Seit Monaten kaut sich Russland einen Zahn an der ukrainischen Stadt Awdijiwka ab. Expertenstimmen sprechen von einem zweiten Bachmut. Auch dort lieferten sich Russland und die Ukraine erbitterte Kämpfe mit hohen Verlusten auf beiden Seiten.
Expert:innen gehen davon aus, dass die russischen Truppen auch extrem hohe Verluste bei Awdijiwka in Kauf nehmen, um die Stadt einzunehmen. An Material verlor Russland laut "Forbes" allein bei Awdijiwka bisher 143 Panzer und 228 gepanzerte Kampffahrzeuge. Ende 2023 starben beim russischen Militär laut des britischen Verteidigungsministeriums etwa täglich mehr als 900 Soldaten.
Trotzdem hat Russland in den vergangenen Tagen nach Angaben aus Kiew seine Bemühungen zur Eroberung ukrainischer Orte enorm verstärkt.
"Die Besatzer haben die Zahl der Angriffs- und Sturmaktionen deutlich erhöht – den zweiten Tag in Folge führt der Feind 50 Kampfhandlungen aus", schreibt der für den Frontabschnitt im Süden und Südosten der Ukraine zuständige General Alexander Tarnawskyj auf seinem Telegram-Kanal.
Moskau hat in dem Raum im Herbst 2023 eine neue Offensive zur Eroberung der Stadt Awdijiwka gestartet, die direkt an die bereits seit 2014 von russischen Kräften kontrollierte Großstadt Donezk grenzt. Nach anfänglichen Geländegewinnen kommen die Russen Medienberichten zufolge trotz großen Personal- und Materialaufwands kaum noch voran.
Nun sorgt ein russisches Kommando offenbar für eine böse Überraschung. Mit einer neuen Taktik stößt es in den Rücken ukrainischer Soldat:innen vor.
Eine russische Freiwilligen-Einheit mit etwa 150 Angehörigen soll durch ein zwei Kilometer langes Rohr unter den ukrainischen Verteidigungsstellungen im Süden von Awdijiwka hinter die Feindlinie vorgedrungen sein. Das berichtet die russische Staatszeitung Rossijskaja Gaseta unter Berufung auf den Telegram-Kanal des Militärbloggers Kirill Fedorov. Die Informationen können nicht unabhängig überprüft werden.
Fedorov beschreibt auf seinem Kanal das schwierige Unterfangen, das zwei Anläufe benötigte. Der erster Versuch sei gescheitert, weil es im Tunnel an Sauerstoff mangelte. Daraufhin wurden Lüftungsschächte angelegt. Dann flutete allerdings der Regen das Rohr.
Beim nächsten Anlauf seien die russischen Soldaten dann erfolgreich gewesen und hätten die ukrainische Einheit im ehemaligen Erholungskomplex von Zarskaja Ochota überrascht, heißt es. Laut Fedorov gelang es den Russen so, Gebiete im Südwesten von Awdijiwka einzunehmen.
Angeblich konnte die russische Einheit ein Gelände von vier Kilometern gewinnen, in dessen Zuge weitreichende Graben- und Bunkersysteme überrannt worden seien. Damit würde sich der Kessel um Awdijiwka zunehmend schließen.
Nach drei Monaten erfolgloser Angriffe würde Russland mit dieser Tunnel-Taktik ein Erfolg gegen die Ukraine verzeichnen.
(Mit Material der dpa)