor genau sechs Monaten hat Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet – und vor genau 31 Jahren wurde die Ukraine als unabhängig von der Sowjetunion erklärt. Der Unabhängigkeitstag sei ein wichtiges Datum für die Ukrainer und Ukrainerinnen "und damit leider auch für unseren Feind", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. In Kiew herrschte Nervosität wegen befürchteter russischer Raketenangriffe auf große Städte. Selenskyj rief die Bevölkerung auf, sich an die Ausgangssperren zu halten und bei Luftalarm in Sicherheit zu bringen. "Denkt daran, wir sollen alle gemeinsam den Sieg erleben", sagte er.
Auch international wird diese Sorge geteilt: Die USA warnten Russland vor Angriffen gegen zivile Ziele. "Abschließend möchte ich meine russischen Kollegen daran erinnern, dass die Welt zuschaut, während sich der Tag der Unabhängigkeit der Ukraine nähert", sagte der stellvertretende US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Richard Mills, vor dem Sicherheitsrat. "Das sollte nicht nötig sein zu sagen, aber bitte bombardieren Sie keine Schulen, Krankenhäuser, Waisenhäuser oder Heime." Die USA würden weiterhin alle Verstöße gegen das Völkerrecht verfolgen. Zuvor hatte die US-Regierung ihre Bürger zum sofortigen Verlassen der Ukraine aufgefordert.
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(and / fas mit Material von dpa und afp)